Ziel erfasst
verliehen, und Safronow wurde zum Helden der Russischen Föderation ernannt.
Mit seinem Privatvermögen von über hundert Millionen Dollar investierte er in russische Blue-Chip-Unternehmen. Dabei stärkte er zugleich auf raffinierte Weise die Verbindungen zu den jeweiligen Eigentümern. Er kannte eben das Schmiermittel des Erfolgs in seinem Adoptivland. Geschäftsleute, die ihren Kopf herausstreckten, behielten ihn nur, wenn sie den Kreml zum Freund hatten. Ein Insider erkannte dabei leicht, wer in der Gunst des Ex-KGB-Manns stand, der jetzt in Moskau regierte. Safronow sicherte sich durch sein Beziehungsgeflecht gegen alle Unwägbarkeiten ab. Solange der gegenwärtige Staatsführer und seine Leute an der Macht waren, würde ihm nichts passieren.
Diese Taktik zahlte sich für ihn aus. Sein Privatvermögen wurde inzwischen auf über eine Milliarde Dollar geschätzt. Dies verschaffte ihm zwar noch keinen Platz auf der Forbes- Liste, aber er konnte sich alles leisten, was er wollte.
In Wahrheit bedeutete ihm sein Reichtum jedoch überhaupt nichts. Er konnte einfach nicht vergessen, dass er in Wirklichkeit nicht Georgij hieß und auch kein Russe war.
Alles veränderte sich für Safronow an seinem zweiundvierzigsten Geburtstag. Er war mit seinem neuen 2008er Lamborghini Reventón von Moskau zu einer seiner Datschen auf dem Land unterwegs. Der Tachozeiger war nur noch zwanzig Stundenkilometer von seiner Höchstanzeige entfernt, er musste gegenwärtig auf dieser schnurgeraden Straße also etwa dreihundertzwanzig Stundenkilometer schnell sein.
Ob es nun eine Öllache oder eine Wasserpfütze war oder seine Hinterreifen einfach nur abgedriftet waren, würde er nie erfahren. Auf alle Fälle geriet er ins Schleudern und verlor die Herrschaft über das Auto. Er war sich sicher, dass jetzt alles vorbei sei. In dem Bruchteil einer Sekunde zwischen der ersten Erkenntnis, dass das Fahrzeug nicht mehr beherrschbar war, und dem Moment, als die silberne Motorhaube des Lamborghini vor seiner Windschutzscheibe von der Straße wegzeigte, war es nicht Georgijs wirkliches Leben, das an seinen inneren Augen vorbeiraste. Es war das Leben, das er nicht gelebt hatte und das er hätte führen sollen. Es war die Sache, der er den Rücken zugekehrt hatte. Es war die Revolution, an der er nicht teilgenommen hatte. Es war das Potenzial, das er nicht ausgeschöpft hatte.
Der Lamborghini überschlug sich, und das Genick der einundzwanzigjährigen Ballerina, die neben Safronow saß, brach. Noch Jahre später war sich Georgij sicher, dass er inmitten des Lärms von zersplitterndem Metall und Fiberglas dieses entsetzliche Knacken gehört hatte.
Der Raumfahrtunternehmer verbrachte viele Monate im Krankenhaus. Immer wieder las er in dieser Zeit in seinem Koran, den er zur Tarnung in die Umschläge seiner Technikhandbücher steckte. Sein Glaube vertiefte sich. Er kannte jetzt seinen Platz in dieser und der nächsten Welt. Er nahm sich vor, seinem Leben eine ganz neue Richtung zu geben.
Er würde alles aufgeben, um zum Shahid , zum Märtyrer, zu werden. Er wollte für die Sache, in die er ursprünglich hineingeboren worden war und die jetzt jeden seiner Atemzüge bestimmte, den Märtyrertod erleiden. Er verstand jetzt, dass die Lamborghinis, die Privatjets, die Macht und die Frauen nichts mit dem Paradies zu tun hatten, so sehr sie auch sein zugegebenermaßen allzu menschliches Fleisch berauschen mochten. Er wusste, dass er in seiner menschlichen Gestalt keine Zukunft hatte. Nein, seine Zukunft, seine ewige Zukunft, lag im Jenseits, und er würde dies bald genug herausfinden.
Allerdings würde er sein Leben im Dienst seiner Sache nicht zu billig verkaufen. Nein, Georgij wusste, dass er die Sache einer Islamischen Republik im Kaukasus befördern konnte wie vielleicht noch kein Mensch vor ihm. Er war ein Spion und Kundschafter in der Welt des Feindes.
Nach seiner Genesung zog er sich heimlich in ein schlichtes Bauernhaus in Dagestan zurück. Er lebte in vollkommener Einfachheit, weit entfernt von dem Leben, das er vor seinem Unfall geführt hatte. Er stattete Suleiman Murschidow, dem geistlichen Führer der dagestanischen Widerstandsgruppe Jamaat Shariat, regelmäßig einen Besuch ab. Zuerst war Murschidow misstrauisch, aber der alte Mann war erstaunlich intelligent und ausgefuchst und begann mit der Zeit zu begreifen, welches Werkzeug, welche Waffe ihm mit diesem Georgij Safronow geschenkt worden war.
Georgij bot an, sein ganzes Geld der gemeinsamen
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