Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zimmer Nr. 10

Titel: Zimmer Nr. 10 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
Vom Netzwerk:
erstickte alle Laute von draußen. Nur Birgerssons Atemzüge waren zu hören, wenn er Rauch einsog. Sein Zimmer roch nach Tabak, altem und neuem. Auf dem Schreibtisch stand eine leere Kaffeetasse, daneben ein überquellender Aschenbecher.
    »Nimm einen Zug, wenn du möchtest«, sagte Birgersson.
    Man kriegt ja hier drinnen gerade noch Luft, dachte Winter. »Ich versuche, bis nach zwölf zu warten«, antwortete er.
    »Wie Hemingway«, sagte Birgersson. »Der Schriftsteller.«
    »Ich weiß, wer das ist.«
    »Aber bei dem ging es um Schnaps«, fuhr Birgersson fort.
    »Vor zwölf trank er nichts, dann trank er allerdings um so mehr.« Birgersson lächelte. »Am Ende seiner Karriere saß er irgendwo auf der Erde und fing schon um zehn an zu süffeln, jemand machte ihn darauf aufmerksam, dass es noch keine zwölf sei, und da sagte er: ›Zum Teufel, in Miami ist es zwölf!‹«
    »Okay.« Winter holte seine Schachtel mit Corps heraus.
    »Warum rauchst du den Scheiß?«
    »Reine Gewohnheit.«
    Birgersson lachte auf, nahm wieder einen Zug und stieß den Rauch aus. Das Fenster stand zehn Zentimeter breit offen, der Rauch zog hinaus und verschwand im Grau. »Ich hab gehört, dass du dich wieder mit dem Mann von der verschwundenen Frau unterhalten hast«, sagte Birgersson.
    »Ich sitze grad am Bericht über das Verhör«, sagte Winter.
    »Nein, jetzt sitzt du hier. Aber erzähle.«
    »Tja … Ich bin bei ihm leider nicht weitergekommen. Wenn man mit dem überhaupt weiterkommen kann. Er sagt, sie haben sich manchmal gestritten. Aber es sei nichts Ernstes gewesen.«
    »Hm.«
    »Weil sie ein Kind wollte und er noch warten wollte.«
    »Glaubst du, er verbirgt etwas?«
    »Ich weiß es nicht. Was könnte das sein?«
    »Er könnte doch schuldig sein.«
    Winter sah Christer Börge vor sich. War er in der Lage, seine Frau umzubringen, die Leiche zu verstecken und dann so zu tun, als sei nichts? Die Rolle des besorgten Ehemanns spielen, dessen Ehefrau vermisst wird?
    »Ganz ungewöhnlich ist das nicht, weißt du«, sagte Birgersson.
    »Ich weiß.«
    »Hast du ihn ein bisschen unter Druck gesetzt?«
    »So gut ich konnte.«
    »Brauchst du Hilfe?«
    »Glaubst du, er hat was verbrochen?«, fragte Winter. »Glaubst du das wirklich?«
    »Ich glaub gar nichts, wie du weißt. Wir sind nicht in der Kirche. Ich hab bloß gefragt, ob wir diesen Börge noch ein bisschen mehr unter Druck setzen sollten, um zu sehen, ob wir mehr rausholen.«
    »Meinetwegen.«
    »Dann bestell ihn zum Verhör«, sagte Birgersson.
    Als Winter das Präsidium verließ, hatte der Wind aufgefrischt. Er hätte einen Schal gebraucht. Außerdem hatte er in der letzten Stunde Halsschmerzen bekommen. Es war kein verlockender Gedanke, jetzt mit dem Fahrrad nach Hause zu fahren.
    Er hörte ein Auto hupen und drehte den Kopf. Halders winkte hinterm Steuer.
    Winter ging zu ihm.
    »Soll ich dich fahren?«
    »Okay.«
    Winter stieg ein, und Halders machte einen Blitzstart.
    Er fuhr durch die Allén. In wenigen Wochen würden die Bäume nackt sein. Rotes Laub schwebte zu Boden.
    Winter hustete.
    »Erkältet?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Da geht was um. Aneta hat sich heute Morgen auch angeschlagen gefühlt.«
    »Wir haben keine Zeit, krank zu sein, oder, Fredrik?«
    »Nein, Chef.«
    »Es ist lange her, dass du mich Chef genannt hast.«
    »Hab ich das überhaupt jemals?«
    »Vielleicht im ersten Jahr.«
    Halders lachte auf. »Genau, damals, als wir Freunde fürs Leben wurden.«
    Winter lächelte.
    »Eine Zeit lang hab ich geglaubt, dass du deinen Kaffee mit Absicht umgekippt hast«, fuhr Halders fort, »und zwar immer, wenn ich daneben saß.«
    »Deswegen bist du ans andere Ende des Tisches umgezogen?«
    »Na klar.«
    »Ich war nur ungeschickt«, sagte Winter. »Und unsicher.«
    »Was Neues?«, fragte Halders.
    »Wir sind älter geworden.« Winter nickte zur Straße. »Da kannst du anhalten.«
    Halders bog ab.
    »Jetzt treff ich mich mit der Freundin«, sagte er, »Nina Lorrinder.«
    »Viel Glück.«
    »Sie hat noch mehr zu erzählen.«

14
    Nina Lorrinder trug ein Haarband, das in einer roten Nuance leuchtete, die Halders noch nie gesehen zu haben meinte. Er fragte sie.
    »Karmin«, sagte sie und musterte ihn lange.
    »War bloß neugierig«, sagte er.
    »Interessieren Sie sich für Farben?«
    »Mein Vater wollte, dass ich Malermeister werde.«
    Nina schaute hinüber zu dem dreistöckigen Mietshaus am anderen Ende des Platzes. Das Erdgeschoss war gemauert, die beiden obersten Geschosse aus

Weitere Kostenlose Bücher