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Zeugin am Abgrund

Zeugin am Abgrund

Titel: Zeugin am Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ginna Gray
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noch mehr.
    “Ich … ähm, als ich aufgewacht bin … ich … ich wusste gar nicht, wo ich war. Ich kann mich nicht erinnern, wie ich hergekommen bin.”
    “Das wundert mich nicht. Du bist ja im Stehen eingeschlafen, nachdem wir die Hütte erreicht hatten.”
    “Ich … ähm … ich stelle die nur schnell zurück”, erklärte sie und verschwand kurz im Schlafzimmer. Sie atmete einige Male tief durch, um sich zu sammeln, und zwang sich zur Ruhe. Was, um alles in der Welt, war mit ihr los? Es war doch nur Sam. Sie waren seit Tagen zusammen. Sie hatten sogar gemeinsam in einem Schlafsack geschlafen. Mit ihm in einem Bett zu liegen war nichts anderes. Sie sah zu seinem Kissen und dem zerwühlten Bett. Irgendwie war es aber doch etwas anderes.
    Alles nur, weil er sie geküsst hatte. Sie betrachtete sich im Spiegel über der Kommode und fuhr mit den Fingern durch ihr zerzaustes Haar. Hatte er sie wirklich geküsst? Oder war sie so übermüdet gewesen, dass sie sich das nur einbildete?
    Lauren schüttelte entschieden den Kopf. Nein, er hatte sie geküsst. Zwei Mal.
    Na und? fragte sie sich. Es musste nichts weiter bedeuten. Menschen, die unter Stress stehen, tun vieles, was ihnen normalerweise nicht in den Sinn käme. Es wäre albern, zu viel in zwei Küsse hineinzuinterpretieren.
    Sie drückte ihre Schultern durch und ging zu Sam zurück. “Sag mir bitte, dass ich Kaffee rieche”, sagte sie und schnupperte.
    “Ja. Willst du eine Tasse?”
    “Machst du Scherze? Ich würde dafür auf den steilsten Felsen klettern.” Sie hatte seit fünf Tagen keinen Kaffee mehr getrunken, und das Aroma war einfach zu verführerisch, um zu widerstehen.
    “Die Becher sind im Schrank, und die Kaffeekanne steht auf dem Herd”, sagte Sam und deutete mit dem Kopf auf den Schrank links von ihm, während er damit beschäftigt war, den Inhalt der Pfanne zu wenden.
    Lauren kam zu ihm in die Kochnische und nahm einen Becher, den sie bis zum Rand mit Kaffee füllte. Sie lehnte sich gegen den Tresen, trank einen Schluck und schloss seufzend die Augen. “O Mann, ist das wunderbar.”
    Sam warf ihr einen kurzen Blick zu, ein flüchtiges Lächeln huschte über sein Gesicht, aber er sagte nichts.
    In den nächsten Minuten widmete sich Lauren schweigend ihrem Kaffee, aber die Ungewissheit nagte weiter an ihr. Sie räusperte sich. “Wie gesagt, ich erinnere mich nicht an viel, was letzte Nacht geschehen ist. Hast du … ähm … das ist …” Sie nahm das Flanellnachthemd zwischen Daumen und Zeigefinger und zog daran. “Bist du dafür verantwortlich?”
    “Wenn du wissen willst, ob ich dich ausgezogen und dir dieses Nachthemd angezogen habe, dann ist die Antwort ja.”
    Es war so ehrlich und auf den Punkt gebracht, dass Lauren nicht wusste, was sie sagen sollte. Bevor sie sich darüber weiter Gedanken machen konnte, fuhr er fort: “Ich dachte, es wäre bequemer, wenn du die anderen Sachen endlich vom Leib bekommst.”
    “Ja, das stimmt, aber ich … na ja …”
    Sam drehte den Kopf zu ihr um und warf ihr einen von seinen durchdringenden Blicken zu. “Ich habe schon mal eine nackte Frau gesehen, Lauren.”
    Wieder stieg ihr die Hitze ins Gesicht. “Das glaube ich dir. Trotzdem …”
    “Du hast einen wundervollen Körper”, sagte er so leise, dass sie erschauerte. “Ich müsste schon tot oder blind oder ein Eunuch sein, um das nicht zu bemerken. Aber wenn du Angst hast, ich könnte mich als Spanner betätigt oder die Situation auf andere Weise ausgenutzt haben, dann täuschst du dich. Das ist nicht meine Art. Ich mag es, wenn eine Frau zu einer Reaktion in der Lage ist. Abgesehen davon warst du viel zu erschöpft, um dich selbst umzuziehen. Ich wollte, dass du es bequem hast und die Ruhe bekommst, die du nötig hast, darum habe ich es für dich gemacht. Keine große Sache.”
    Vielleicht nicht für dich, dachte sie. Sie fand den Gedanken seltsam, dass er sie nackt -- oder zumindest fast nackt -- gesehen hatte. Da es aber aus Sorge um sie geschehen war, konnte sie sich nicht gut beklagen.
    Allerdings konnte sie das Thema auch nicht auf sich beruhen lassen. “Du … äh … du hast die Nacht im selben Bett verbracht wie ich, richtig?”
    “Und?”
    “Na ja … es ist so …” Sie sah nach oben zum Dachboden und zu den Betten, die von hier unten aus deutlich zu sehen waren.
    “Ich hielt es für das Beste. Wenn ich mich verrechnet hätte und diese Kerle wären mitten in der Nacht hier aufgetaucht, dann wollte ich nicht, dass wir

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