Zikadenkönigin
schlugen wie wild, trotzdem stieß die Maschine zwei Tische um. Suppenschüsseln und Geschirr zerschellten mit lautem Geklirr am Boden. Doch dann schoß die Libelle wie eine Spielzeugrakete senkrecht in die Höhe.
Darrow hatte den Apparat bald wieder unter Kontrolle, aber offensichtlich hatte die jähe Beschleunigung einen der Flügel beschädigt. Drei von den transparenten Schwingen bewegten sich in voller Harmonie, während eine, die gleich links am Heck saß, asynchron rotierte. Darrow verlor an Höhe. Im Gleitflug sank er herab.
Abermals versuchte er, den Flügeln mehr Energie zuzuführen, doch wir alle hörten das schrille Jaulen und Klatschen, das von dem defekten Teil herrührte. Dicht über dem Erdboden drehte sich das Gerät um die eigene Achse, stieß gegen eine Pinie und stürzte ab.
Dies bedeutete das höchst dramatische Ende der Festivitäten. Die Gäste waren schockiert und entsetzt. Die Geistesgegenwärtigen unter ihnen eilten zur Unfallstelle, die anderen plapperten blöde durcheinander. Krokodil Nr. 2 ergriff das Mikrofon und befahl Ruhe, doch natürlich achtete kein Mensch auf ihn. Hillis kauerte zusammengesunken und mit verzerrtem Gesicht im Rollstuhl.
Darrow war leichenblaß und blutete. Er hing immer noch angeschnallt in der zerbeulten und verbogenen Pilotenkanzel. Er hatte ein paar Kratzer abgekriegt, und ein Knöchel war gebrochen. Wir zogen ihn heraus. Die Libelle machte keinen arg beschädigten Eindruck.
»Die Flügel haben versagt«, behauptete Darrow unentwegt. »Es war ein Materialfehler. Ich habe meine Sache gut gemacht.«
Zwei kräftige Burschen verschränkten die Arme zu einem Sanitätersitz und trugen Darrow in die Wohnkuppel. Mari Kuniyoshi eilte ihnen hinterher. Ihr Gesicht war kalkweiß, die Hände zitterten. Ihre Miene wirkte starr, irgendwie dramatisch.
In der Wohnkuppel leuchteten hell die Lichter auf, draußen erklang erregtes Stimmengewirr. Plötzlich erloschen die Gartenscheinwerfer. Die Firmenhelikopter starteten, beinahe geräuschlos erhoben sie sich in den nächtlichen Himmel.
Die Menge, die sich um die abgestürzte Libelle geschart hatte, löste sich auf. Nur drei Leute blieben zurück: ich, Dr. Somps und Claire Berger. Claire schüttelte den Kopf. »Mein Gott, ist das schrecklich!« meinte sie.
»Ich bin sicher, daß er bald wieder wohlauf ist«, entgegnete ich.
»Was, dieser Dieb!?« empörte sie sich. »So leicht sollte er nicht davonkommen.«
»Oh! Na ja«, erwiderte ich. Kritisch betrachtete ich die Libelle. »Die Maschine ist lediglich ein bißchen verbogen, etwas Wichtiges scheint nicht beschädigt zu sein. Jedenfalls ist kein Teil der Maschinerie gebrochen. Ein paar Schläge mit einem Hammer oder irgendeinem anderen Werkzeug, und sie ist so gut wie neu.«
Somps glotzte mich an. »Aber begreifen Sie denn nicht? Dr. Hillis wurde gedemütigt. Mittels eines Gerätes, das ich erfunden habe. Ich würde mich schämen, noch ein einziges Wort an ihn zu richten, geschweige denn, ihn um Unterstützung zu bitten.«
»Sie haben ja immer noch seine Tochter«, hielt Claire ihm unverblümt entgegen. Wir starrten sie beide überrascht an. Kühn erwiderte sie unsere Blicke, während sie steif und bolzengerade dastand.
»Richtig«, sinnierte Somps nach einer Weile. »Ich habe Leona vernachlässigt. Und sie ist ihrem Vater so ergeben … ich denke, ich sollte jetzt zu ihr gehen. Mit ihr reden. Mein möglichstes versuchen, um den Schaden wiedergutzumachen.«
»Dazu ist immer noch Zeit, wenn die Situation sich beruhigt hat«, erwiderte ich. »Sie können die Libelle doch nicht einfach an diesem Ort lassen! Der Morgentau würde sie völlig durchnässen. Und Sie möchten doch sicher nicht, daß sich hier Schaulustige versammeln – an ihr herumbasteln, vielleicht sogar lachen. Ich mache Ihnen einen Vorschlag: Ich helfe Ihnen, sie zum Flugplatz hinaufzutragen.«
Somps zauderte. Doch nicht lange, denn seine Flugmaschine lag ihm wirklich sehr am Herzen. Mit zurückgeklappten Schwingen ließ sich die Libelle problemlos tragen. Somps und ich hievten den schweren Rumpf auf die Schultern, Claire ging hinter uns und stützte das Heck.
Während wir zum Tafelberg marschierten, hielt Somps einen wehleidigen, weinerlichen Monolog. Das Unglück hatte ihn tief getroffen. Auf ihre unbeholfene Art versuchte Claire ihn zu trösten, doch der Mann war total niedergeschmettert. Er lamentierte vor sich hin, ohne ein Ende zu finden. Wie jemand, der ein Leben lang jede Unbill schweigend
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