Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zimmer Nr. 10

Titel: Zimmer Nr. 10 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
Vom Netzwerk:
nicht. Sein Gesicht war nicht das Gesicht eines Mannes und würde es vielleicht nie werden. Zu viel war in der Vergangenheit geschehen.
    »Erzählen Sie«, sagte Winter.
    Der Junge schaute auf. »Was soll ich erzählen?«
    »Vom Wäldchen. Warum sind Sie da gewesen?«
    »Ich hab doch gesagt, dass ich es nicht mehr weiß.«
    »Woran haben Sie gedacht, als Sie rausgefahren sind?«
    »An nichts.«
    »Was hat Sie veranlasst, in die Straßenbahn zu steigen?«
    »Ich … weiß es nicht.«
    »Vor wem haben Sie Angst, Jonas?«
    Der Junge antwortete nicht, schien plötzlich nichts mehr zu hören.
    »Erzählen Sie, Jonas.«
    »Ich … das mach ich doch.«
    »Haben Sie mit jemandem gesprochen, bevor Sie sich auf den Weg gemacht haben?«
    Winter bekam keine Antwort. »Warum haben Sie geglaubt, dass Paula dort liegt?«
    Der Junge schwieg lange. »Es hat was mit dieser … Hand zu tun, die ich damals gesehen habe. Ich … hab … wirklich geglaubt, dass sie da war. Dass Paula dort war.« Er strich sich über die Augen. »Ich kann es nicht erklären.«
    »Es war jemand dort«, sagte Winter.
    »Was?« Er sah Winter fragend an. »Was sagen Sie?«
    »Es lag jemand dort in der Erde, Jonas. Wussten Sie das?«
    »Was?«
    »Wussten Sie das? Als Sie rausgefahren sind? Dort war eine Frau vergraben, Jonas. Dort, wo Sie angefangen haben zu graben. Kaum tiefer als zehn Zentimeter unter der Erde.«
    »P… Paula? War es Paula?«
    »Nein, nicht Paula«, antwortete Winter.
    »Wer war es dann?«
    Winter antwortete nicht.
    »Wer war es?«, wiederholte der Junge.
    »Paulas Mutter.«
    Winter und Ringmar saßen in Winters Büro. Winter verspürte leichte Kopfschmerzen. Er hatte eine Tablette genommen und wartete darauf, dass die Wirkung einsetzte.
    Ringmar putzte sich hörbar die Nase.
    »Hoffentlich ist es nicht ansteckend.«
    »Ist eh zu spät«, scherzte Ringmar.
    Durch das angelehnte Fenster, das Winter gleich beim Hereinkommen geöffnet hatte, drang ein leichter Luftzug.
    »Der Junge muss jemanden in dem Wäldchen beobachtet haben«, sagte Ringmar. »Oder davor.«
    »Warum sagt er es dann nicht?«
    »Wir haben ihn noch nicht oft genug gefragt.«
    »Du kannst gern zu ihm gehen und weitermachen«, schlug Winter vor.
    »Ich glaube nicht, dass uns das im Augenblick helfen würde.«
    »Warum nicht?«
    »Er steht unter Schock.«
    »Wir stehen ja selbst fast unter Schock«, sagte Winter.
    »Was ist eigentlich mit der Liste vom ›Revy‹?«, fragte Ringmar und griff nach dem Papier, das auf Winters Schreibtisch lag.
    »Der Name Christer Börge steht jedenfalls nicht drauf.«
    »Wie heißt er, dein Portier? Saldo? Salko? Der hat doch gesagt, dass sie nicht vollständig ist.«
    Winter antwortete nicht.
    »Und Börge haben wir die Frage wohl auch nicht gestellt?«, sagte Ringmar. »Ob er dort gearbeitet hat?«
    »Doch«, sagte Winter. »Daran erinnere ich mich. Nicht, ob er dort gearbeitet hat, aber als ich ihn nach Ellens Verschwinden befragte, hat er gesagt, dass er noch nie vom ›Revy‹ gehört hat.«
    »Ach nee.«
    »Warum sagt er so was?«
    »Wahrscheinlich wollte er nicht, dass du es erfährst?«
    »Aber wir konnten es doch überprüfen.«
    »Das haben wir ja auch getan.« Ringmar wedelte mit der Liste. »Aber das hat uns nicht weitergeholfen, oder?«
    »Was für ein Sturm«, sagte Winter, stand auf und schloss das Fenster.
    »Hast du danach noch mal mit diesem Portier gesprochen?«, fragte Ringmar. »Wie heißt er?«
    »Salko, Richard Salko. Nein, ich hab nicht mit ihm gesprochen. Bei ihm zu Hause nimmt niemand ab.«
    »Und im Hotel?«
    »Das hat dichtgemacht. Für immer, zum Glück.«
    Das Telefon auf Winters Schreibtisch schrillte. Ringmar beugte sich vor und hob ab. Winter war noch am Fenster.
    »Ja? Ja, hallo. Nein, hier ist Bertil. Ach? Wirklich? Mhm. Mhm. Oh, Scheiße. Ja. Ja. Okay. Tschüs.«
    Im schwarzen Spiegel des Computerbildschirms konnte Winter sehen, wie Ringmar den Hörer aufknallte.
    »Das war Öberg«, sagte Ringmar.
    »Ja? Ja?« Winter spürte Zug vom Fenster. Es zog, obwohl er das Fenster eben zugemacht hatte.
    »Sie haben Speichel an dem Strick gefunden«, berichtete Ringmar, »mit dem Ellen Börge erhängt wurde.«
    »Und?«
    »Es ist Speichel von einer Frau.«
    »Was sagst du da?«
    »Von Elisabeth Ney.«
    »Elisabeth Ney?« Winter spürte das vertraute Kribbeln am Hinterkopf.
    »Mehr haben sie nicht gefunden.«
    »Aber …«
    »Falls sie nicht von den Toten auferstanden ist und die Tat ausgeführt hat, ist sie früher

Weitere Kostenlose Bücher