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Zimmer Nr. 10

Titel: Zimmer Nr. 10 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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zum Gang konnte Winter ein großes Menschengewimmel sehen. Viele trugen Plastiktüten, die vermutlich Bücher enthielten. In Göteborg fand gerade die Buchmesse statt.
    »Hier ist sie jedenfalls nicht«, sagte er wie als Antwort auf Ringmars Frage. Sie glaubten nicht mehr, dass Elisabeth Ney im »Gothia« war.
    »Vielleicht ist sie wirklich nur verwirrt«, sagte Ringmar. Er blieb stehen und betrachtete die Massen vor den Glasscheiben. »Vielleicht ist sie eine von denen.«
    Winter schüttelte den Kopf.
    »Das ist ja, wie eine Stecknadel im Heuhaufen zu suchen«, sagte Ringmar und drehte sich zu Winter um. »Eine verwirrte Stecknadel. Sie kann durch die ganze Stadt irren.«
    »Was ist die Alternative?«, fragte Winter.
    »Das möchten wir lieber nicht wissen.«
    »Gibt es eine Alternative?«
    »Wenn es eine gibt, hängt das alles mehr zusammen, als wir ahnen.«
    »Würde uns das helfen?«
    »Nicht unbedingt.«
    »Höchste Zeit, dass wir eine Suchmeldung rausgeben«, sagte Winter.
    »Wünschen wir uns viel Glück«, sagte Ringmar.
    »Wenn das nicht zynisch ist.«
    Ringmar beobachtete die Menschen auf der anderen Seite der Scheibe, ohne zu antworten. Der Gang war gedrängt voll. Alle waren gezwungen, sich langsam zu bewegen. Hunderte von Gesichtern flossen wie in einem Strom vorbei. Einige schauten herein, sahen Ringmar und Winter an.
    »Wie eine Stecknadel«, wiederholte Ringmar, während er den Heuhaufen auf der anderen Seite musterte. »Birgitta und ich wollten Samstag hingehen.« Er deutet mit dem Kopf auf die Menschenmassen hinter Glas. »Aber jetzt hab ich die Lust verloren.«
    Draußen herrschte Chaos. Die Messe schloss gerade, und alle verließen gleichzeitig das Gelände. Auch in der Hotellobby war das Gedränge groß gewesen. Winter war klar geworden, wie einfach es war, einen anonymen Anruf von einem anonymen Telefon zu tätigen.
    »Wir können zu Fuß zurückgehen«, schlug Ringmar vor.
    Ein Streifenwagen hatte sie hergebracht.
    Sie folgten der Skånegatan nach Norden, am Scandinavium vorbei, dem Gymnasium von Burgården, dem Katrinelundsgymnasium, dem Tempel des Wissens für jene, die die Stadt in eine bessere Zukunft führen sollten. Die Masten über dem Ullevi-Stadion wirkten aus dieser Perspektive schmaler. Winter hatte sie fast zwanzig Jahre lang aus einer anderen Perspektive im Blick gehabt.
    »Mario Ney kann wer weiß wo gewesen sein«, sagte Ringmar.
    »Meinst du, er könnte seine eigene Frau gekidnappt haben?«
    »Ich weiß es nicht. Du bist doch derjenige, der mit ihm zusammen zur Weinprobe geht.«
    »Wieso glaubst du, dass der Ehemann hinter allem stecken könnte?«
    »Manchmal hab ich das Gefühl, dass er hinter ziemlich vielem steckt«, sagte Ringmar.
    »Ich glaube nicht, dass Ney ein besonders guter Schauspieler ist«, sagte Winter.
    »Schauspieler? Er könnte der reinste Psychopath sein. Dazu braucht man kein Schauspieltalent.«
    »Nein.«
    »Er stammt aus einer degenerierten Mafiafamilie auf Sizilien.«
    »Er könnte genauso gut vom Mars stammen«, sagte Winter. »Wir wissen nicht viel über seinen Hintergrund;«
    »Genau.«
    »Aber wir reden jetzt immerhin von seiner eigenen Frau. Und seiner eigenen Tochter.« Winter schüttelte den Kopf.
    »Nein, Bertil.«
    »Schließ niemals die Familie aus«, sagte Ringmar. »Hast du die Regel Nummer eins vergessen?«
    »Es war jemand anders«, sagte Winter. »Er war das nicht.«

18
    Es wurde später Nachmittag, es wurde Abend. Wo war Elisabeth Ney? Als die Dunkelheit hereinbrach, konnte man die Blätter nicht mehr fallen sehen, aber sie fielen. Die Baumkronen wurden immer durchsichtiger. Bald würde man durch sie hindurch auf die andere Straßenseite schauen können, bis zum nächsten Platz, bis zum nächsten Gebäude. War sie dort?
    Sie taten, was sie konnten, all das, was man in solchen Situationen tat und noch ein wenig mehr. Eine Frau war verschwunden. Ihre Tochter war erst kürzlich ermordet worden. Sie war zutiefst schockiert, verwirrt, verzweifelt, niemand wusste, wie es um sie stand. Schon insofern hing ihr Verschwinden mit dem Mord zusammen. Hing es auch noch auf andere Art damit zusammen?
    »Wollen Sie etwa sagen, dass ich was damit zu tun habe?!«
    Mario Ney richtete sich auf, setzte sich aber gleich wieder. Weder Winter noch Ringmar brauchten einzugreifen. Ney machte nicht den Eindruck, als wolle er zuschlagen. Eher noch würde er weglaufen »Hab ich das behauptet?«, fragte Winter.
    Sie saßen in Winters Büro. Offiziell war es kein

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