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Ziemlich böse Freunde: Wie wir die Bandidos in Deutschland gründeten (German Edition)

Ziemlich böse Freunde: Wie wir die Bandidos in Deutschland gründeten (German Edition)

Titel: Ziemlich böse Freunde: Wie wir die Bandidos in Deutschland gründeten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Maczollek , Leslav Hause
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auch ihre Abschlüsse machen lassen. Dass wir zu Elternabenden gehen, mit unseren Familien in den Urlaub fahren, hin und wieder ein Buch lesen und am Samstagabend auch mal Wetten, dass...? schauen – oder in Gottes Namen eben Pretty Woman schauen müssen …
    Das passt nicht so richtig zum Bild des knallharten Ganoven, der von früh bis spät Waffen, Drogen und Prostituierte verschiebt, das ist mir wohl klar.
    Und genau in diesem Zusammenhang würde ich gerne eine weitere Frage stellen. Was macht denn ein Mensch, der für sich beschlossen hat, ein Leben in der Illegalität zu führen? Einer, der für sein Geld nicht arbeiten möchte, sondern stattdessen lieber mit Drogen dealt, mit Waffen hehlt oder Banken ausraubt. Versucht dieser Mensch möglicherweise so unauffällig wie möglich zu bleiben, oder klebt er sich stattdessen lieber ein Logo mit der Kennung »Bandido« auf den Rücken, tätowiert sich Arme, Beine und Hände voll und fährt mit einer auffälligen Harley-Davidson?
    Die Frage sollte doch mal erlaubt sein. Ist es wahrscheinlich, dass sich ein notorischer Verbrecher – wie es uns nun mal regelmäßig vorgeworfen wird – derart auffällig verkleidet, dass ihn jede sehbehinderte Großmutter bei einer Gegenüberstellung wiedererkennen würde?
    Uns muss man doch gar nicht suchen. Wir haben den Namen unseres Clubs und unseres Chapters auf dem Rücken. Wer nach uns fahnden möchte, weil wir mal wieder organisierte Kriminalität betrieben haben, muss nur am Wochenende an die Tür von unseren Clubheimen klopfen – oder alternativ diese eintreten –, und schon ist die Europol-Großfahndung abgeschlossen.
    Warum hat die Mafia, mit der wir doch so gerne verglichen werden, über viele Jahrzehnte so gut und effizient »arbeiten« können? Etwa weil sie Cosa-Nostra-Aufnäher auf ihren schwarzen Anzügen hatten oder Al-Capone-Baseballkappen? Vielleicht war das ja tatsächlich so und es wurde uns in all den Filmen von Francis Ford Coppola und Martin Scorsese verschwiegen? Ich weiß es nicht, aber ich habe doch meine Zweifel, dass es so gewesen sein könnte. Und nun, bei den Outlaw-Motorcycle-Clubs, wird plötzlich Flagge gezeigt. Verbrecherbanden tragen die Namen ihrer Gangs auf Jacken, Mützen, T-Shirts und Taschen, denn eine gute Tarnung ist die halbe Miete in der Unterwelt. Darüber könnten doch auch versierte Kriminologen durchaus einmal nachdenken, nachdem sie und ihre Vorgesetzten in den Ministerien sich ein wenig den Schaum vom Mund gewischt haben …

Die Zahlen
von Peter M.
    Die Recherchen zweier großer deutscher Zeitungen – Der Tagesspiegel und Die Zeit – haben ergeben, dass zwischen den Jahren 1990 und 2012 mindestens 149 Menschen durch Angriffe rechtsextremer Täter ums Leben gekommen sind. 149 Tote in etwas mehr als 20 Jahren – und da waren die zehn Opfer, die auf das Konto des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) gehen, mit eingerechnet.
    Zu den Opfern zählt beispielsweise auch der Angolaner Amadeu Antonio Kiowa, der im November 1990 im brandenburgischen Eberswalde zu Tode geprügelt wurde, als etwa 60 Neonazis vor einem Gasthof mit Messern und Knüppeln über eine Gruppe Afrikaner hergefallen sind. Die drei Haupttäter zwischen 17 und 19 Jahren kommen zum Teil mit Bewährungsstrafen davon – unter anderem auch, weil bei der Verhandlung nicht nachzuweisen war, wer dem Mann den tödlichen Tritt ins Auge versetzt hat.
    In Lampertheim stirbt im Herbst 1992 eine dreiköpfige Familie aus Sri Lanka in einer brennenden Flüchtlingsunterkunft und ebenfalls im Jahr 1992 steht in Rostock-Lichtenhagen die zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber des Landes Mecklenburg-Vorpommern in Flammen. Rund 120 Vietnamesen müssen sich vor dem Feuer auf das Dach des Gebäudes flüchten und können nur knapp gerettet werden.
    Was ich damit sagen möchte? Wäre bei all diesen Fällen auch nur ein Rocker unter dem Mob gewesen, hätten die großen und bekannten Motorradclubs in Deutschland eine beispiellose Polizei- und Medienkampagne erlebt. Ich sehe die Schlagzeilen vor meinem inneren Auge, die quer durch die Republik die Titelseiten beherrscht hätten. Die Luft hätte wahrhaftig gebrannt.
    Bei den neun erschossenen Türken und Griechen, die den Herren Mundlos und Böhnhardt vom NSU zum Opfer gefallen sind, passierte in den ersten Jahren etwas ganz anderes. Da nicht sein durfte, was nicht sein kann, wurde über einen unerträglich langen Zeitraum das persönliche und geschäftliche Umfeld dieser Menschen

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