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Zieh dich aus, du alte Hippe

Zieh dich aus, du alte Hippe

Titel: Zieh dich aus, du alte Hippe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helge Schneider
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Haken, der aus der Wand ragte - es muß wohl ein Stück Eisen gewesen sein -, hängenblieb. Dabei wurde ihr die Schädeldecke abgehoben, und weil Luft ins Gehirn drang, starb sie jämmerlich, ja, sie ging richtig zugrunde. Der Kommissar sagte noch, daß er nur Spaß machen wollte, er wollte den Mörder nachmachen, deshalb hatte er sie mit der Hundefutterdose bedroht. Zufällig kam gerade die Putzfrau vorbei und hörte das. Sie half dem Kommissar beim Wegwischen an der Wand, und sie trugen die Verunglückte zu zweit eine Treppe tiefer in die Gefrierkammer, neben dem Gerichtsmedizinischen Institut. Dort wurde nur noch der Tod festgestellt. Es war grausam, aber so ist es manchmal. Nicht immer kann jemand was dafür. Auf jeden Fall war der Kommissar danach sehr schlecht gelaunt, was man hier an dieser Stelle verstehen kann. Aber er hatte sich korrekt verhalten.

Ein leises Lüftchen wehte am Ufer, als ein langes Boot voll beladen mit Bananen den Fluß flutete. Auf der Kommandobrücke stand der Maat mit fliegender Hose und braungebrannt. Er hatte diese Wehmut in den Augen, die wir nur von dem kennen, der die Weltmeere befährt. Was mußte dieser Kerl schon alles gesehen haben. Von Bangkok bis Honolulu, von Amsterdam nach New York, den Don runter nach Kanada oder am Missouri-Delta Tonnen von Weizenklee aufladen. Seine gestählten Klauen griffen machtvoll um das Steuerrad. Hinter ihm, fast mit den Händen erreichbar, baumelten ein paar karierte Hemden im Wind zum Trocknen. Ein kleiner Kleffer rannte verspielt zwischen den einzelnen Bananenkisten her, dazu das Stampfen der Maschinen. Der Maat träumte gerade von Pommes mit Mayonnaise, als sein Schiff einen leblosen Körper rammte. Beinahe wäre er koppheister von Bord gejumpt! Mit aller Kraftbremste er den Äppelkahn, dazu trat er mit gewaltiger Wucht in die Pedale, der Anker flog von der Kette, und die Bremsen heulten ihr Lied. Mit ein paar Tonnen aufgewühltem Sand machte der alte Teerjack sein Boot nun fest. Mit langen Schritten stieß er gen Bug. Da bot sich ihm ein Bild des Grauens: eine halbverweste Leiche war nach langer Zeit auf dem Grund des Flusses endlich aufgetrieben, wohl nicht der Tatsache allein zu verdanken, daß die beschwerenden Steine abgetrieben waren, sondern auch von den Fäulnisgasen, die sich bilden bei Wasserleichen, obwohl oder vielleicht weil keine Luft drankommt, ich weiß es nicht. Der Maat hatte gerade in ein Marmeladenbutterbrot gebissen, und es schmeckte ihm immer noch, weil er alles in seinem Leben schon einmal gesehen hatte. Cool, mit dem letzten Bissen zwischen den Zähnen, packte er ins Wasser und holte mit seinen starken Armen den armen Tropf aus seinem nassen Grab. Jetzt mußte er aber doch fast kotzen, denn der Tote hatte überhaupt keinen Unterleib mehr, statt dessen ragte das letzte Ende des Rückgrats alleine raus, und daran war eine bunte Schleife befestigt mit der Aufschrift: »Er war ein langweiliger Skatbruder!« Der Maat warf den Körper auf das Dec k und machte sich daran, die Aale aus dem Kopf zu ziehen, um sie vielleicht zu kochen. Er schlug sie auf jeden Fall an Ort und Stelle kaputt.
    Später in seiner Kajüte, als der Maat beim Essen sitzt, er ißt Aal mit Nudeln, überlegt er sich, was er mit seinem grausamen Fund macht. Nachdem er aufgegessen hat, steht er auf, geht nach oben und schiebt die Leiche zurück ins Wasser. Er will keinen Ärger.

Im Polizeipräsidium ist es schon dunkel, nur eine Lampe brennt noch. Es ist die von Kommissar Schneider. Er ist noch auf und schreibt was nieder. Ein Protokoll von einem Vermißten. Ein Mann war heute in der Kanzlei gewesen und hat gesagt, er vermißt einen von seinen Skatbrüdern. Er vermutet, daß er mit Geld abgehauen ist, und zwar aus der Skatkasse, wo sie immer von die Kegeltouren machen. Der Kommissar mußte ihn ganz schön ausquetschen, mehr wollte der Mann nicht preisgeben. Es witterte so etwas wie ein Geheimnis in seinem Gesicht, fand Schneider, so, als ob was nicht ganz echt wäre. Also trat der Kommissar ihm in einem unbeobachteten Augenblick mit voller Wucht in die Eingeweide. Der Mann spuckte Blut, als er wegbuckelte. Der Kommissar wollte nichts mit einem neuen unaufgeklärten Fall zu tun haben, deshalb schrieb er in sein Protokoll: »Skatbruder lief auf und davon und nahm alles Geld mit. Keiner kann etwas dafür. Die Polizei braucht ihn nicht zu suchen. Der Name wird einfach im Einwohnermeldeamt gestrichen. Gezeichnet: Kommissar Schneider.«

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