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Zimmer Nr. 10

Titel: Zimmer Nr. 10 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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für dich gekauft. Und eins für Lilly.«
    »Ich hab auch ein Geschenk für dich gekauft, Papa!«
    »Da bin ich aber gespannt.«
    »Jetzt kommt Mama. Küsschen!«
    »Küsschen, mein Schatz.«
    Er hörte Geklapper im Hintergrund und den Aufschrei eines kleinen Kindes. Er hörte die Stimme seiner Mutter. Siv hatte alle Hände voll zu tun.
    »So«, sagte Angela, »das Abendbrot ist geschafft.«
    »Meins noch nicht.«
    »Ich hab verstanden, dass du vor der Markthalle stehst.«
    »Wie denn das?«
    »Die Kunst, Schlussfolgerungen zu ziehen. Kommt dir das nicht bekannt vor?«
    »Nein.«
    Im Hintergrund schrie Lilly.
    »Jetzt ist hier unten alles geregelt«, sagte Angela. »Es wird teuer, wenn wir im Herbst nicht wieder herkommen.«
    »Es ist alles klar«, sagte er.
    »Ist es mit allen Beteiligten geklärt?«
    »Ja«, log er.
    »Du lügst.«
    »Nein.«
    »Du lügst wohl. Was hält denn Onkel Birgersson von dem Plan?«
    »Ich weiß nicht, was er davon hält, wenn ich ehrlich sein soll, aber er hat die Dienstbefreiung bewilligt. Außerdem ist er mit seiner eigenen Krise beschäftigt. Seiner Pensionierungskrise.«
    »Aber du wirst nicht pensioniert.«
    »Natürlich nicht.«
    »Ich will nicht, dass es das Ende deiner Karriere bedeutet. Das war nicht der Si…«
    »Weißling«, unterbrach Winter sie. Er las den Anschlag vor dem Fischladen am westlichen Ende der Halle. »Heute gibt es Weißlingfilets.«
    »Du hast mich unterbrochen.«
    »Leicht in Mehl gewendet, kurz in Olivenöl gebraten, mit Knoblauch, Zitrone und etwas Petersilie. Kartoffelpüree, dazu einen Riesling Hunawihr.«
    »Du scheinst ja ganz gut ohne uns klarzukommen.«
    »Ich komme bis übermorgen und keinen Tag länger klar.«
    »Gut.«
    »Ich sehne mich nach euch.«
    »Trink nicht zum Trost alle Flaschen aus.«
    »Nur der aus 2002 ist alle. Oder wird es heute Abend.«
    »Wir müssen wohl Schluss machen. Lilly ist es auf Großmutters Arm schlecht geworden.«
    »Was hat sie denn?«
    »Nichts.«
    »Für Ärzte ist es nie was«, sagte Winter. »Man muss sich fragen, ob der Arztberuf überhaupt nötig ist.«
    »Willst du mich abschaffen, genauso wie du dich gerade abschaffst?«
    »Kümmre dich um Lilly«, sagte er, sie verabschiedeten sich, und er drückte auf Aus.
    Er betrat das Geschäft, kaufte den Fisch und ging durch den Kungspark nach Hause. Die Laubfarbe der Baumkronen variierte zwischen rot und gelb, wie gefärbte Haare, die wieder ihre ursprüngliche Farbe annehmen. Und bald würden die Haare zu Boden fallen. Und dann würden sie wieder nachwachsen. Es war eine sonderbare Welt.
    Der Vasaplatsen lag verlassen da. Um den Obelisk war es fast immer leer. Manchmal saß jemand auf einer der Bänke am südlichen Ende, aber nicht häufig. Der Vasaplatsen war kein Ort der Erholung, es war nicht einmal ein Park, obwohl er grün war. Doch gerade dieses Viertel war ein Ort der Erholung für Erik Winter. Hierher musste er immer zurückkehren, zum zentralen Punkt der Stadt. Hier im Kern war es ruhig. Im Auge des Orkans.
    Er schloss die Haustür auf und nahm den alten Fahrstuhl zu seiner Wohnung. Der Fahrstuhl war hundert Jahre alt. Solange Winter hier wohnte, war er, wenn auch widerwillig, damit in den dritten Stock hinaufgeklettert. Nie hatte er gestreikt, soweit Winter sich erinnerte, aber es klang ständig, als könnte es jeden Augenblick passieren.
    Winter legte das Paket mit den kleinen Filets auf die Küchenspüle und nahm Olivenöl, Knoblauch und Kartoffeln aus der Vorratskammer. Er schälte die Kartoffeln und schnitt sie in kleine Stücke, öffnete den Wein aus dem Elsass und trank ein erstes Glas. Der Wein war kühl und beruhigend, wie eine tröstliche Berührung von jemand Vertrautem. Als würde schließlich doch alles gut.
    Ein betörender Duft verbreitete sich in der Küche, als er den Fisch mit Knoblauchscheiben in dem Olivenöl anbriet. Er legte etwas Petersilie dazu und drückte eine halbe Zitrone darüber aus. Er aß den Fisch mit dem Püree, das nach Butter und grobem Salz schmeckte, und frischen Brechbohnen. Dazu trank er zwei Glas Wein, und nachdem er den Tisch abgeräumt hatte, nahm er die Flasche mit ins Wohnzimmer.
    Die Grasfläche des Vasaplatsen war immer noch leer. Winter rauchte auf dem Balkon, konnte aber auf dem Balkon gegenüber niemanden entdecken, der auch rauchte. Die Dämmerung kam rasch. Unter seinem Balkon warteten viele auf die Straßenbahn. Da unten liefen alle Gleise zusammen. Hier war der Knotenpunkt der ganzen Stadt. Jeder Bewohner von

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