Ziegelgold - Das Geheimnis von Kleiborg (German Edition)
mehr lebt. Das ist mein altes Leben, hat er gesagt. Damit hat er abgeschlossen. Ich musste ihm versprechen, den Koffer nicht zu öffnen, bevor er gestorben ist.“ In Alex flammte wieder Hoffnung auf. „ Du hast ihm das versprochen“, sagte Jens Sakuth nach einer Weile leise, „aber nicht ich .“ Sein Vater sah ihn nur stumm an.
Vor dem Pflegeheim verabschiedeten sich Vater und Sohn Sakuth von den Freunden. Jens Sakuth versprach, sich den Inhalt des Koffers anzusehen, und sich bei Alex zu melden. Die beiden tauschten ihre e-mail-Adressen und Handynummern aus. Dann fuhren die Männer in dem Opel davon. Tim sah auf die Uhr. Es war kurz nach halb zwei. Sie schlossen ihrer Räder auf und fuhren zu einer kleinen Bäckerei, die gleich um die Ecke lag. Auf dem Parkplatz aßen sie hungrig zwei Rosinenbrötchen. „Ich bin gespannt, ob in dem Koffer ein Hinweis auf den Mörder ist“, sagte Alex, als er den letzten Bissen herunter geschluckt hatte. „Ich auch“, murmelte Tim und sah hinüber zu dem Haus mit dem Maronenbaum. Der Rasenmäher-Mann in dem orangefarbenen Overall hatte schon wieder seine Arbeit unterbrochen, um sich mit jemandem zu unterhalten.
Auf dem Rückweg nach Kleiborg hatten die Freunde Rückenwind. Da die Hauptstraße von Landmermoor mehrere Kilometer schnurgerade war, genossen die beiden die schnelle Fahrt und unterhielten sich über die Gespräche mit den drei Sakuth-Generationen. „Das war schon heftig, als der alte Mann anfing zu weinen“, sagte Tim nachdenklich. „Ja, wir haben ihn an etwas erinnert, das er seit Jahrzehnten erfolgreich verdrängt hat. Ich habe mal gelesen, dass sich Demenzkranke an frühere Sachen besser erinnern können, als an Vorgänge, die erst wenige Stunden zurück liegen.“ Alex wollte gerade weiter erzählen, als ein lauter Knall ihr Gespräch abrupt beendete. Unmittelbar darauf fing Tims Fahrrad heftig an zu schleudern. Er versuchte erfolglos das Gleichgewicht zu halten und stürzte spektakulär auf den Bürgersteig. Ein Schuss, fuhr es Alex durch den Kopf. Verdammt, man hat auf uns geschossen.
Alex bremste scharf ab und ließ sein geliebtes Mountainbike achtlos fallen. Mit zwei großen Schritten war er bei seinem Freund, der benommen auf dem Boden lag. „Tim, alles in Ordnung?“ fragte er besorgt. Tim sah ihn verstört an. „Verdammte Scheiße, was war das denn?“ Mühevoll rappelte er sich hoch. Seine Jeans hatte ein Loch am Knie und der quer stehende Lenker hatte eine Tasche seiner Jacke aufgerissen. Alex sah seinen Freund an. Nichts schien auf eine Schussverletzung hinzuweisen. Dann untersuchte er Tims Fahrrad und fand dann die Erklärung für den Sturz.
Ein Kettenglied der altersschwachen Kette ist mit einem lauten Knall gerissen. Die lose Kette hat sich dann um die Hinterradnarbe gewickelt. Das Rad blockierte daraufhin, was den Sturz zur Folge hatte. Alex fiel ein Stein vom Herzen. Ich bin wohl etwas zu angespannt, dachte er insgeheim. Das Lächeln, was ihm bei dem Gedanken über das Gesicht huschte, machte Tim noch wütender. Er hatte keine Lust, sich schon wieder dumme Sprüche wegen seines Rades anzuhören.
Er wollte gerade die völlig verkantete Kette vom Hinterrad entfernen, als sie ein lautes Lachen hinter sich hörten. Tim drehte sich missgelaunt um. Sie standen direkt vor einem Frisörsalon. Der Inhaber stand lachend in der Tür. Er hatte einen braunen Kittel an und hielt die Schere noch in der Hand. Anscheinend hatte er Tims Sturz durch das Schaufenster beobachtet. Tims Laune sank auf den Nullpunkt. „Was gibt' s denn da so blöd zu lachen?“ Der Mann lachte erneut und putzte sich geräuschvoll die Nase. „Entschuldige, aber wenn jemand so schön über den Lenker absteigt, kann ich doch nicht ernst bleiben.“ Aber dann wurde er etwas ernster, als er Tims Blessuren sah. Schließlich waren nicht nur das Rad, sondern auch seine Klamotten kaputt. „Hast du dir weh getan?“, fragte er mitfühlend. Tim schüttelt mannhaft den Kopf.
„ Warte einen Moment. Ich muss erst meinem Kunden die Haare fertig schneiden, dann helfe ich dir“, sagte er und verschwand wieder in seinem Salon.
„ Ein Frisör will mein Rad reparieren. Das ich nicht lache“, ätzte Tim und wollte schon weiter gehen. „He, warte. Willst du das Wrack bis nach Kleiborg schieben?“, versuchte Alex seinen Freund zu beruhigen. „Komm, dein altersschwaches Rad kann doch sogar ein Konditor reparieren. Gib dem Mann eine Chance“, stichelte Alex. Tim blickte ihn
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