Ziegelgold - Das Geheimnis von Kleiborg (German Edition)
und suchte in einer alten, mit Farbflecken überzogenen Kommode. Nach einem kurzen Funktionstest stieg er mit der Taschenlampe im Mund die alte Holzleiter am Ende des Stalls hoch. Jeder Tritt wurde dabei von einem lauten Knarzen begleitet. Ab und zu blieb Tim stehen, um sich fluchend die Spinnweben aus dem Gesicht zu wischen. Alex blickte nach oben und wartete, bis sein Freund angekommen war. Zwei Leute auf einmal traute er der altersschwachen Leiter nicht zu. Ein lautes Husten und eine große Staubwolke, die Tim aufgewirbelt hatte, waren für Alex das Zeichen nachzukommen. Mutig stieg er nach oben. Das er Höhenangst hatte, wussten nur er und seine Eltern. Und so sollte es auch bleiben.
Oben angekommen befanden sich die beiden Freunde in circa vier Meter Höhe über dem Stallboden. Alex lief ein Schauer über den Rücken, aber er ließ sich nichts anmerken. Beide bewegten sich vorsichtig nach vorne, bis sie sich oberhalb des Wohntraktes befanden, der direkt an den Stall grenzte und vom gleichen Dach bedeckt wurde. Gulfhof wurde diese Art von Bauernhäusern genannt, erinnerte Alex sich an den Sachkundeunterricht aus der Grundschulzeit. Es drang nur wenig Tageslicht in den alten Speicherraum. Sie fanden mehrere Kartons mit alten Schulbüchern, ein Paar Armeestiefel, ein Schaukelpferd aus Holz, mehrere Stühle, eine Stehlampe und weitere Dinge, die sie nicht weiter interessierten. „Was ist das da hinten, das große Ding?“ Tim leuchtete mit der Taschenlampe in eine dunkle Ecke. Die Freunde sahen sich kurz an und bewegten sich vorsichtig durch das herumstehende Gerümpel, um Tims Großvater nicht durch unnötigen Lärm auf sie aufmerksam zu machen. Sie erreichten eine, von einer dicken Staubschicht bedeckte, große braune Kiste. Sie sah aus, als wäre sie aus Leder und war mit einem altmodischen Schloss verriegelt.
„ Warte, das kriege ich schon auf“, sagte Tim großspurig und drückte Alex die Taschenlampe in die Hand. Umständlich holte er sein Schweizer Offiziersmesser aus der Tasche und versuchte das Schloss zu knacken. „Du hast zu viele James Bond Filme gesehen“ lästerte Alex, als Tim das Schloss nach einigen Minuten immer noch nicht geöffnet hatte. Ein leises Klicken und der triumphierende Blick seines besten Freundes ließen ihn aber schnell verstummen. Vorsichtig öffnete Tim die Kiste. Mit einem lauten Quietschen gaben die eingerosteten Scharniere nach. Atemlos leuchtete Alex in die dunkle Kiste. Dort lag etwas rundes, flaches Schwarzes, eingebettet auf cremefarbenen Stoff. „Was ist denn das?“, fragte Tim und nahm die merkwürdige Scheibe heraus. Er drehte sie vorsichtig herum. Auf der anderen Seite war die Scheibe nur am Rand schwarz und in der Mitte weiß. In der Mitte der weißen Fläche war ein Viereck aufgenäht. Tim nahm Alex die Lampe ab und leuchtete genau auf die Stelle, um die kleinen Buchstaben zu entziffern. Dann musste er laut lachen. Er gab Alex mit einem vielsagenden Grinsen die Taschenlampe zurück und schlug die schwarze Scheibe kräftig auf seinen linken Unterarm. Mit einem satten Plopp veränderte die Scheibe schlagartig ihre Form: Tim hatte einen Zylinder in der Hand. „Wir haben die Hochzeitskiste gefunden“, lachte er und setzte den Zylinder auf. Alex musste ebenfalls lachen und nahm den hellen Stoff aus der Kiste, der sich als altes Brautkleid herausstellte.
Das laute Zuschlagen der Stalltür ließ die Jungen schlagartig verstummen. Zwei bekannte Stimmen näherten sich langsam. „Können wir nicht morgen nachsehen, Herr Doktor?“ Es war die Stimme von Tims Großvater. „Tut mir leid. Ich muss morgen zu einem Kongress nach London, einen erkrankten Kollegen vertreten. Mir wäre sehr daran gelegen, die Dokumente heute noch einzusehen.“ Die Stimme des falschen Dr. Eyken klang kühl und ließ keinen Widerspruch zu. „Wo verwahren Sie denn ihre persönlichen Dinge?“ Alex und Tim konnten keine Antwort hören, aber als sie das Knarren der alten Leiter hörten, wussten sie, dass die Männer auf dem Weg nach oben waren. „Scheiße. Los, hier lang“, zischte Tim seinem Freund zu und zog ihn weiter ins Dunkel des Speichers. Ohne das Licht der Taschenlampe zogen sie sich zurück. Von dort beobachteten sie, wie die Männer verschiedene Gegenstände begutachteten.
Dr. Eyken wirkte unzufrieden: „Sie haben doch gesagt, dass sich der Koffer ihres Vaters hier auf dem Speicher befindet.“ Tims Opa blieb auffallend freundlich. Der vermeintliche Doktortitel seines
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