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Zimmer Nr. 10

Titel: Zimmer Nr. 10 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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hinaustrauten.
    Ohne Licht zu machen, ging er durch den Flur, spürte die Pistole an seiner Hüfte. Der Gang wurde schwach von der Straßenbeleuchtung erhellt, aber die Laternen schwankten so stark im Wind, dass das Licht ziellos über die Wände strich. Die Bäume vor dem Fenster schienen zu tanzen.
    Auch diesmal standen keine Schuhe im Flur.
    Winter kannte Börges Flur und Wohnzimmer, aber in den anderen Räumen der Wohnung war er nicht gewesen. Eigentlich hatte er mit einem Hausdurchsuchungsbefehl wiederkommen wollen, aber nun, da er in der Wohnung war, brauchte er keine Erlaubnis mehr.
    Im Wohnzimmer war es hell genug, um zu erkennen, dass die drei Fotografien aus dem Regal verschwunden waren.
    Winter drehte sich um.
    Am entfernten Ende des Zimmers war eine geschlossene Tür.
    Winter zog seine Waffe, entsicherte sie, durchquerte das Zimmer und stellte sich dicht an die Wand neben der Tür, drückte die Klinke herunter und öffnete die Tür mit der Pistolenmündung. Er wartete einige Sekunden und warf dann einen raschen Blick in das Zimmer. Ein Bett, ein Tisch, ein Stuhl, eine Wand. Er zog den Kopf zurück, wartete, schaute wieder. Wäre jemand im Zimmer gewesen, hätte er es jetzt gewusst. Es war niemand da. Hinter dem Bett war eine Tür, die nur angelehnt war. Winter ging hin und schob sie auf. Auf dem Fußboden blitzte etwas auf. Winter tastete nach einem Schalter und fand ihn. Das Licht war schwächer, als er erwartet hatte.
    Auf dem Fußboden standen Schuhe. Es schienen Hunderte von Schuhen zu sein. Wie ein Zug grauer Lemminge, wie Ratten. Winter fühlte sich plötzlich taumelig. Vor vielen Jahren hatte er einige dieser verdammten Schuhe schon einmal gesehen. Sie waren unverwüstlich. Irgendwo in diesem Haufen würden sie ein Paar finden, dessen Abdruck mit dem Abdruck auf dem Fußboden des Hauptbahnhofs übereinstimmen würde.
    Er zog die Tür der Kammer zu, ging zurück in den langen gewundenen Flur. Er erinnerte ihn an den Hotelkorridor im »Revy«. Winter folgte ihm und sah am anderen Ende eine weitere Tür. Auch sie erinnerte an das »Revy«. Im schwachen Lichtschein, der aus dem Wohnzimmer herüberdrang, sah er es.
    Die Nummer 10 war mit weißer Farbe auf die Tür gemalt. Zwischen den beiden Ziffern war ein Abstand, als gehörten sie nicht wirklich zusammen.
    Die Tür war abgeschlossen. Er stemmte sich mit der Schulter dagegen, sie gab jedoch nicht nach. Er nahm Anlauf und trat mit der Ferse gegen den Riegel. Die Tür flog auf, und er versuchte, nicht gleich hinterherzufallen, die Pistole im Anschlag.
    Drinnen war es finster. Der Raum hatte keine Fenster. Winter erkannte Konturen, aber das war alles. Diese Kammer musste genauso groß sein wie das Schlafzimmer. Wer baute ein Zimmer ohne Fenster? Hatte Börge sie zugemauert?
    Er machte einen Schritt hinein, und der Gestank, den er bereits wahrgenommen hatte, als er die Tür eintrat, verstärkte sich. Ihm kam es ohne Vorwarnung hoch. Er wandte sich von der Tür ab, holte tief Luft. Schweiß brach ihm aus. Herr im Himmel.
    Er riss sich zusammen, tastete nach dem Lichtschalter, blinzelte. Er blinzelte wieder, schaute, blinzelte, schaute.
    Die Stricke hingen ordentlich aufgereiht an Ösen an der nächstgelegenen Wand. Sie glitzerten in derselben stahlgraublauen Farbe wie die Schuhe in der Kleiderkammer.
    Die Arbeitsbank war übersät von Gegenständen. Sie waren alle weiß und spiegelten sich in der Tischplatte wie in Wasser. Der Tisch schien aus Stahl zu sein. Da waren nur Teile von menschlichen Körpern. Arme, Beine, Köpfe, ein Miniaturtorso. Es sah aus wie die Rekonstruktion eines griechischen Tempels nach dem Einfall von Vandalen. Nichts war heil geblieben. Winters Blick streifte seltsame Gussformen aus Holz und Metall, sie wirkten bizarr, phantastische Auswüchse eines kranken Gehirns. Aber die Resultate schienen echt. Er hatte sich schon einmal davon überzeugen können. Jetzt durfte er die Werkstatt sehen.
    Aber Gips riecht nicht. Die Gegenstände sahen zwar aus wie Körperteile, durften aber nicht Ursprung des Gestanks sein. Winter meinte, der Geruch habe nachgelassen in den letzten Minuten, trotzdem hatte er immer noch das Gefühl, das Zimmer sei mit Ammoniak eingesprüht worden.
    Er machte einen Schritt vorwärts und einen zur Seite.
    Die Metallösen an der Wand schimmerten matt wie die Stahlbank und die Stricke. Die Wand schien auch aus Gips zu bestehen. In den großen Ösen hingen noch Reste von Stricken. Sie waren an den Enden ausgefranst, als

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