Ziemlich böse Freunde: Wie wir die Bandidos in Deutschland gründeten (German Edition)
wäre viel zu langweilig. Selbstverständlich gibt es auch bei uns Member, die genau dieses Image nach außen gerne pflegen. Das sind all jene, die ihre eigene Größe über die Colours auf der Kutte definieren und ansonsten nur recht wenig Autorität zu bieten haben. Und über diese Stereotypen – ein Rocker muss böse und gefährlich sein – werden auch die Polizeieinsätze definiert.
Wie langweilig wäre es doch, wenn man als Einsatzleiter bei einem Clubhaus der Bandidos anklopfen würde. Die Tür ginge auf – »Guten Abend, Polizei, wir haben einen Durchsuchungsbefehl, dürfen wir eintreten?« Der Mann mit dem Fat Mexican auf dem Rücken grüßt zurück und bittet die Herren in Grün herein und stellt Kaffee und Kuchen hin …
Wie würde es da bitte schön im Innern eines SEK-Beamten aussehen? Wozu hat er denn all die Dinge wie abseilen, Türen eintreten und Hunde erschießen trainiert, wenn er am Ende des Tages von einem tätowierten Rocker freundlichst hereingelassen wird. Da steht ein Einsatzleiter einfach auch in der Pflicht, seine Truppe bei Laune zu halten, denn depressive, gelangweilte Polizisten sind auf Dauer auch nicht angenehm. The show must go on – so sind nun mal die verdammten Spielregeln!
Der Bruder
von Les H.
Mit Geburtstagstreffen, Familienfeiern und Beerdigungen ist das immer so eine Sache. Es ist doch – bei aller Freude über ein Wiedersehen mit alten Weggefährten – immer auch ein Punkt im Leben, an dem man über sich und den eigenen Werdegang nachdenkt. Man wird fast zu einem Zwischenfazit gezwungen, ob man nun will oder nicht. Wo steht man im Leben, was hat man erreicht, wie dick ist der Bauch, wie schütter das Haar und wie hässlich das Faltenwerk? Und kaum ist man dort, geht auch schon das Getuschel los: »Haste gesehen? Der ist ja mal alt geworden! Und die dort drüben, du lieber Gott – was war das mal für eine Schönheit und nun schau dir dieses Elend an …«
Peter und ich sind in den vergangenen Jahr eigentlich immer recht gut gelaunt von solchen Veranstaltungen zurückgekommen, weil wir – obwohl gleich alt – immer zu den Jüngsten gezählt haben. Es war geradezu erschreckend, auf wie viele alte Menschen unseres Jahrgangs wir doch gestoßen waren. Menschen, die wegen ihres Berufes oder der Eintönigkeit ihres Lebens ganz einfach alt geworden sind. Wir hingegen mussten feststellen, dass – wenn auch der Bauch gewachsen ist – uns das Leben im Club doch einigermaßen jung und frisch gehalten hat.
Die Tatsache, dass wir bis heute unsere Freizeit immer auch mit jüngeren Brüdern teilen und im Grunde heute noch dieselben Dinge tun wie vor 20 oder 30 Jahren – biken und Partys feiern –, hat uns weniger schnell altern lassen. Wenn du Tag für Tag abends um halb sechs von der Arbeit heimkommst, eine Flasche Bier aufmachst und die Glotze anschaltest, ist der körperliche und geistige Verfall nur eine Frage der Zeit. Wir haben das Vergnügen, auf dem Bike, bei Partys und beim Kampfsport immer auch mit der jüngeren Generation im Austausch zu stehen. Hinzu kommt, dass uns auch unser Beruf nie gezwungen hat, ernst, seriös und zurückhaltend zu werden. Das gilt eigentlich für alle unsere älteren Brüder.
Wir können heute noch – jeden Tag – mehr oder weniger den Quatsch machen, den wir schon immer gut gefunden haben. Wir können Länder auf eine Art kennenlernen, wie sie uns sonst niemals vergönnt gewesen wäre, und haben ein die Welt umspannendes Netzwerk von Brüdern und Freunden. Und in unserem speziellen Fall auch noch gestützt auf eine Freundschaft, die bereits länger hält als die meisten Ehen oder Freundschaften in unserem Umfeld.
Es gibt keinen Menschen, mit dem ich mehr Zeit in meinem Leben verbracht habe als mit Peter. Seit gut 30 Jahren fahren wir zusammen Bike, gehen in dieselben Clubs, gehen gemeinsam zur Arbeit, fahren gemeinsam in den Urlaub, haben dieselben Freunde, dieselben Interessen, ähnliche Sorgen und ähnliche Freuden. Ich sehe diesen Kerl praktisch jeden Tag. Von Montag bis Freitag bei der Arbeit und abends und an den Wochenenden im Club. Und wenn wir uns mal nicht treffen, was selten genug vorkommt, wird eben telefoniert. Und wie schon mal erwähnt, nicht das stundenlange Geschnattere, wie Frauen es gerne machen, sondern kurz: Alles klar bei dir? Was machst du? Gibt’s was Neues? Bis morgen!
Wir haben einen ähnlichen familiären Background, wir kommen aus derselben Stadt, haben im selben Club gekickt – er natürlich deutlich
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