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Ziemlich böse Freunde: Wie wir die Bandidos in Deutschland gründeten (German Edition)

Ziemlich böse Freunde: Wie wir die Bandidos in Deutschland gründeten (German Edition)

Titel: Ziemlich böse Freunde: Wie wir die Bandidos in Deutschland gründeten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Maczollek , Leslav Hause
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gemacht. Als Polacke habe ich meine Ruhe!«
    Und als Bandido auch. Denn letztlich bekommt man auch als Deutscher nur noch in Clubs wie dem Bandidos MC so etwas wie ein Gemeinschaftsgefühl. Der Deutsche an und für sich kennt das leider nicht mehr.
    Es ist ja nun nicht so, dass wir Tag für Tag oder Woche für Woche Stress bekommen und auf die Hilfe unserer Brüder vertrauen müssen. Es geht einfach nur um die Gewissheit und die Sicherheit, dass man im Falle eines Falles eben den Rückhalt seiner Brüder hätte. Man rennt nicht wegen jeder Kleinigkeit in sein Chapter und winselt um Hilfe. Wer beim Gebrauchtwagenkauf beschissen wurde, muss das – wie jeder andere Mensch auch – alleine regeln. Wenn der Verkäufer aber mit fünf Schlägertypen daherkommt und auf dicke Hose macht, muss ihm klar sein, was es heißt, das Mitglied einer internationalen Bruderschaft anzupissen. In dessen Haut wollte ich dann irgendwie auch nicht stecken.
    In erster Linie geht es jedoch nicht darum, als Member eines Motorradclubs die eigenen kriminellen Interessen zu wahren, sondern sich im Zweifel gegen andere Flachpfeifen zu behaupten. Nun wird seit Jahren darüber gegrübelt, die großen Motorradclubs zu verbieten. Das kann man ja tun – wir leben schließlich in einem freien Land. Aber wenn ich – was mir wirklich schwerfällt – mich einmal in einen Ermittler oder Innenminister hineinversetze, dann muss ich mich als solcher doch fragen, ob mir diese unglaublich bösen Rocker mit ihrem Typenschild oder Erkennungszeichen auf dem Rücken nicht vielleicht lieber sind, als wenn sie nach einem Verbot anonym in der großen kriminellen Masse untertauchen.
    Was gibt’s denn Schöneres für einen Polizisten, als zu wissen, in welchem Clubheim man gerade suchen muss? Wenn da gut lesbar »Bandidos« auf dem Rücken steht, ist das bei den Ermittlungen doch schon die halbe Miete. Oder wäre es ohne Colours vielleicht einfacher?
    Les und ich sind seit nunmehr 13 Jahren Bandidos. Wie oft standen wir deswegen als nationale Führungskräfte vor Gericht? Kein einziges Mal. Wie oft musste sich der Club als solcher – also als kriminelle Vereinigung – vor einem Gericht verantworten? Dafür geht jede noch so kleine Schlägerei zwischen zwei Rockern in die Kriminalitätsstatistik ein.
    Wir haben uns die Freiheit genommen, auf der Internetseite des Bundeskriminalamtes die offiziellen Kriminalitätsstatistiken herunterzuladen und durchzublättern. Man könnte meinen, dass in Anbetracht der unzähligen Schlagzeilen, die Rockerclubs Jahr für Jahr in Deutschland produzieren, irgendetwas in dieser Art dann auch in der Statistik zu finden sein müsste. Die Suche nach dem Stichwort »Bandidos« ergibt null Treffer. Die Suche nach »Rocker« gibt null Treffer und auch die Suche nach dem Stichwort »Motorrad« ergibt leider nichts. Wo also sind wir in dieser Auswertung, nachdem Jahr für Jahr Millionen von Steuergeldern dazu verwendet werden, um uns das Leben schwer zu machen?
    Wie viele Bandidos sind seit Gründung des Clubs 1999 in Deutschland wegen organisierter Straftaten ins Gefängnis gewandert?
    Während wir an diesem Buch arbeiteten, im März 2013, haben in Bayern 1700 Polizisten in einer konzertierten Großrazzia gegen Rockergangs zugeschlagen. Spezialeinheiten, Sprengstoffhunde, Helikopter, gepanzerte Fahrzeuge – alles, was ein moderner Staat heute im Bereich Sicherheit zu bieten hat. Das Ergebnis war bahnbrechend: Es kam zu fünf Festnahmen, drei Personen sollen sogar einem Haftrichter vorgeführt werden. 1700 Polizisten – fünf Festnahmen. Deutschland ist nach diesem Einsatz wieder ein Stück sicherer geworden.
    Ich merke das schon bei meiner Schwester, die jedes Mal, wenn sie etwas über den Club in der Zeitung liest, Schnappatmung bekommt und sich Sorgen um ihren kleinen Bruder macht. »Wie kannst du nur Rocker sein«, fragt sie dann immer, »ihr steht schon wieder in der Zeitung …« Tja, und ich stelle ihr dann eigentlich immer dieselben Fragen: »Steh ich in der Zeitung oder ein paar Jungs aus irgendeinem Chapter unseres Clubs?« Und: »Mache ich dieselben Rückschlüsse, wenn ein katholischer Priester wegen sexuellen Missbrauchs unter Beschuss steht?« Sage ich dann zu meiner Schwester – einer gläubigen Katholikin –, dass sie und ihre Kirche schon wieder in der Zeitung stehen? Diesen Vergleich würde sie mir wahrscheinlich richtig übel nehmen …
    Ein Rocker muss nun mal einfach böse und gefährlich sein – die brave Variante

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