Ziemlich böse Freunde: Wie wir die Bandidos in Deutschland gründeten (German Edition)
noch der bessere Weg, ein neues Chapter zu gründen, als zur Konkurrenz überzulaufen.
Ein dritter wichtiger Punkt in der Vereinbarung von Hannover war, dass man sich auch darauf einigte, ein Jahr lang keine neuen Clubableger zu gründen. Dabei ging es auch um die sogenannten Support-Clubs, die sich seit ein paar Jahren wachsender Beliebtheit erfreuten. Wir haben dieses System von den USA mit nach Deutschland herübergebracht – unser erstes Supporter-Chapter waren die Guerilleros aus Wanne-Eickel – und dann zogen die Angler irgendwann nach.
Dabei ging es in erster Linie darum, den Club auf eine vergleichsweise unbürokratische Weise ein wenig zu öffnen, und natürlich auch darum, Nachwuchs und Manpower zu rekrutieren. Wobei man sagen muss, dass es den großen 1%er-Clubs ohnehin nicht an Nachwuchs mangelt. Erstaunlicherweise hat es sich herausgestellt, dass sich gerade in den Zeiten, in denen der Behördendruck am größten war, die meisten neuen Männer bei uns vorgestellt haben.
Nein, es geht vielmehr darum, dass es sich viele potenzielle Mitglieder schlichtweg nicht leisten können, Member bei den Bandidos zu werden, weil die Beiträge vergleichsweise hoch sind und wir eine Harley-Pflicht in unseren Statuten festgeschrieben haben. In Fällen wie diesen ist man dann leider gezwungen, gute Leute ablehnen zu müssen, diese werden dann in einem Support-Club gleichsam aufgefangen. Und von dort aus ist der Weg zu den Bandidos dann auch nicht mehr ganz so weit.
Wir haben in Deutschland mehr als 80 Support-Clubs, die ebenfalls die Farben der Bandidos tragen – aber eben umgekehrt. Während wir den roten Schriftzug auf gelbem Untergrund haben, ist der Schriftzug bei den Support-Clubs gelb auf rot. Unsere Unterstützerclubs tragen häufig die Namen »Chicanos«, »Diablos« oder »Gringos« und verteilen sich über die gesamte Republik, und es kommt nicht selten vor, dass ein Support-Club oder einzelne Mitglieder dieser Gruppen irgendwann zu Bandidos werden. Das Friedensabkommen von Hannover jedenfalls beabsichtigte, auch die Verbreitung der Unterstützer-clubs halbwegs zu regeln. Alles in allem war es ein ambitioniertes Abkommen, das von Beginn an natürlich von vielen – auch von uns – argwöhnisch beobachtet wurde.
Der Frieden
von Peter M.
Wie lange hält so ein Friedensschluss, das war die große Frage. Die Führung beider Clubs mochte sich ja einig sein, aber was war mit den einzelnen Mitgliedern auf der Straße? Eine heikle Situation, die man meines Erachtens nur mit strengster Disziplin und vor allen Dingen 100-prozentiger Konsequenz regeln konnte. Es wurde natürlich auf beiden Seiten nicht jedes einzelne Mitglied befragt, wie es zu dem Abkommen stand – das wäre in unserem Fall bei rund 700 Mitgliedern kaum möglich gewesen.
Die deutschen Chapter-Präsidenten waren sich damals natürlich alle einig gewesen, diese Friedensgespräche zu führen, und auch die Europaspitze der Bandidos war zu jeder Zeit involviert gewesen. Auch wenn ich am Ende in Hannover Frank H.s Hand schütteln musste, weil die ganze Geschichte nun mal im Vorfeld über uns lief, so handelte ich natürlich auch im Einverständnis mit meinem Vizekollegen. Uns war klar, dass wir diesen Frieden, der kein leichter war, nur durchziehen konnten, wenn wir etwaige Verstöße unserer Männer konsequent bestraften.
Natürlich kann solch ein Abkommen auf der Führungsebene nicht jeden einzelnen persönlichen Disput unter den Membern beider Clubs berücksichtigen. Es war klar, dass sich der eine oder andere, der vielleicht noch frische und vor allem offene Wunden mit sich herumtrug, zähneknirschend mit dieser Abmachung arrangieren musste. Nach diesem Treffen in Hannover sollte Schluss sein mit den unzähligen kleinen und großen Streitereien. Offene Rechnungen mussten abgelegt und auf eine »Begleichung« verzichtet werden – ob das nun gefiel oder nicht.
Da musste man dann von Fall zu Fall die Zähne zusammenbeißen, denn schließlich ging es bei dem Abkommen nicht um die Befindlichkeiten jedes Mitglieds, sondern um das Große und Ganze. Beiden Clubs hatten damals massive Verbotsverfahren gedroht, über deren Rechtmäßigkeit und Sinnhaftigkeit man natürlich streiten konnte. Der Druck vonseiten der Behörden war einfach lästig geworden, obwohl die unzähligen Razzien und Festnahmen ja nun wirklich nicht viel ergeben hatten. Letztlich stand man dann doch wieder vor einem zerlegten Clubheim mit aufgeschlitzten Sitzmöbeln, Billardtischen
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