Zerwüteter Pakt (German Edition)

musterte Gloria Melina, die plötzlich das Wort ergriff: »Na? Wie fühlst du dich?« Warum fragte sie überhaupt? – Nichts war offensichtlicher als Glorias Verwirrung. Melina lachte plötzlich und ließ ihre Schlieren um Gloria herumfließen. Irgendetwas stimmte nicht… Gloria hatte das Gefühl, als sei etwas falsch!
    Gloria spürte Melinas Enthusiasmus, der sich mit Schadenfreude mischte. »Worüber freust du dich eigentlich so sehr?« Skeptisch betrachtete Gloria Melinas weißes Abbild, als sie antwortete: »Na, über dich natürlich!« Hohn und Siegesfreude mischten sich mit spürbarem Temperament. Gloria fühlte Melinas Gespanntheit und Vorfreude – auf was auch immer. Diese Gefühle verunsicherten Gloria vollkommen. »Was geht hier vor sich?« Melina lächelte. Genau erkennen konnte man ihre Gesichtszüge allerdings nicht. Eine Spur Falschheit klaffte Gloria plötzlich entgegen und sie bekam eine bitterböse Vorahnung…
    »Warum freust du dich so diebisch?« Nun platze es aus Melina regelrecht heraus: »Ich bin einfach hin und weg!« »Und wovon, wenn ich fragen darf?« Gloria spürte Melinas Aufregung. »Ich danke dir Gloria! – Für deine Naivität und deinen dummen Glauben an das Gute im Menschen!« Melina lachte laut auf und legte ihre Schlieren über das Abbild Glorias Arme. Doch Gloria trat beiseite. Verärgert blickte sie Melina an. »Was soll das?« Wieder lachte Melina und floss mit ihren Schlieren einmal um Gloria herum. »Es ist wohl besser, ich zeige dir alles, was du wissen musst. Folge mir.« Doch Gloria trat zurück.
    »Keinen Millimeter! Was soll das Ganze?« Gloria spürte unendlich viele Gefühle auf einmal – ihre eigenen und Melinas. Sie musste sich erst wieder an diese Seelenwelt gewöhnen. Man konnte nichts verheimlichen. Doch Melina schien das nicht zu stören. Ganz offensichtlich genoss sie Glorias Verwirrung. Was war nur geschehen? Gloria distanzierte sich von Melina und betonte jedes einzelne Wort: »Wer – bist – du?«
    Melinas weißes Abbild lächelte gespielt. Sie schaute Gloria ironisch an. »Das habe ich dir doch schon hundertmal erzählt.« Ihr Lächeln verformte sich zu einem breiten Grinsen und ehe Gloria sich versah, verschoben sich Melinas Schlieren schon wieder, so dass ihr nichts anderes übrig blieb, als sich erneut auf ihre Gefühle zu konzentrieren. Sie platzte regelrecht vor Stolz. »Darf ich vielleicht wissen, warum du dich so dermaßen bepisst vor Freude?« Gloria merkte, wie ihr immer mulmiger zumute wurde, als Melina antwortete: »Wir sollten besser aufbrechen.« Doch Gloria entgegnete ablehnend: »Ich gehe mit dir nirgendwo hin!« »Oh… Das solltest du aber.« Melina grinste. »Denn du bist jetzt eine Hexe!«

14 Engelchen und Teufelchen
    Zunächst sträubte sich Gloria, Melina zu folgen. Doch was sollte sie schon tun? Sie kannte sich nicht aus und hatte das Gefühl, als werfe man sie den Löwen zum Fraß vor. Die Frage schien nur, wer in diesem Fall die Löwen waren… Als Melina mit Gloria im Schlepptau durch die Seelenwelt glitt, fühlte Gloria sich mies. Sie hatte ein so schlechtes Gewissen Atume gegenüber und wollte gar nicht darüber nachdenken, wohin Melina mit ihr reiste. Und was mindestens genauso schlimm war… Melina spürte all ihre Zerrissenheit und ihre Angst. Gloria kam sich vor wie auf einem Präsentierteller. Am liebsten wäre sie im Erdboden versunken.
    Während Gloria begann, sich vor sich selbst zu schämen, spürte sie Melinas Triumph. Was zum Teufel machte eine Hexe aus? Gloria war sich sicher… Es konnte nichts Gutes sein! Als Melina langsamer wurde, drosselte auch Gloria ihre Geschwindigkeit. Der Vegetation nach zu urteilen, befanden sie sich im Süden. »Wo sind wir?« Melina lächelte stolz. »In Italien.« »Und was willst du hier?« Melina zeigte mit ihren weißen Schlieren auf einen Berg. »Da hoch.« Gloria erkannte erst auf den zweiten Blick, dass es sich um einen Vulkan handelte; und zwar um den Vesuv. Hier war sie mit ihren Eltern schon mal gewesen. Aber damals wäre ihr nicht einmal im Traum eingefallen, diesen Ort als Hexe nochmals aufzusuchen. Ehe Gloria einen weiteren Gedanken fassen konnte, ergriff Melina das Wort:
    »Wir müssen streng genommen nicht den Gipfel erklimmen. Normalerweise lasse ich mich immer durch die Erde sinken.« Unverständlich schaute Gloria sie an, so dass Melina weiter erklärte: »Schon vergessen? – Seelen können sich an und in jedem Ort bewegen. Also auch im Erdreich. Aber für dich