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Zimmer Nr. 10

Titel: Zimmer Nr. 10 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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Holz. Zwei Maler standen auf einem Gerüst und strichen die Fassade in einem gelben Farbton, den Halders schon einmal gesehen hatte.
    »Wie die da«, sagte er.
    Sie richtete den Blick wieder auf ihn.
    »Aber auf Dauer ist das nicht gesund«, fuhr Halders fort.
    »Früher jedenfalls nicht. Die Farbe schadet den Lungen. Und dem Gehirn.«
    Sie warf wieder einen Blick auf die Anstreicher.
    »Man kann davon sogar verblöden«, sagte Halders. »Ich glaub zwar nicht, dass die Jungs da oben blöd sind oder es werden, aber es ist besser, kein Risiko einzugehen.«
    Sie hatte immer noch nichts gesagt. Halders fragte sich, wann sie ihn unterbrechen würde. »Deswegen bin ich lieber Polizist geworden.«
    »War das jetzt Ironie?«, fragte sie.
    »Nur ein bisschen.«
    Sie drehte sich wieder um, als akzeptiere sie Halders’ Kommentare und erwarte nichts anderes, als auf der Bank zu sitzen und dem zuzuhören, was da kam. Es war nicht kalt. Halders spürte sogar schwach die Sonne im Nacken. Sein Blick fiel auf ein paar alte Leute, die hinter der Fontäne auf einer Bank saßen. Das Sonnenlicht hellte ihre wächsernen Gesichter auf, die ungefähr den gleichen Gelbton hatten wie die Farbe, mit der die Maler die Hausfassade strichen. Halders hörte Musik von dort, Rockmusik von einem Ghettoblaster, der auf dem Gerüst im zweiten Stock balancierte, konnte den Song aber nicht erkennen. Die Entfernung war zu groß. Die Alten kannten ihn bestimmt auch nicht. Sie gehörten der Generation vor dem Rock’n’Roll an. Gott weiß, was sie spielen würden. Vielleicht gab es für sie nichts mehr zu spielen.
    »Sie wollten mich doch etwas fragen«, sagte Nina Lorrinder.
    »Wie lange kennen Sie Paula?«
    »Das klingt ja so, als würde sie noch leben. Als würde ich sie immer noch kennen.«
    Halders sagte nichts. Nina Lorrinder beobachtete die Maler. Sie kletterten jetzt das Gerüst hinunter. Die Musik war aus.
    »Aber ich kenne sie ja noch«, fuhr sie fort, ohne Halders anzuschauen. »So kann man es ja auch sehen. Man kann es so empfinden.« Sie schaute Halders an. »Verstehen Sie, wie ich das meine?«
    »Ja.«
    »Wieso verstehen Sie das?«
    »Meine Frau ist von einem betrunkenen Autofahrer überfahren worden. Wir haben zwei Kinder.«
    »Das tut mir Leid.«
    »Mir auch. Ich war verdammt traurig und verdammt wütend. Ich kann Sie also verstehen.«
    »Ich war auch wütend«, sagte sie.
    »Warum?«
    »Weil es so … schrecklich war. So schrecklich. Und sinnlos.«
    Halders nickte.
    »Wer macht so was?«
    »Das versuchen wir herauszufinden.«
    »Und warum macht jemand so was?«
    »Auch das versuchen wir herauszufinden.«
    »Aber wie wollen Sie das schaffen?«
    »Indem wir tun, was ich gerade tue, unter anderem.«
    »Das geht ja so langsam«, sagte sie. »Fragen stellen. Und dann müssen Sie die Fragen durchdenken. Wird man nicht verrückt, wenn es so langsam geht?«
    »Nicht, wenn man Maler ist«, sagte Halders.
    Die Maler hatten Feierabend gemacht. Die halbe Wand hatte jetzt einen gelben Ton, aber die Sonne schien auf den ungestrichenen Teil des Hauses, und dort sah die Wand noch fröhlicher aus.
    Die Alten auf der Bank gegenüber hatten auch Feierabend gemacht.
    »Aber es geht ja so langsam«, wiederholte Nina Lorrinder.
    »Anders geht es nicht«, sagte Halders.
    »Ich will es jetzt wissen. Wer. Und warum.«
    »Wie lange haben Sie Paula also gekannt?«, fragte Halders.
    Das Handy klingelte, als er den Kungstorget überquerte. Er sah die Nummer seiner Mutter auf dem Display. Seiner Familie.
    »Papa!«
    »Hallo, mein Schätzchen.«
    »Was machst du, Papa.«
    »Ich will in der Markthalle etwas zu essen kaufen.«
    »Was willst du kaufen?«
    »Ich glaube, Fisch.«
    »Wir haben gestern Fisch gegessen.«
    »Sehr gut.«
    »Ich hab ihn gebraten!«
    »Du bist tüchtig, Elsa.«
    »Lilly hat ein kleines Stück gekriegt, aber sie hat es ausgespuckt.«
    »Das ist aber schade.«
    »Das hab ich auch zu ihr gesagt.«
    »Und was hat sie da gesagt?«
    »Bäauäää!«
    »Was bedeutet das?«
    »Dass sie lieber Milch von Mama will.«
    »Haha.«
    »Aber Mama sagt, die kriegt sie nicht.«
    »Ich weiß, Schätzchen.«
    »Ich finde das blöd von Mama.«
    »Lilly muss jetzt anfangen, ein bisschen Fisch zu essen. Sie wird ja langsam groß.«
    »Sie ist überhaupt nicht groß!«
    »Nein, nicht so groß wie du, Elsa.«
    »Bist du zu Hause, wenn wir kommen, Papa?«
    »Klar bin ich das.«
    »Wir kommen morgen!«
    »Ich glaube, ihr kommt übermorgen.«
    »Ja?«
    »Ich hab ein Geschenk

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