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Zigeunerprinz

Titel: Zigeunerprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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und seinen Schwanz in einem mißlungenen Wedeln kreisen.
    Der Prinz schenkte dem Tier einen skeptischen Blick. »Ein wahrer Zerberus, der an Tapferkeit wettmacht, was ihm an
    Disziplin, Benehmen, Größe und Erscheinung mangelt. So sagt man jedenfalls.«
    Der Prinz selbst war ihr nicht vorgestellt worden. Man konnte von ihr nicht erwarten, daß sie ihn kannte. Wagemutig fragte Mara: »Und Sie, mein Herr?«
    »Ich bin Roderic.«
    Der italienische Graf zog eine Braue hoch. »Seine Königliche Hoheit, Prinz Roderic, Sohn König Rolfs von Ruthenien, Madame.«
    Es herrschte Schweigen. Sie warteten darauf, das wußte Mara, daß sie ihn erkannte und im Gegenzug ihren eigenen Namen nannte. Sie brachte es nicht über sich, ihnen in die Augen zu sehen. Statt dessen streckte sie eine zitternde Hand nach dem Hund aus und sagte: »Es ist mir eine Ehre, Sie alle kennenzulernen. Ich würde Ihnen sagen, wer ich bin, wenn ich das nur wüßte.«
    Dämon machte einen Schritt vorwärts, um ihr die Finger abzulecken, und wand sich vor Vergnügen, als sie ihn hinter den Ohren kraulte.
    »Unloyales Geschöpf«, erklärte Michael.
    »Und häßlich dazu«, ergänzte Jacques gutmütig.
    »Aber glücklich«, seufzte Estes, als Dämon versuchte, in Maras Schoß zu klettern.
    Roderic ließ seinen Blick von dem Hund zu den Männern vor sich wandern. Er sprach nicht; dennoch war seine Miene so strafend, daß jedes Lächeln verblaßte und jedes Rückgrat sich versteifte. Der Hund wurde augenblicklich zurückgezogen. Die Truppe verzog sich. Die alte Zigeunerin stimmte eine schnelle Weise an, und eine Frau mit losem blauschwarzem Haar und hohen Wangenknochen begann zu tanzen und die Aufmerksamkeit aller anderen auf sich zu ziehen.
    »Selbst das Rätsel der Sphinx kann seinen Reiz verlieren. Womit können wir Ihnen dienen?«
    Der Prinz sprach in grobem, fast abweisendem Tonfall. Offenbar schien er sich nicht weiter für sie zu interessieren. Das entsprach keineswegs Maras Wunsch oder Bedürfnissen. Sie sah ihn an, und Panik stieg in ihrem Blick auf. »Ich weiß nicht. Ich - ich kann mich anscheinend nicht daran erinnern, woher ich kam, wo ich lebe.«
    »Ihr Akzent ist nicht der einer Pariserin, aber er klingt interessant, wie die Melodie eines alten Liedes. Ist er typisch für Ihre Provinz?«
    Schon wieder eine Falle. »Das kann ich nicht sagen.«
    Sie konnte sehr wohl. Es war der Akzent der Louisiana-Franzosen. Er ähnelte eher dem Akzent, den die Pariser des vergangen Jahrhunderts gesprochen hatten, als dem des Jahres 1847. Oh, sie kannte den Dialekt; es gab genügend Verbindungen, genug Handel zwischen Paris und New Orleans, um auf dem laufenden zu bleiben, aber der Rhythmus war anders, langsamer, musikalischer, und ab und zu fiel ein Wort oder eine Satzwendung, die vielleicht einst am Hof des Sonnenkönigs aufgeschnappt worden war.
    Mara hatte einen guten Teil ihres Lebens in New Orleans verbracht, war von der Plantage ihres Vaters nahe St. Martinville angereist, um jeden Winter mit ihrer verwitweten Großmutter Helene Delacroix die saison des visites in der Stadt zu genießen. Sie hatte ihr Debüt in der Oper gegeben. In reinstes Weiß gekleidet, mit weißen Rosen im Haar hatte sie Freunde, Verwandte und die zahlreichen in Frage kommenden Verehrer empfangen, die dafür garantierten, daß der Abend ein Erfolg wurde. Wie lange schien das her zu sein!
    Ihr Vater Andre hatte sie immer nach New Orleans begleitet, war aber selten länger als eine oder zwei Wochen geblieben. Er machte sich nichts aus den Amüsements und Unterhaltungen, die Mara und ihre Großmutter so genossen -er zog die Ruhe seiner Plantage inmitten der wogenden Zuckerrohrfelder vor. Früher sei das anders gewesen, hatte Helene behauptet, als Andre Delacroix noch ein junger Mann und unverheiratet gewesen war.
    Seine Gattin, Maras Mutter, war Irin gewesen, eine ruhige Frau mit Augen, deren Farbe dem Nebel über der Bucht von Galway glich und die das zweite Gesicht hatte. Man hatte die Heirat als Mesalliance betrachtet; die Iren waren kaum mehr als unwissende Wilde in den Augen der französischen Kreolen, jener französischblütigen Siedler, die in Amerika geboren waren. Niemand wußte genau, was Andre Delacroix für die Irin empfunden hatte, aber er hatte sie auf seine Plantage gebracht und sie immer freundlich und ehrerbietig behandelt.
    Das hatte nicht gereicht. Maras Mutter hatte bald entdeckt, daß ihr Gatte seine tiefsten Empfindungen Jahre zuvor einer anderen Frau geschenkt

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