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Zielstern Beteigeuze

Zielstern Beteigeuze

Titel: Zielstern Beteigeuze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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entspricht genau dem Witz, den unser Koch erzählt hat.
    Nun ist eine identische Verdopplung ein geradezu denkwidriges Ereignis. Ich habe deshalb alle Meßgrößen, die im Zusammenhang mit der Verdopplung der Satelliten zur Verfügung standen, genau analysiert. Dabei fiel mir zunächst auf, daß der Abstand der Doubles etwa der Strecke entsprach, die der Satellit in einer Millisekunde
    durchflog, und eine Millisekunde wiederum war der Abstand zwischen den beiden Antworten auf den Eichstrahl. Bei allen
    anderen Informationsprozessen zwischen den Satelliten und dem Raumschiff, davon habe ich mich überzeugt, wirkt sich die Verschiebung um eine Millisekunde nur in Größenbereichen aus, die von der Automatik als Unschärfe eliminiert werden.
    Das brachte mich auf die Überlegung, daß hier eine Projektion des Raumes und seines Inhalts in sich selbst hergestellt wird, und zwar
    mit einer Verzögerung von einer Millisekunde. Der zweite Körper ist
    also der erste, wie und wo er vor einer Millisekunde war, folglich nicht ganz identisch. Daraus folgt: Jeder Antrieb, den der erste
    benutzen würde, würde eine Millisekunde später Wirkungen auf den zweiten ausüben. Da aber noch unbekannt ist, inwieweit originaler und duplizierter Raum aufeinander einwirken, und insbesondere, was am Schluß eigentlich gelöscht wird, das Original oder das Duplikat, würde das eine unverantwortliche Gefährdung mit sich bringen.
    Die genaue Untersuchung der Meßgrößen ergab, daß Zeit, Abstand und Geschwindigkeit nicht ganz übereinstimmten, bei den Satelliten,
    meine ich. Aber gerade das bestärkte meine Annahme - in den duplizierten Raum müssen ja auch die Relativgeschwindigkeiten eingehen, die der Satellit gegenüber dem Zwerg, dem Beteigeuze und der Galaxis hat. Da nun diese Geschwindigkeit aus der anderen Einflugrichtung, die ich mit der Fähre genommen habe, sich auch anders addieren, konnte ich den theoretischen Abstand zwischen der Fähre und ihrem Duplikat recht genau vorausberechnen, und wie ich jetzt messe, stimmt er auf den Millimeter. Na also.
    Wo die Ursachen dieser Erscheinung liegen, bleibt vorläufig im dunkeln. Eine andere Frage ist, ob es sich um eine natürliche
    Erscheinung oder um eine technische handelt. Im letzteren Fall, den ich als gegeben betrachte, ist die Frage nach dem Zweck einer solchen Erscheinung sinnvoll. Ein solcher Zweck könnte darin bestehen, daß ihr ein Übertritt in ein anders gerichtetes Zeitregime folgt; Verdopplung als Startstufe sozusagen. Man könnte annehmen, die Bewohner haben über diese Startstufe den Planeten verlassen, weil eine ökologische oder sogar stellare Katastrophe drohte, und diese Startstufe läuft nun noch einige Jahrhunderte oder Jahrtausende leer, weil der letzte, der sie hätte abstellen können, ebenfalls mit abgeflogen ist. Und man könnte weiter fragen, ob die früheren Intensitätsschwankungen des Beteigeuze nicht periodische Massenstarts waren, wobei die Bewohner die Energie des Fixsterns in einer Weise zu nutzen verstanden, die wir nicht kennen. Dann könnte man annehmen, daß die Starts vor vielen Jahrtausenden begannen, soweit die Überlieferungen unserer Astronomie zurückreichen, und daß vor sechshundert Jahren der letzte Start erfolgte. Das würde auch den Zusammenhang zwischen der synodischen Umlaufzeit des Planeten und der früheren Periode des Beteigeuze erklären.
    Es kann ja sein, daß das alles sehr spekulativ ist, aber vielleicht finden sich Anhaltspunkte, an denen man das eine oder andere klären kann. Schließlich ist es nicht ganz ohne Bedeutung für uns, ob die Katastrophe schon stattgefunden hat, noch bevorsteht oder ob wir uns mitten darin befinden.
    Ich habe vorhin schon erwähnt, daß sich noch nichts über den Zusammenhang der beiden ineinander projizierten Räume sagen läßt. Beispielsweise nicht, ob ich als Person gespalten bin oder identisch bleibe, ob zum Beispiel die Wahrnehmungen, die ich als Vorderer oder Hinterer mache, sich im selben Kopf widerspiegeln. Dann würde der Abstand von einer Millisekunde unter Umständen zu einer Reizüberlastung führen oder zu noch schlimmeren Erscheinungen. Das muß sich nun an meiner Person als Indikator zeigen, und für diesen Fall bin ich vorbereitet, ich sprach schon davon.
    Im Augenblick habe ich das Gefühl eines leichten Schwindels, aber das kann auch von der Aufregung und dem vielen Reden sein. Ich lege hier jedenfalls eine Betäubungsspritze bereit, die mich augenblicklich in Schlaf versenken

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