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Zerwüteter Pakt (German Edition)

Zerwüteter Pakt (German Edition)

Titel: Zerwüteter Pakt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daria Verner
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Gloria müde ihre Augen. Doch dieses Mal blickte sie nicht in die Kronen der Bäume, sondern in ein Gesicht mit wild wuchernden Augenbrauen! Tiefe Falten bildeten sich auf der Stirn. »Achim! Sie hat die Augen auf.« Ein zweites Gesicht trat in ihr Blickfeld und plötzlich musste Gloria so stark husten, dass sie sich auf die Seite drehte. Dabei rutschte sie mit der Wange in eine matschige Pfütze und sie wusste: Ja – die Erde hatte sie wieder. Sie war zurück in der normalen, menschlichen Welt!
    Hinter ihnen erschloss sich ein See, umgeben von Gestrüpp und Bäumen. Während sich die Männer um Gloria kümmerten, erschien weit hinter ihnen Kirt lautlos an der Oberfläche. Das Wasser ragte ihm bis zum Kinn. Seine Augen schauten zu Gloria und den zwei Männern. Er verharrte kurz hinter dem wild bewachsenen Ufer. Die Wassertropfen perlten an seiner Haut ab, während er Gloria traurig aus der Entfernung betrachtete. Wut stieg in ihm auf. Man verbot ihm, sich der menschlichen Welt anzunehmen, doch gleichzeitig verließ man sich darauf, dass er Gloria im Notfall rettete.
    Oder gehörte dieser Schachzug am Ende zu Atumes Plänen…? Hatte man nun ein greifbares Vergehen gegen ihn in der Hand? – Den Wechsel der Welten und noch dazu in die menschliche? Oder hatte man Gloria ihren einzigen Wunsch erfüllt – winzige drei Minuten zusammen mit ihm – um sie danach ertrinken zu lassen? Die Wut in Kirt breitete sich immer weiter aus. Was war Atume nur für eine liebenswert zynische Frau! Ein letztes Mal betrachtete Kirt Gloria aus der Ferne; dann verschwand er mit einem Flossenschlag – genauso lautlos wie er erschienen war…
    »Ist alles in Ordnung bei dir?« Der Mann, der Achim hieß, sah sie skeptisch an. »Was hast du überhaupt hier zu suchen?« Gloria wusste so schnell keine Antwort. Sie hatte ja nicht einmal eine Ahnung, wo sie sich befand. Rund um sie herum wuchsen Bäume. Doch in dem Wald, in den sie heute Mittag gegangen war, befanden sich keine Gewässer. Wo also hatte sie die Strömung der seltsamen, violetten Flüssigkeit hingebracht?
    Der andere Mann meldete sich zu Wort: »Ich glaube, sie ist noch nicht ganz da. Bringen wir sie erst mal runter.« Gloria fragte sich noch, was er mit ‹runter› meinte, als Achim bereits seine Arme unter ihren Rücken und die Beine streckte, um sie hochzuheben. Ein paar Meter weiter parkte ein Transporter mit aufstehenden Türen. Gloria sah sich benommen um. Ganz offensichtlich waren Achim und der andere Mann Waldarbeiter, die sich um die Verwüstung des Sturmes von heute Vormittag kümmerten.
    »Lass nur. Ich fahre allein. Dann kannst du schon mal weiterarbeiten.« Der andere Mann lachte. »Ja, ja – ist klar!« Achim bugsierte Gloria Richtung Beifahrersitz, als sie abwiegelte: »Sie können mich ruhig runterlassen. Ich schaff´s schon selbst.« Gloria kletterte in den Transporter und schnallte sich an. Dabei fiel ihr Blick auf die eigenen Füße; sie hatte ihre Schuhe noch immer nicht zurückbekommen! So was Blödes – Gloria liebte ihre Turnschuhe. Sie waren ein Andenken an den Urlaub in Chile… Gemeinsam mit ihrer Mutter hatte sie sie damals ausgesucht!
    Traurig starrte Gloria auf ihre eisig-weißen Zehen. Ausgerechnet jetzt überkam sie wieder die Trauer um ihre Mum. Sie fehlte ihr so sehr. Gloria rieb die Füße gegeneinander, um sie zu wärmen. Die Gedanken schwirrten in ihrem Kopf herum: All die Eindrücke der vergangenen Stunden… Sie erinnerte sich an Maribells warmes Lächeln, an die unglaublich schöne Sicht über den Meeresgrund und natürlich… an Kirt bei diesem sonderbaren Brunnen. Wie hatte Atume ihn genannt? – Den Brunnen der gebrochenen Seelen?
    Achim fuhr einen matschigen Waldweg entlang, der bald schon in eine geteerte Straße mündete. »Ich bringe dich ins Krankenhaus.« »Was? Nein! Mir geht´s gut. Fahren Sie mich bitte einfach nach Hause.« »So? Du siehst aber gar nicht so aus, als würde es dir gut gehen. Warum bist du eigentlich so rot im Gesicht? Zu lange im Solarium gewesen?« Gloria schaute den Mann überrascht an. Augenblicklich klappte sie die Sonnenblende des Beifahrersitzes herunter und begutachtete sich im Spiegel. Tatsächlich – sie hatte einen gehörigen Sonnenbrand. Achim winkte ab. »Ja, ja – die Jugend will immer schön braun sein. Das gibt alles Hautkrebs.« Gloria musste plötzlich grinsen.
    Sie bogen auf eine Hauptstraße und fuhren geradewegs jenen Weg, den Gloria dem Mann wies. Denn ab hier kannte sie sich wieder aus.

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