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Zeugin am Abgrund

Zeugin am Abgrund

Titel: Zeugin am Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ginna Gray
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selbst wenn das nicht der Fall war, bezweifelte er, dass sie den Pass noch erreicht hatten. Sie würden gezwungen sein, ihre Verfolgung zu unterbrechen und Schutz vor dem Unwetter zu suchen.
    Ihm und Lauren würde es allerdings nicht anders ergehen, wenn sie die Hütte nicht fanden.
    Sie hatten den Ausläufer des Hangs noch nicht erreicht, als es fast schlagartig dunkel wurde, was das Vorankommen erheblich erschwerte. Sam ging in die Richtung weiter, in der er die Hütte vermutete, und hoffte, dass er sie in der Dunkelheit und dem Schneegestöber nicht verpasste.
    Er wollte gerade aufgeben und nach einem anderen Unterschlupf Ausschau halten, da machte er vor sich das Gebäude aus. “Ja!”
    Als sie die Veranda erreicht hatten, setzte er Lauren so ab, dass sie sich gegen einen Pfosten lehnen konnte, während er erst ihre, dann seine Schneeschuhe auszog. Er zog ein Taschenmesser hervor, hockte sich vor die Tür und begann das Schloss zu öffnen.
    “Das wär’s”, sagte er triumphierend. “Wir haben’s geschafft.”
    Lauren blinzelte und bemühte sich, etwas zu erkennen. “G…gut”, sagte sie mit klappernden Zähnen.
    In der Hütte war es kaum wärmer als in einem Grab. Sam warf Matchbeutel und Rucksack auf den Boden, holte die Taschenlampe heraus und sah sich um. Die Hütte war klein. Sie bestand aus einem großen Raum mit einer Kochnische und einer Essecke auf der einen und einer Sitzgruppe auf der anderen Seite. Im hinteren Bereich machte er ein Schlafzimmer und ein Bad aus, und von dem zum Schlafraum ausgebauten Dachspeicher konnte man den gesamten Hauptbereich überblicken. Als der Strahl der Taschenlampe auf den Kamin fiel, atmete Sam erleichtert aus. Er wurde mit Holz geheizt, und gleich daneben lag ein großer Vorrat Holzscheite.
    “Großartig. Ich mache sofort Feuer. Halt noch einen Moment länger aus”, sagte er zu Lauren, während er einige Scheite auflegte. “Gleich ist es schön warm.”
    Innerhalb weniger Minuten loderten die Flammen und verbreiteten in der Hütte angenehme Wärme. “Das sollte reichen”, erklärte er und wischte sich die Hände ab, während er aufstand. “Du fühlst dich bald …”
    Während er sprach, drehte er sich um und verstummte, als er sah, dass Lauren zusammengerollt auf der Couch lag und fest schlief.
    Nicht einmal der warme Schein des Feuers konnte darüber hinwegtäuschen, wie bleich und erschöpft sie aussah. Und obwohl sie auffallend lange Wimpern hatte, reichten sie nicht aus, um die dunklen Augenringe zu verdecken. Während er dastand und sie betrachtete, fühlte er, wie sich etwas in seiner Brust regte.
    Er ging neben der Couch in die Hocke und strich Lauren über die Wange, dann schob er ihr eine Haarsträhne hinters Ohr. “Okay, Kleine. Nach diesem Tag hast du dir das wirklich verdient”, flüsterte er. Dann verzog er den Mund und schnaubte leise. “Tag? Du hast eine ganze schreckliche Woche hinter dir.”
    Doch er musste zugeben, dass sie sich gut geschlagen und alles gemacht hatte, was zu tun gewesen war. Besser als so mancher Mann, der ihr kräftemäßig überlegen war. Und sie hatte sich alles in allem kaum über die Strapazen beklagt. So klein und zerbrechlich sie auf den ersten Blick auch wirken mochte, war Lauren Brownley doch eine bewundernswert starke Frau.
    “Heute Nacht kannst du wenigstens wieder in einem richtigen Bett schlafen.” Sam hob sie hoch und trug sie in das Schlafzimmer im rückwärtigen Teil der Hütte.
    Als er mit der Taschenlampe den Raum beleuchtete, fiel ihm auf, dass er eindeutig von einer Frau eingerichtet worden war: eine Bettdecke mit Blumenmuster, das zu den Vorhängen passte, ein Berg aus Kissen am Kopfende des großen Messingbetts, Arrangements aus Trockenblumen und Kerzen, wohin er blickte. Mit etwas Glück würden sie hier sogar Frauenkleidung finden.
    Mit einer ausholenden Handbewegung schob er die Kissen weg, so dass sie auf den Boden fielen. Nachdem er Lauren auf das Bett gelegt hatte, zündete er zwei Kerzen an und durchsuchte die Schränke und Schubladen, bis er auf einen Stapel aus sorgfältig gebügelten Nachthemden stieß. Irgendwo im Matchbeutel befand sich auch ein Nachthemd, aber so ging es wesentlich schneller.
    Das Stück, das er gepackt hatte, war hochgeschlossen und hatte lange Ärmel, es war aus weißem Flanell, am Saum fanden sich gestickte kleine Rosen, und es war mit rosafarbenen Satinbändern verziert. Es sah nach etwas aus, das seine Großmutter getragen hätte, und es war so sexy wie ein Sack

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