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Zimmer Nr. 10

Titel: Zimmer Nr. 10 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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vom Dienst befreit.«
    »Wir lösen ihn«, sagte Winter.
    »Innerhalb von knapp drei Monaten?«
    Winter antwortete nicht.
    Birgersson zeigte auf den Filofax. »Du hast eben selbst damit angefangen. Manchmal reichen noch nicht einmal achtzehn Jahre.«
    »Wir wissen nicht, ob es ein Verbrechen war«, sagte Winter. »Ellen Börges Verschwinden. Das hast du doch eben auch gesagt.«
    »Ich kenn dich nicht wieder, Erik. Ist diese Sache mit Spanien Angelas Idee?«
    »Nein, meine.«
    »Aber warum?«
    »Ich dachte, darüber sollten wir uns unterhalten, an besagtem hübschen Ort.«
    Fredrik Halders und Aneta Djanali schauten sich ein Video an. Sie sahen eine blonde Frau kommen und gehen, kommen und gehen.
    »Eine schwarze Sonnenbrille ist eine fantastische Verkleidung«, sagte Halders.
    »Und eine Perücke«, ergänzte Aneta Djanali.
    »Ist das eine Perücke?«
    »Ja.«
    »Das kann ich nicht erkennen. Muss man Frau sein, um das erkennen zu können?«
    »Ja.«
    »Würdest du merken, wenn ich eine Perücke trüge? Wenn du mich nicht kennen würdest?«
    »Ja.«
    »Würdest du mich auch noch lieben, wenn ich eine Perücke trüge?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Keine Frau kann einen Mann lieben, der eine Perücke trägt.«
    »Aber Frauen tragen Perücken?«
    »Das ist was anderes.«
    »Warum trägt sie eine Perücke?« Halders zeigte auf den Bildschirm. Die Frau ging gerade. »Ist das eine Verkleidung?«
    »Für wen verkleidet sie sich?«
    »Für uns natürlich. Sie will nicht erkannt werden. Perücke und Sonnenbrille.«
    Aneta Djanali ließ das Band vor- und zurücklaufen. »Ich kapier nicht, warum sie den Koffer zur Aufbewahrung gebracht hat, wenn sie … wusste, was mit Paula passieren würde. Oder wenigstens wusste, dass Paula ihn nicht selber abholen würde.«
    »Weiter«, sagte Halders.
    »Warum ihn überhaupt einschließen? Wenn sie Mittäterin ist? Warum einen Koffer einschließen, den der Mittäter dann abholt? Und das mehr oder weniger öffentlich. In meinen Augen passt das nicht zusammen.«
    »Eine Möglichkeit könnte sein, sie hat es für Paula getan. Hat ihr einen Gefallen getan.«
    »Warum hat sie sich dann nicht bei uns gemeldet?«, fragte Aneta Djanali.
    »Das Übliche«, sagte Halders. »Sie hat Angst.«
    »Angst vor wem?«
    »Vor allem.«
    »Wird sie von jemandem bedroht?«
    »Vielleicht.«
    »Dem Mörder?«
    »Vielleicht.«
    »Aber dann muss es ja einen Kontakt zwischen ihr und dem Mörder geben.«
    Halders antwortete nicht. Er konzentrierte sich wieder auf die Frau. Da war etwas mit ihrem Gang. Sie hinkte nicht, aber sie schien sich zu bemühen, es nicht zu tun. Ihr Gang war irgendwie merkwürdig. Das schien nichts mit der digitalen Wiedergabe, den ruckartigen Bewegungen zu tun zu haben. Hinken oder andere Behinderungen sollten zudem angeblich durch die digitale Bearbeitung stärker in Erscheinung treten.
    »Ist sie der Mörder?«
    Halders drehte sich zu Aneta Djanali um. »Was hast du gesagt?«
    »Ist sie selber die Mörderin?«
    Halders’ Blick kehrte zu der Person mit der blonden Perücke und der schwarzen Sonnenbrille zurück. Sie bewegte sich, als folge sie einem vorgezeichneten Pfad. Er zählte ihre Schritte. »Nein«, antwortete er, »sie hat niemanden ermordet.«
    Aneta Djanali folgte seinem Blick. »Was ist dir aufgefallen, Fredrik?«
    »Siehst du, wie sie geht? Geht sie nicht irgendwie komisch?«
    Aneta Djanali bat ihn, die Sequenz noch einmal durchlaufen zu lassen. Die Frau ging vor und zurück.
    »Doch«, sagte Aneta Djanali schließlich, »sie geht nicht wirklich normal.«
    »Woher kommt das?«
    »Mit ihren Füßen ist irgendwas.«
    »Bist du sicher?« Halders schaute der Frau auf die Füße. Sie trug dunkle Stiefel, vermutlich aus Leder. Sie sahen nicht besonders bequem aus. »Zu enge Stiefel?«
    »Vielleicht«, sagte Aneta Djanali.
    »Was könnte es sonst sein?«
    »Ein Problem mit den Füßen. Oder den Zehen.«
    »Den Zehen?«
    »Ich finde, sie geht wie jemand, der Probleme mit den Zehen hat.« Sie drehte sich zu Halders um. »Probleme mit den Zehen sorgen immer für Probleme beim Gehen.«
    Halders nickte. »Ich hab gehört, dass Leute, denen der große Zeh fehlt, überhaupt nicht gehen können.«
    »Sie kann gehen«, sagte Aneta Djanali mit Blick auf den Monitor, »aber es könnte was mit ihren Zehen sein.«
    »Was meinst du, wie alt sie ist?«, fragte Halders.
    »Was meinst du?«
    Halders versuchte im Gesicht der Frau zu lesen, soweit er etwas davon sehen konnte, und das war nicht viel.

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