Ziel erfasst
Waffen schlagkräftiger, wenn sie mit Atombomben bestückt wären?«
Safronow zuckte zurück. Dann stotterte er: »Nun … ja. Natürlich. Aber das ist nicht möglich, und selbst ohne sie kann man diese Raketen immer noch als eindrucksvolle konventionelle Waffe einsetzen. Mit einem Tanklager als Ziel …«
»Warum ist das nicht möglich?«
»Weil ich keine Bomben habe, Vater.«
»Würdest du den Plan durchführen, wenn du welche hättest? Oder wird dein Herz durch den Gedanken an die Hunderttausende von Toten schwer?«
Safronow reckte das Kinn. Das war eine Prüfung. Eine hypothetische Frage. »Wenn ich Bomben hätte, würde ich sogar mit noch größerer Leidenschaft handeln. Mein Herz kennt da keinen Zweifel.«
»Heute ist ein Mann hier, den du kennenlernen solltest. Ein Ausländer.«
Safronow hatte keinen Ausländer gesehen. Gehörte das auch zu der hypothetischen Prüfung? »Was denn für ein Mann?«
»Er wird dir selbst erklären, wer er ist. Rede mit ihm. Ich vertraue ihm. Er wird von unseren Brüdern in Tschetschenien hoch geachtet.«
»Natürlich werde ich mit ihm sprechen, Abu Dagestani.«
Suleiman Murschidow gab einem seiner Söhne ein Zeichen, und der forderte Safronow auf, ihm zu folgen. Georgij, der von den Geschehnissen völlig verwirrt war, stand auf und folgte dem Mann die Treppe hinauf in ein großes Schlafzimmer. Dort standen drei Männer in Freizeitkleidung, über deren Schultern Maschinenpistolen hingen. Das waren keine Dagestaner, aber auch keine Araber. Ein Mann war sehr groß und hatte etwa Georgijs Alter. Die beiden anderen waren jünger.
»As salaam aleikum«, grüßte der Ältere. Also sprachen sie doch arabisch.
»Wa aleikum as salaam«, antwortete Safronow.
»Heben Sie bitte die Arme in die Luft.«
»Wie bitte?«
»Bitte, mein Freund.«
Safronow folgte etwas unsicher der Aufforderung. Die beiden jungen Männer traten an ihn heran und tasteten ihn gründlich ab, ohne dabei respektlos zu erscheinen.
Als das erledigt war, bat der Ältere Safronow, neben ihm auf einem abgenutzten Sofa Platz zu nehmen, das an der Wand stand. Beide Männer setzten sich, und einer der beiden Jüngeren stellte zwei Gläser Orangenlimonade vor ihnen auf den Tisch.
»Herr Safronow, Sie können mich General Ijaz nennen. Ich bin ein General der pakistanischen Streitkräfte.«
Georgij schüttelte dem Mann die Hand. Pakistan? Interessant. Langsam bekamen Suleiman Murschidows vorherige Bemerkungen einen gewissen Hintergrund.
»Sie sind Dagestaner? Und ein gläubiger Muslim?«, fragte Rehan.
»Ich bin beides, General.«
»Suleiman hat versichert, Sie seien genau der Mann, mit dem ich sprechen muss.«
»Ich hoffe, ich kann Ihnen dienlich sein.«
»Sie sind der Leiter der russischen Raumfahrt?«
Safronow wollte eigentlich den Kopf schütteln. Trotz seiner Rolle als Präsident und Hauptanteilseigner der Kosmos-Raumfahrtgesellschaft war das eine ziemliche Übertreibung. Aber er tat es dann doch nicht. Dies war nicht die Zeit, sein Licht unter den Scheffel zu stellen, wenngleich er seinen Gesprächspartner jetzt über seine genaue Position aufklärte. »Das stimmt beinahe, General Ijaz. Tatsächlich bin ich Prä sident des Unternehmens, das eine der besten russischen Trägerraketen besitzt und betreibt.«
»Und was befördern Sie in den Weltraum?«
»Hauptsächlich Satelliten auf ihre Umlaufbahn. Wir haben im letzten Jahr einundzwanzig erfolgreiche Starts durchgeführt. Nächstes Jahr erwarten wir sogar vierundzwanzig.«
»Ihnen gehören also die Raketen, mit denen Sie die Raumflüge durchführen?«
Safronow nickte. Der Stolz auf sich und das Unternehmen, das er in den vergangenen fünfzehn Jahren aufgebaut hatte, war ihm deutlich anzusehen. »Unsere Hauptträgerrakete ist die Dnjepr-1. Es ist eine umgewandelte RM-36.«
Rehan starrte den Russen unverwandt an. Er wollte auf keinen Fall zugeben, dass er überhaupt nichts von dieser Materie verstand. Er wartete deshalb schweigend ab, bis dieser kleine Mann weitere Erklärungen nachschob.
»Die RM-36, General, ist eine ballistische Interkontinentalrakete. Russland … ich sollte sagen die Sowjetunion, beförderte mit ihr nukleare Gefechtsköpfe. Erst in den Neunzigerjahren wandelte unser Unternehmen dieses System in eine zivile Trägerrakete um.«
Rehan nickte nachdenklich. Er tat so, als ob ihn das alles nicht allzu sehr interessierte. Tatsächlich war es für ihn eine unglaubliche Nachricht, die er so nicht unbedingt erwartet hatte.
»Und welche
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