Zieh dich aus, du alte Hippe
vorbeigeht, rappelt es im Aktenschrank. Das irritiert ihn bei seiner Arbeit, die sowieso schwerer ist als andere Arbeit. Er muß nachdenken. Es gelingt ihm nun nicht mehr. Er nimmt den Telefonhörer ab und wählt eine Nummer. »Guten Tag, hier spricht Kommissar Schneider. Ich hob mal eine Frage: Ist es möglich, daß man bei Ihnen noch Essen bestellen kann?« Am anderen Ende sind Stimmen zu hören. Nach einer Weile bedankt sich der Kommissar und legt auf. »Berto! Kommen Sie, es gibt gleich Essen!« Einen Moment lang stutzt er jetzt, dann fällt ihm ein, daß Berto umgekommen ist. Er steht auf und geht auf den Flur hinaus. An der nächsten Bürotür hält er inne, drinnen sitzt ein Beamter. »Key, Sie da. Es gibt gleich Essen.« Der Kommissar geht weiter. Er schlendert mit hängenden Schultern durch den Bau. Die Nachtschicht ist immer besonders langweilig, wenn nichts passiert. Der Kommissar weiß nicht weiter. Er hat den ganzen Tag telefoniert, um herauszubekommen, wer der Mörder ist. Keine Spur bis jetzt, außer zum Bürgermeister. Kommissar Schneider grübelt über den Bürgermeister nach. Er käme schon als Täter in Frage, wenn er nicht so einen Posten hätte. Die Größe stimmt. Es muß sich um eine schwere Person handeln, weil die Fußspuren im Park tief eingedrückt waren. Mit durchgedrückten Knien geht der Kommissar durch den Flur. Er stampft unbewußt etwas fester als sonst auf den Boden. Da zerbricht eine der Bodenfliesen unter der Wucht seiner Hacke. Der Kommissar wiederholt wie in Trance dieselbe Bewegung mit dem anderen Fuß, da, schon wieder eine Kachel kaputt. Er bekommt einen Geistesblitz! Wie ist es, wenn der Frauenmörder gar kein Mann ist, sondern eine Frau? Kann nicht auch eine Frau schwer sein und tiefe Abdrücke im Boden hinterlassen? Hat nicht Kommissar Schneider selbst gerade bewiesen, daß es nicht auf die Größe ankommt, sondern auf den Willen, die Durchschlagskraft? Da kommt auch das Essen. Diesmal schmeckt dem Kommissar das Essen, es ist Erbsensuppe, besonders gut. Er ißt alles auf und gibt dem Wachtmeister gar nichts ab. Als er aufgegessen hat, will er seine Fahndung erweitern, dazu gehört ein größerer Polizeiapparat. Er geht nach Hause und kommt am nächsten Tag sehr früh zur Arbeit. Sein Vormittag ist damit gefüllt, Rekruten zu bekommen, die er nach eigenen Ideen ausbilden will, um den Frauenmörder endlich zu schnappen. Er erreicht, daß sich um die Mittagszeiteinige junge Männer und Frauen bei ihm vorstellen wollen. Der Kommissar sitzt hinter seinem Schreibtisch, als der erste anklopft.
»Guten Tag, ich will mich vorstellen als Polizist!« - »Kommen Sie rein!« Als der Anwärter ein paar Schritte auf den Kommissar zumacht, hechtet derselbe aus seinem Schreibtischsessel und schlägt den jungen Mann von hinten mit einem Handkantenschlag zu Boden. Dann stellt er sich blitzschnell auf seinen Rücken und reißt den linken Arm des Liegenden hoch an seine Rippen. Er dreht ein wenig an der Hand, so lange, bis es knackt. Mit einem ausgekugelten Arm unterschreibt der Polizist seinen Vertrag bei Kommissar Schneider. Unter anderem lautet ein Punkt in dem Vertrag: ... hiermit unterschreibe ich auch, daß Kommissar Schneider keine Widerworte gegeben werden dürfen, und man muß ihm, wenn man Essen geht, immer einen ausgeben, weil der Kommissar Schneider (im Folgenden lediglich »Kommissar« genannt) ansonsten dem Unterzeichnenden kündigen kann. Auf die Art und Weise bekommt Kommissar Schneider eine ansehnliche Truppe zusammen. Nun heißt es: An die Arbeit.
»Nun heißt es: An die Arbeit!« Der Kommissar ist gut gelaunt. Mit der neuen These, daß es sich eventuell auch um eine Frau handeln kann, fühlt er sich wie befreit. Und ob der Kommissar recht hat! Die Frau mit dem kaputten Frosch geht nämlich allein durch den Wald, in Herrensachen!
Als der Kindergarten fast schon total leer ist, macht sich die Kinderschwester Gertrud an ihre eigentliche Aufgabe, sie fegt die Essensreste von dem kärglichen Mittagsmahl unter den Teppich im Spielzimmer. Die Kinder, die das Pech haben, in diesen Kindergarten zu gehen, werden überhaupt nicht beachtet. Ihren kindlichen Wünschen wird nicht entsprochen, und die Eltern, denen es egal ist, wo die Gören ihren Tag verbringen, Hauptsache nicht bei denen zu Hause, zahlen bereitwillig den monatlichen Beitrag. Morgens um sieben geben sie ihre Früchtchen vor dem Gartenzaun des Geländes ab, danach sind sie sich selbst überlassen. Ganz klar, daß diese
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