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Zielstern Beteigeuze

Zielstern Beteigeuze

Titel: Zielstern Beteigeuze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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starten“, sagte er dann. „Fünfzigtausend Kilometer weiter westlich entwickelt sich eine G-Schwankung.“
    Es war ein grandioses Schauspiel, das sich Elber bot - freilich nicht direkt seinem Blick, der nahm nur ringförmige Veränderungen in der Dunstschicht wahr, dafür aber auf dem Bildschirm, und das immerhin in dem Bewußtsein, daß sich das alles direkt unterhalb der Fähre abspielte.
    Da unten war Meer - nicht das kleine, an dessen Ufern sie sich niedergelassen hatten, sondern der große Ozean. Übrigens, was hieß hier klein und groß! „Ihr“ Meer, das hier auf der Landkarte vergleichsweise klein wirkte, fast wie ein Binnenmeer, war so groß wie der irdische Atlantik, und das hier unter ihm, der Ozean, war größer als die gesamte Erdoberfläche.
    Es traf sich gut, daß sich diese Schwankung über dem Meer entwickelte. Seine Oberfläche folgte den einwirkenden Kräften weit stärker als die des Landes, hier war vieles bequem meßbar und frei von störenden Einflüssen und daher von der Fähre aus zu erledigen, was auf dem Lande ein kontinentales Netz von Meßstationen erfordert hätte.
    Das erste, was er anhand der Oberflächengestalt des Meeres feststellen konnte, war die Tatsache, daß sich die Schwankung in Form einer Stoßwelle ausbreitete. Auf einem ringförmigen Streifen von etwa fünfzig Kilometer Breite herrschte erhöhte Gravitation, innerhalb dieses Ringes aber wieder die normale - oder war es richtiger, zu sagen: die herabgesetzte? Dieser Ring hatte jetzt schon einen Durchmesser von über tausend Kilometern. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit war auch leicht zu messen. Bisher hatten sie nur ungenaue Schätzungen oder richtiger solche, für deren Genauigkeit sie sich nicht verbürgen konnten und die vor allem auch darüber nichts aussagten, wie die Ausbreitungsgeschwindigkeit selbst sich verhielt, ob sie konstant war oder sich veränderte. Denn diese Schätzungen beruhten nur auf dem Vergleich verschiedener Satellitenaufnahmen. Jetzt aber zeigte sich, daß die Schätzungen gar nicht so schlecht gewesen waren: Die Geschwindigkeit lag bei zweihundert Kilometern je Stunde. Nun, er hatte knapp vier Stunden Zeit, er würde also zwischendurch mehrmals die Geschwindigkeit messen, dann würde sich herausstellen, ob sie gleichblieb.
    Elber überschlug im Kopf, wie lange die Stoßwelle wohl wirksam bleiben würde - bisher hatten sie nach Satellitenbeobachtungen die größte Ausdehnung, die eine solche Schwankung hatte, mit einem Viertel der Meridianlänge festgestellt, also ungefähr mit einem Radius von zwanzigtausend Kilometern. Bei der jetzigen Geschwindigkeit würde die Stoßwelle sich also gut vier Tage lang ausbreiten. Es würde gewiß nützlich sein, gegen Ende dieser Zeit noch einmal zu starten, dann ließen sich viele Fragen genauer beantworten.
    Zum Beispiel die Frage, ob die Stoßwelle bei ihrer Ausbreitung gleich stark blieb oder stärker oder schwächer wurde, ob sie allmählich verebbte oder plötzlich verschwand. Die Beantwortung dieser Fragen würde vielleicht etwas Klarheit in die undurchsichtigen Zusammenhänge bringen - oder aber im Gegenteil den Widersinn noch verstärken, was Elber für wahrscheinlicher hielt.
    Im Grunde existierten nur innerhalb dieses schmalen sich ausbreitenden, kurzlebigen Ringes die normalen, naturgemäßen Verhältnisse dieses Planeten, und in der Troposphäre, sonst herrschte unnormale, herabgesetzte Schwerkraft, die aber durch irgendeinen unbekannten und unerklärlichen Mechanismus stabil gehalten wurde.
    Ob die Messungen etwas über diesen Mechanismus aussagen würden, war noch nicht abzusehen, Elber glaubte aber nicht daran. Doch eine Menge anderer Dinge würden sich ausrechnen lassen: wie tief die Stoßwelle in den Boden reichte, beispielsweise, und vieles andere mehr.
    Elbers Gedanken wanderten schon weiter, zu dem Vorhaben, das ihn eigentlich interessierte, für das diese Messungen nur die willkommene Gelegenheit schufen. Er war sich noch nicht klar darüber: Sollte er die Sache unternehmen, ohne jemanden davon zu unterrichten? Dann konnte ihm niemand dreinreden, er riskierte nicht eine Situation, in der er gegen eine direkte Anweisung handeln müßte. Andererseits konnte ihm etwas passieren, dann würden seine Gedanken und auch die Ergebnisse seines Experiments verlorengehen, vielleicht sogar die Fähre, die sonst zur Not auch vom Boden aus zurückgeführt werden konnte.
    Gut, mochten sie ihm dreinreden - hindern konnten sie ihn nicht. Gewiß war das

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