Ziemlich böse Freunde: Wie wir die Bandidos in Deutschland gründeten (German Edition)
Stadtplaner und auch Polizisten am Ende des Tages lieber verhandeln, wenn es um die Sicherheit des Rotlichtbezirks in einer Stadt geht? Mit den Präsidenten eines Rockerclubs oder mit ein paar Russen und Albanern?
Waren die unter der Security von Rockerclubs stehenden Rotlichtviertel im Land nun sicher und sauber oder waren sie ein Sumpf aus Schmutz, Kriminalität und Zwangsprostitution? Das müssen die beteiligten Stadtväter für sich entscheiden, und wenn sie das ganze Gewerbe lieber wieder in ausländischer Hand sehen, dann soll es gerne so sein. Das Heil des Bandidos MC hängt nicht von Bordellen, Saunaclubs oder Laufhäusern ab.
Wir werden fast täglich mit Klischees und Stereotypen konfrontiert, die letztlich so einfach aus der Welt zu schaffen wären, wenn sie auch nur einmal kritisch hinterfragt werden würden. Natürlich gibt es auch in unserem Club Mitglieder, die in ihrem Leben ein paar krumme Dinger gedreht haben und die das von Fall zu Fall auch heute noch tun. Das ist doch keine Frage. Aber es ist doch auch klar, dass sich Mitglieder von Outlaw-Motorcycle-Clubs durchaus bewusst sind, dass sie sich in einem Land bewegen, dass von Gesetzen geregelt wird. Und wer sich nicht an diese Gesetze hält, muss mit den üblichen Konsequenzen rechnen und im Zweifel für ein paar Jahre in den Bau gehen.
Es ist halt nun mal nicht so, dass beispielsweise der Schlachthofgehilfe X für sich beschließt, dass er nicht mehr für 2000 Euro brutto im Monat buckeln möchte, und stattdessen zu den Bandidos wechselt, dort also zum »Banditen« wird, der nicht mehr arbeiten muss und trotzdem 6000 im Monat zur Verfügung hat – und zwar brutto gleich netto, denn ein Verbrecher muss ja keine Lohnsteuer zahlen. So ist es leider nicht, auch wenn das ein schönes Bild ist und uns noch wilder und noch gefährlicher machen würde.
Große, internationale Clubs wie die Bandidos bezeichnen sich in der Tat selbst als Outlaw-Motorcycle-Clubs, aber das bezieht sich eben nur auf die Regeln innerhalb des Clubs und auf die Regeln, die seit Jahrzehnten schon zwischen den einzelnen Clubs herrschen: Und die besagen eben, dass man die Dinge im Club oder zwischen den einzelnen Gruppen intern regelt – ohne Anzeigen, Gerichtsverfahren und Rechtsanwälte.
Wenn ein Bandido ein neues Motorrad will, wird er es sich kaufen. Ebenso das Bier und das Schweinefleisch für den Grillabend. Der Begriff »Bandido« auf dem Rücken ist der Name eines extrem coolen Motorradclubs und keine Berufsbezeichnung für den Träger dieses Colours. Ebenso wenig, wie ein Hells Angel ein Höllenengel oder ein Devilsnake eine Teufelsschlange ist. Oder ist der Autoverkäufer um die Ecke vielleicht ein Opel, wie es sein Blaumann suggeriert? Wohl kaum.
Es geht nur darum, dass ein Club einen coolen Namen, eine coole Philosophie und eine coole Aura hat. Mehr ist das nicht. Wenn wir uns damals entschlossen hätten, Ghostrider zu bleiben, wären wir nicht automatisch zu Geisterfahrern geworden – sonst würde es uns aus rein praktischen Erwägungen wohl auch nicht mehr geben, denn auf Dauer ist das Leben als Geisterfahrer auf einer Autobahn doch mit gewissen Risiken verbunden.
Wir hatten einen Richter in unseren Reihen. Der stand – wie viele von uns – auf die Bruderschaft und den Austausch mit Gleichgesinnten. Der kam zu Treffen, Rallyes und Partys und wurde mit der Kutte eben nicht zum Tankstellenräuber oder Drogendealer – so schön und spektakulär sich diese Geschichte auch lesen würde … Nein, der Mann mochte die Bruderschaft und die Internationalität. Die Möglichkeit, in ein fremdes Land zu reisen und dort auf Freunde, Brüder und Gleichgesinnte zu treffen.
Und dabei geht es schlichtweg auch um einen Zusammenhalt, den es in unserem Kulturkreis in dieser Art einfach nicht mehr gibt. Wenn man heute einen Türken oder Albaner im Streit umhaut, stehen zwei oder drei Stunden später im dümmsten Fall 100 Mann vor der Tür, um diese Geschichte wieder geradezurücken. Zieh einem Deutschen den Scheitel neu und es wird niemand für ihn einstehen.
Am deutlichsten wurde mir das, als Les mir von seinem Sohn berichtete, der im Kickboxtraining der einzige Deutsche unter Dutzenden von Ausländern ist. Auf die Frage, was für eine Nationalität Les’ Sohn habe, sagte der, er sei ein Pole. Als er Les davon erzählte, fragte der ihn, weshalb er das behauptet habe. Die Antwort des Jungen war einleuchtend: »Als Deutschen hätten die mich nicht ernst genommen und nur fertig
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