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Zimmer Nr. 10

Titel: Zimmer Nr. 10 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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Herr Ney?«
    Ney starrte auf den Tisch. Er schien wie versteinert zu sein.
    »Herr Ney?«
    Er sah auf. »Wegen … Elisabeth. Aber i… ich schwöre, dass ich nicht dran gedacht habe, dass … dass ich da mal gearbeitet habe. Ich war nicht lange dort. Ich habe da keinen Zusa… Zusammenhang gesehen. Ich schwöre es.«
    Das sind große Worte, dachte Winter. Man schwört in der Kirche. Oder man glaubt, man tut es. Oder man tut beides. Schwört auf seinen Glauben. Die Kirche bietet kaum Raum dafür. »Erinnern Sie sich, was Sie in dem Hotel gemacht haben?«
    »Ich kann mich nicht erinnern.« Er schien sich zu entspannen, sein Blick wurde ruhiger. »Damals war ich jung, es ist zwanzig Jahre, fünfundzwanzig …«
    »Sie lebten mit Elisabeth zusammen?«, fragte Winter.
    »Herr im Himmel, Sie glauben doch nicht, dass ich …«
    Winter sagte nichts.
    »Bin ich deswegen hier? Weil Sie glauben … glauben, dass ich meine eigene Frau umgebracht habe?« In seine Augen kam wieder Leben. Auch die Worte sprudelten nun schneller, keine Pausen mehr mitten im Satz, mitten im Wort. »Wie können Sie so etwas glauben? Meine eigene Frau?! Wer könnte so was tun?«
    »Haben Sie es getan, Herr Ney?«
    Ney antwortete nicht. Er starrte Winter direkt an, als wollte er seinen Worten mit den Augen Nachdruck verleihen.
    »Haben Sie sie umgebracht, Herr Ney?«
    »NEIN!«
    Winter war zur Tür gegangen und hatte um ein Glas Wasser gebeten. Dann hatte er das Aufnahmegerät auf den Tisch gestellt. Auf die Videokamera wollte er diesmal verzichten. Er war der Meinung, dass sie zu sehr von dem Verhör ablenken würde. Versprach er sich etwas von dem Verhör? Ja. Nein. Ja. Nein. Kein Geständnis. Aber etwas anderes. Einen Teil der Wahrheit.
    Das Wasser war gebracht worden. Ney hatte getrunken wie ein Verdurstender und das leere Glas abgestellt.
    »Möchten Sie mehr?«, fragte Winter.
    Ney schüttelte den Kopf.
    »Wer ist Ellen Börge?«, fragte Winter.
    Ney hob langsam den Kopf. Winter las die Antwort in seinen Augen. Aber da war noch etwas anderes, das er nicht deuten konnte.
    »Warum haben Sie das nicht eher erzählt?«, fragte Winter.
    »Was hätte ich denn erzählen sollen?«, antwortete Ney.
    »Dass Elisabeth eine Schwester hatte. Dass Ellen Börge ihre Schwester war.«
    »Ich … verstehe nicht, warum? Was spielt das für eine Rolle? Das hat doch wohl nichts mit der Sache zu tun?«
    Er lässt Paula außen vor, dachte Winter. Er nennt ihren Namen nicht. Warum nicht?
    »Wenn es keine Rolle spielt, verstehe ich noch weniger, warum Sie es nicht erwähnt haben«, sagte Winter. »Weder Sie noch Elisabeth.«
    Ney breitete hilflos die Arme aus.
    »Und Sie haben nicht erzählt, dass Ellen und Paula gemeinsam in einer Wohnung in Hisingen gelebt haben«, sagte Winter.
    Ney zuckte zusammen. Vielleicht hatte er geglaubt, das Schlimmste sei vorbei. Weil Winter nicht wissen konnte, was er wusste. Oder dass er es nur vermutete. Dabei waren es nicht nur Vermutungen. Es war etwas anderes. Erfahrung, Intuition, Phantasie. Vielleicht noch etwas anderes. Vielleicht Glück. Oder Pech. Das würde sich erst noch herausstellen.
    »Warum haben Ellen und Paula dort gewohnt?«, fragte Winter.
    Ney antwortete nicht. Er schien Winters Worte zu akzeptieren, sie ohne Widerspruch hinzunehmen.
    »Warum haben sie in einer Wohnung gelebt, die Sie gemietet haben, Herr Ney?«
    Wieder zuckte Ney zusammen.
    Wieder hatte Winter Glück gehabt. »Warum haben Sie die Wohnung gemietet, Herr Ney?«
    »Nur für eine kurze Zeit.« Die Antwort war knapp, direkt, in düsterem Ton. Aber sie beantwortete die Frage.
    »Sie haben nie selber dort gewohnt, oder?«
    »Nein.«
    »Warum haben die beiden dort gewohnt?«
    »Nur für eine kurze Zeit«, wiederholte Ney, als hätte er vergessen, was er eben gesagt hatte.
    »Warum?«
    Ney antwortete nicht. Seine Augen konnte Winter nicht sehen. Auf seiner Stirn stand wieder Schweiß. In dem kalten Licht wirkten Neys ergrauende Haare wie Stahlwolle. Sein Blick war woanders. Wenn er zurückkehrt, sagt er vielleicht alles, dachte Winter.
    »Warum, Herr Ney?«
    »Ellen wollte ein bisschen Zeit mit Paula verbringen.« Ney schaute auf. Winter sah ihm an, dass ihm etwas große Schmerzen bereitete. Das weckte aber keine Sympathie. Oder Empathie. »Nur ein bisschen Zeit.«
    »Aber warum?«
    »Weil … weil Paula Ellens Kind war.«
    Winter spürte, dass er zusammenzuckte. Vielleicht hatte Ney es nicht gesehen. Er schien überhaupt nichts mehr zu sehen. Seine Augen waren

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