Zikadenkönigin
waren, die nach Blut schrien. Überall explodierten Molotow-Cocktails, sie kämpften mit den Chinesen, der Sultan wurde als Geisel festgehalten … aber meinen Leuten wurde kein Härchen gekrümmt. Sie hielten den Mob ab wie einen Haufen Fußballfans, als er mein Haus stürmen wollte. Die hatten Mumm, diese Jungs.«
Ein alter amerikanischer Hubschrauber knatterte über ihnen. Seine orangefarbenen Schwimmer berührten beinahe den Mast. Brooke rief der Mannschaft in ihrer seltsamen Sprache etwas zu. Sie holten die Segel ein und warfen den Anker. Sie waren eine halbe Meile vor der Küste. Der Hubschrauber wendete geschickt und ging in einem glänzenden Kreis aus plattgedrücktem Wasser nieder. Einer der Dajaks warf eine beschwerte Leine hinüber.
Sie holten das Seil ein. »Bitte um Erlaubnis, an Bord kommen zu dürfen, Sir!« sagte der Kronprinz. Er und Seria trugen frisches seemännisches Weiß. Sie kletterten über eine Strickleiter vom Schwimmer an Deck. Der dritte Passagier, der Copilot, übernahm die Kontrollen. Die Mannschaft lichtete den Anker und setzte die Segel, der Hubschrauber hob wieder ab.
Der Prinz schüttelte Turners Hand. »Ich glaube, Sie kennen meine Schwester schon.«
»Wir haben uns bei den Filmaufnahmen kennengelernt«, sagte Turner.
»Ah, ja, das war ein schöner Streifen.«
Brooke lockte den Prinzen mit bewundernswertem Takt ins Gewächshaus. Seria warf sich in Turners Arme. »Du hast seit zwei Tagen nicht geschrieben«, zischte sie.
»Ich weiß«, sagte Turner. Er sah sich rasch um und vergewisserte sich, daß die Dajaks beschäftigt waren. »Ich mußte an Vancouver denken. Wie ich mich fühle, wenn ich wieder dort bin.«
»Und wie du dein Dornröschen hinter der Dornenhecke zurücklassen mußtest? Du bist ein hoffnungsloser Romantiker, Turner.«
»Rede nicht so. Das tut weh.«
Sie lächelte. »Ich kann nichts für meine gute Laune. Wir haben zwei Tage nur für uns. Omar wird seekrank.«
Der Fluß strömte wie graues Leichtöl um die Schiffsrümpfe. Die Dschungelbäume lehnten sich vom Ufer herüber; dichte, knotige grüne Matten aus Blattwerk auf dürren, lichthungrigen Stämmen, überwuchert von Schlingpflanzen. Es war ein Schlangenland, ein Blutegelland, ein urweltlicher Gestank, der aus einer tödlichen Feuchtigkeit heraufkochte. Die Luft war so dick, daß die rauchigen Schreie der Vögel sie wie Sägen zu durchschneiden schienen. Insekten wirbelten in dichten Hochzeitsschwärmen über schleimigen Klecksen im Wasser. Verdächtige feuchte Stämme lauerten im grauen Schlamm. Manche Stämme hatten Schuppen und Augen.
Das Tal war gekrümmt wie eine Arterie. Es schlängelte sich giftgrün durch die hohen Hügel. Träge Nebelfahnen klebten auf den Kuppen. Wo es keine Bäume gab, erhoben sich efeubewachsene Steilklippen. Der Himmel war grau, die Sonne ein sumpfiges Glühen hinter Tonnen von Dunst.
Der Wind flaute ab, und Brooke setzte den winzigen Alkoholmotor des Schiffs in Gang. Turner stand auf dem mittleren Bug, während sie stromaufwärts knatterten. Er fühlte sich benommen und verträumt. Der Kulturschock hatte ihn erwischt; alles schien irreal. Er kam sich vor wie im Fernsehen. Instinktiv dachte er an Vancouver, an Segelbootfahrten hinaus zu sauberen Kieferninseln.
Seria und der Prinz kamen zu ihm in den Bug. »Hübsch, nicht?« sagte der Prinz. »Wir haben es zum Naturschutzgebiet erklärt. Irgendwann wird es hier wieder Tiger geben.«
»Das war klug, Hoheit«, sagte Turner.
»Die Stadt kann sich schließlich selbst ernähren. Viele alte Felder und Terrassen sind heute wieder Dschungel.« Der Prinz lächelte selbstzufrieden.
Am Abend legten sie am Kai einer Flußstadt an. Jahrzehnte zuvor war sie von einer Flut zerstört worden. Auf zertrümmerten Wänden spannten sich Ranken wie die Stahlgitter in Spannbeton. Ein ehemaliges Touristenhotel diente jetzt den Forstaufsehern als Wache.
Sie gingen an Land, um die Truppen zu inspizieren: Royal Malay Rangers in Dschungeltarnfarben und eine Gruppe schwedischer Ökologen vom World Wildlife Fund. Die beiden Aristokraten bereiteten sich begeistert auf einen Spaziergang im Dschungel vor. Während sie sich mit Insektenmitteln einrieben, schwatzten sie freundlich mit den Schweden. Brooke redete sich mit seinem Alter heraus, und auch Turner fand eine Entschuldigung.
Hinter der Stadt erhoben sich Funkantennen und vom Regen fleckige weiße Satellitenschüsseln.
»Störgeräte«, sagte Brooke zwinkernd. »Das Sultanat hat sie schon
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