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Zikadenkönigin

Zikadenkönigin

Titel: Zikadenkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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vor Jahren aufgebaut. Moslems, Malaien, Japaner – Sie würden sich wundern, wie gewalttätig manche Leute darauf bestehen, daß man ihnen zuhört.«
    »Redefreiheit«, sagte Turner.
    »Wo ist die Freiheit, wenn sich nur reiche Nationen das Reden leisten können? Das Netz ist teuer, Turner. Für Sie ist es eine Lebensart, aber für uns ist es nur ein riesiges Megaphon für Coca Cola. Wir haben diese Barriere gebaut, um das Gebrüll der übrigen Welt abzuhalten. Es schien uns am besten, die Anlagen hier in den Ruinen aufzubauen, wo sie niemand stören. Dies ist ein guter Ort, um Geheimnisse zu verbergen.« Brooke seufzte: »Sie wissen ja, wie verbreitet die Korruption ist. Jeder, der von ihr berührt wird, kommt in Versuchung. Wir benutzen diese Schüsseln als Nervenzentrum unseres kleinen Netzes. Sie können hier eine Leitung nach draußen schalten – eine richtige Leitung mit Bild. Kommen Sie, Turner, ich kann Ahornsirup einen kostenlosen Anruf in der Zivilisation verschaffen, wenn Sie wollen.«
    Sie wanderten durch halb unter Laub verschüttete Straßen, in denen Schweine und magere Hühner mit wachsamen Augen herumhuschten. Turner sah in einem zerbrochenen Fenster im zweiten Stock ein tätowiertes Gesicht mit Kopfhörern. »Der Murut-Stamm dieses Ortes«, sagte Brooke, als auch er den Mann bemerkte. »Sie sind etwas scheu.«
    Der Hauptschaltraum war ein kleiner weißer Betonkasten, der von wuchtigen Sonnenkollektoren umgeben war. Brooke zog einen Schlüssel aus der Tasche und öffnete ein zerkratztes Vorhängeschloß. Das Innere des fensterlosen Kastens wurde trüb von den winzigen, grüngelben Kennlichtern altmodischer Antennenantriebe und Computer erhellt. Brooke schaltete eine Schreibtischlampe ein und setzte sich auf einen Stuhl, der mit verschimmeltem Plastikschaum gepolstert war. »Alles automatisch, sehen Sie? Die Regierung brauchte die Anlage seit Jahren nicht mehr zu warten. So kommt niemand in Schwierigkeiten.«
    »Abgesehen von euch Eingeweihten«, sagte Turner.
    »Wir machen Schwierigkeiten«, sagte Brooke. »Außerdem war dies von Anfang an meine Idee.« Er öffnete einen staubigen Weidenkorb und zog eine Videokamera aus einer gepolsterten Baumwollhülle. Er klappte sie auf, sprühte das Innere mit Silikon ein und setzte sie auf ein Stativ. »Fast wie zu Hause.« Er verließ den Betonkasten.
    Turner zögerte. Er hatte endlich erkannt, was ihn an Brooke beunruhigte. Brooke war hip. Er benahm sich wie ein typischer Hippie, der genau von den Dingen begeistert war, die allen anderen verboten blieben. Es war erstaunlich, wie schmierig und verdächtig das bei jemand wirkte, der alt war.
    Turner wählte die Privatnummer seines Bruders. Der Bildschirm blieb dunkel. »Wer ist da?« sagte Georgie.
    »Turner.«
    »Oh.« Eine Weile geschah nichts; dann leuchtete der Bildschirm auf und zeigte Georgie in einem kastanienbraunen Hausmantel. Sein Haar war noch vom Kopfkissen plattgedrückt. »Das ist gut. Wir hatten etwas Ärger mit fingierten Anrufen.«
    »Wie läuft's so?«
    »Er stirbt, Turner.«
    Turner starrte ihn an. »Guter Gott.«
    »Ich bin froh, daß du angerufen hast.« Georgie glättete mit zitternden Fingern sein Haar. »Wann kannst du hier sein?«
    »Ich hab hier einen Job, Georgie.«
    Georgie runzelte die Stirn. »Hör mal, ich werf dir nicht vor, daß du weggerannt bist. Du wolltest dein eigenes Leben leben; na schön. Aber dies ist eine Familienangelegenheit, kein Job irgendwo in einem Kaff.«
    »Verdammt«, flehte Turner, »es gefällt mir hier, Georgie.«
    »Ich weiß, wie du den alten Hund gehaßt hast. Aber er ist jetzt nur noch ein sterbender alter Mann. Hör mal, wir halten ein paar Wochen lang seine Hand, und dann gehört alles uns. Denk an die Riviera, Mann.«
    »Das klappt nicht, Georgie«, sagte Turner. Er klammert sich an einen Strohhalm. »Er würde uns doch bescheißen.«
    »Deshalb brauch ich dich doch hier. Wir müssen ihn ständig im Auge behalten, verstehst du?« Georgie starrte aus dem Bildschirm. »Denk an meine Kinder, Turner! Wir sind deine Familie, das bist du uns schuldig.«
    Turners Verzweiflung wuchs. »Georgie, hier ist eine Frau …«
    »Mein Gott, Turner.«
    »Sie ist was Besonderes. Wirklich.«
    »Schön. Dann wirst du sie also heiraten, ja? Und Kinder kriegen.«
    »Also …«
    »Warum verschwendest du dann meine Zeit?«
    »Okay«, sagte Turner. »Ich muß mich um einiges kümmern. Ich ruf wieder an.«
     
    Die Dajaks waren an Land gegangen. Der Prinz lud in Gönnerlaune

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