Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zimmer Nr. 10

Titel: Zimmer Nr. 10 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
Vom Netzwerk:
dem Buggy. Der Mann nahm seine dunkle Brille ab und blinzelte einige Male in dem schwächeren Licht.
    »Hat sie jemals einen Mann erwähnt?« Aneta Djanali beugte sich vor. »Gab es einen Mann in Paulas Leben? Oder eine Frau?«
    Nina Lorrinder zuckte zusammen.
    »Das ist nun mal eine der Fragen, die gestellt werden müssen«, sagte Aneta Djanali. »Das gehört zur Routine.«
    »Nennen Sie das Routine?« Nina Lorrinder musterte Aneta Djanali. »Wie kann man das Routine nennen?«
    »Es ist ein blödes Wort, da gebe ich Ihnen Recht.«
    »Machen Sie so was jeden Tag? Werden jeden Tag Menschen er… ermordet?«
    »Nein, nein.«
    »Was für ein Job«, sagte Nina Lorrinder.
    Aneta Djanali antwortete nicht.
    Nina Lorrinder wandte den Blick ab und schaute zu dem Tisch an der Wand. Die Frau kam gerade mit einem Tablett zurück und stellte es ab. Der Mann deckte den Tisch. Die Frau setzte sich. Das Kind schlief.
    »Sie war nicht lesbisch, falls Sie das glauben«, sagte Nina Lorrinder, die Augen weiter auf die junge Familie gerichtet.
    »Und ich bin es auch nicht.«
    »Ich glaube nichts«, sagte Aneta Djanali. »Im Augenblick darf ich überhaupt nichts glauben.«
    »Das gehört wohl auch zur Routine, was?«
    Nina Lorrinder schaute auf die Tischplatte. Aneta Djanali suchte nach einem Lächeln in ihrem Gesicht, irgendwo, aber da war kein Lächeln.
    »Hat das Gespräch Sie ermüdet?«, fragte sie. »Sollen wir aufhören?«
    »Es gab da einen jungen Mann«, sagte Nina Lorrinder.
    Sie schaute wieder zu dem Paar hinüber. Das Kind war wach geworden, und die Mutter hob es aus dem Buggy. Es schien ein Junge zu sein. Blauer Overall. Die Mutter gab ihm einen Kuss. Der Vater goss Wasser in ein Glas.
    »Hatte Paula einen Freund?«, fragte Aneta Djanali.
    »Nicht jetzt. Jedenfalls nicht, soweit ich weiß. Aber vor einiger Zeit gab es wohl jemanden.«
    »Wen?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Sie haben ihn nie getroffen?«
    »Nein.«
    »Woher wissen Sie dann von ihm?«
    »Paula hat so etwas gesagt.«
    »Was hat sie gesagt?«
    »Sie hat nicht direkt gesagt, dass sie einen Freund hat. Es war nicht ihre Art, so was zu erzählen. Aber ich habe es irgendwie verstanden. Wissen Sie, was ich meine? Solche Sachen, die einem eben auffallen, wenn man befreundet ist. Plötzlich hatte sich was verändert. Wir trafen uns nicht mehr so oft wie früher zum Beispiel. Manchmal hatte sie am Wochenende etwas anderes vor, fuhr irgendwo hin.«
    »Sie ist irgendwo hingefahren?«
    »Tja, zum Beispiel.«
    »Ist das nur ein Beispiel? Oder ist sie wirklich weggefahren? Soweit Sie wissen?«
    »Meinen Sie ins Ausland?«
    »Ich meine irgendwohin.«
    »Das weiß ich nicht. Ich erinnere mich nur, dass ich ein paarmal versucht habe, sie zu erreichen, aber sie schien nicht zu Hause zu sein.«
    »Wann war das?«
    »Vor … einigen Monaten, drei, vielleicht.« Nina Lorrinder machte wieder diese Armbewegung, es wirkte wie ein leichter Spasmus. »Ist das von Bedeutung?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Aneta Djanali. »Das weiß man nie. Aber ich möchte, dass Sie versuchen, sich daran zu erinnern, wann es war, so genau wie möglich.«
    »Ich will es versuchen.«
    »War das ungewöhnlich?«, fragte Aneta Djanali. »Dass Paula die Stadt verlassen hat?«
    »Ich weiß ja nicht, ob sie weggefahren ist. Diesmal. Jedenfalls war es ungewöhnlich.«
    »Sie haben nie darüber gesprochen.«
    »Nein, es ist nie zur Sprache gekommen.«
    »Sie waren nie zusammen unterwegs?«
    »Im Ausland?«
    »Irgendwo.«
    »Nein, falls Sie nicht die Straßenbahn meinen.«
    »Im Augenblick nicht«, sagte Aneta Djanali.
    »Wir haben uns nur in der Stadt getroffen, nicht oft, nicht einmal jede Woche.«
    »Wie haben Sie sich kennen gelernt?«
    Nina Lorrinder schaute zu dem Tisch, wo die junge Familie saß, dann zum Fenster. Aneta Djanali folgte ihrem Blick. Draußen fuhr eine Straßenbahn vorbei, Menschen gingen vorüber. Die Fassade der Domkirche.
    »Wir haben uns in der Kirche getroffen.« Nina Lorrinder deutete hinaus.
    »In der Kirche? Meinen Sie die Domkirche dahinten?«
    »Ja.«
    »Erzählen Sie.«
    »Da gibt’s nicht viel zu erzählen. Ich bin manchmal hingegangen … hab ein bisschen dagesessen und nachgedacht. Zur Abendandacht. Tja …« Nina Lorrinder schaute immer noch in Richtung Kirche. Die Fassade war hinter Bäumen verborgen, die den Kirchplatz umgaben. »Ich geh immer noch manchmal hin.« Sie sah Aneta Djanali an. »Das gibt mir ein gutes Gefühl, Sicherheit, nein, ich weiß nicht, wie ich es

Weitere Kostenlose Bücher