Zieh dich aus, du alte Hippe
gläserne Schnabelschühchen auf einen kleinen Spaziergang, dazu kräht ein Papagei einige Takte aus Verdis Oper Nabucco, und zwar hat der Vogel ein Kettchen um von echten Perlen, man kann sie im Zwielicht kaum von Butterkügelchen unterscheiden. Das Schlimme ist ein Elefantenfuß als Schirmständer. Dieser Mann ist gefährlich! »Kommen Sie doch herein, meine Herren!« Falsch klingt diese Einladung und hinterfotzig. So bemerken es die beiden sofort. Schnell spannen sie die Lauscherchen auf, ob etwas Ungewöhnliches hier zu hören ist. »Kaffee? ... oder Teeeee?« Der Kopf des Bürgermeisters wird dabei seitlich auf die Schulter gelegt, es soll Vertrauen erwecken. Kommissar Schneider will weder das eine noch das andere. Er beginnt umgehend mit der Befragung, die uns aber hier nicht interessiert. Den Papagei quält eine einzige Frage: Was wollen die beiden fremden Herren bei seinem Bürgermeister (er weiß gar nicht, daß er der Bürgermeister ist)? Sie laufen immer ein paar Schritte vor und zurück, halten mit der einen Hand das Kinn fest, ziehen Falten auf der Stirn, drehen sich unwillkürlich um, zeigen. Was soll das. Doch dem Papagei geht es eigentlich gut, den Verhältnissen entsprechend. Er wäre auch lieber in freier Wildbahn, doch müßte er dort verhungern, weil er hier in der Wohnung des Bürgermeisters aus dem Ei geschlüpft ist und noch nie im Urwald war. Er weiß also nicht, wie man sich zu essen fängt, oder bei Papageien besser gesagt: ergattert.
»Haben Sie schon mal etwas von Voodoo gehört, Herr Kommissar?« Der Bürgermeister schwitzt. Die Fragen machen ihn verrückt, doch er hat immer eine tolle Antwort parat. »Ja, ich kenne es aus dem Fernsehen.« - »Nein! Das ist nichts, ich meine echtes Voodoo, Herr Kommissar. Es sind Püppchen! Man tötet mit ihnen. Es ist verboten hier. Die Filme, in denen Voodoo vorkommt, sind meines Erachtens kein gutes Mittel, um es zu erklären. Da wirkt immer alles so aufgesetzt.« -»Ja, Sie haben recht. Auf Wiedersehen.« Die Herren in den hellen Mänteln gehen weg. Als der Bürgermeister sich alleine wähnt, bricht er zusammen. Sein Papagei hilft ihm dabei.
»Ich habe das Gefühl, wir fahren in die falsche Richtung, Berto!« Berto lenkt den Wagen. Er kann noch nicht so gut Auto fahren wie der Kommissar. Sie fahren einen Feldweg entlang, der links und rechts von Brombeersträuchern gesäumt ist. »Halt mal an, ich will meiner Frau ein paar Brombeeren pflücken.« Berto hält den Wagen an, so daß der Kommissar aussteigen kann, dann fährt er ihn ein Stück weiter und wartet in einer Haltebucht. Kommissar Schneider sieht sich um, er ist allein. Er holt eine Plastiktüte aus der Manteltasche. Dann beginnt er mit Brombeerpflücken. Als er sich ungeschickt nach einer dieser leckeren Früchte bückt, rutscht er aus, denn es hatte geregnet, und die Erde ist aufgeweicht. Er ratscht sich den tollen Mantel an einem langen Brombeerzweig kaputt. Fluchend reibt er wie wild an dem Ärmel, der nicht mehr wiederherzustellen sein wird. Da fällt sein sauertöpfischer Blick wie zufällig auf etwas Dunkles am Boden zwischen den Büschen. Dem Kommissar stockt der Atem: hier mitten in der Wildnis, wo meistens keiner hingeht, liegt ein Mensch, er ist tot. Das heißt, was von ihm übriggeblieben ist, früher hatte er wohl mal Arme und Beine, jetzt ist das weggeschnitten. Daneben liegt unschuldig ein Fahrrad, an seinem Lenkrad baumelt noch ein Körbchen mit Brombeeren. Der Kommissar guckt sich mißtrauisch um und nimmt das Körbchen an sich. Dann begibt er sich eiligen Fußes zum Auto.
»Fahren Sie weiter, Berto. Ich habe Hunger.« Berto setzt sich in Bewegung. Der lange Wagen macht einen Satz und braust davon. Im Fond sitzt der Kommissar und lutscht an ein paar Brombeeren, die ihm ans cheinend gut schmecken, er hat die beste Laune. »Haben Sie mir nichts zu erzählen, Herr Kommissar?« Berto dreht sich im Fahren um. »Na, na, na! Ich verbitte mir diesen Ton, mein lieber Berto, Sie scheinen zu vergessen, ich bin Ihr Chef!« Der Kommissar ist zu Recht unwirsch, ja ungehalten. Da greift sich Berto blitzschnell in die Manteltasche und zückt urplötzlich einen Revolver, der Kommissar weiß gar nicht, warum. Er zielt auf den Kommissar und will gerade abdrücken, vergißt einen winzigkleinen Moment das Lenkrad, da wird der schwere Wagen von einer Windböe gebeutelt! Es hat angefangen zu stürmen. Das ist die Rettung für den Kommissar, er hat jetzt die Möglichkeit, sich wie ein nasser
Weitere Kostenlose Bücher