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Zimmer Nr. 10

Titel: Zimmer Nr. 10 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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nicht aufstehen.
    »Wir hatten es fast«, fuhr Ringmar fort. »Das Geheimnis.«
    »Was für ein Geheimnis?«
    Sie verfielen wieder in ihre Methode, die Routine; Fragen, Antworten, Fragen, Antworten, immer schneller, manchmal holpernd, manchmal geradewegs auf den entscheidenden Punkt zu.
    »Eins, das ihn betrifft.«
    »Nur ihn?«
    »Seine Familie.«
    »Seine Frau? Seine Tochter?«
    »Beide«, sagte Ringmar. »Das hängt zusammen. Die beiden sind ein Fall.«
    »Ja.«
    »Ich glaub es noch nicht. Wir müssen noch tiefer in der Vergangenheit graben.«
    »In der Vergangenheit der Familie?«
    »Ja.«
    »Ist uns etwas entgangen?«
    »Nein.«
    »Hat es etwas mit Neys Herkunft zu tun?«, fragte Winter.
    »Vielleicht. Aber das könnte auch eine falsche Fährte sein. Italien, Sizilien. Vielleicht stimmt die Richtung nicht.«
    »Hat es etwas mit Elisabeths Herkunft zu tun?«
    »Ja. Sie hat ein Geheimnis.«
    »Gehört es ihr allein?«
    »Nein.«
    »Wer weiß mehr?«
    »Mario.«
    »Dann ist es auch sein Geheimnis? Aber es geht um sie?«
    »Ja.«
    »Und um Paula?«
    »Nein.«
    »Und wenn es doch um Paula geht?«
    »Ja, was dann?«
    »Geht es um sie als Erwachsene? Um ihr Leben?«
    »Ich weiß es nicht. Wir wissen immer noch zu wenig über sie.«
    »Wie können wir mehr erfahren?«
    »Das weißt du, Erik. Wir müssen daran arbeiten.«
    »Und wenn es um Paulas Kindheit geht?«
    »Etwas in ihrer Kindheit, das mit dem Mord an ihr zu tun hat, meinst du?«
    »Ja.«
    »Hängt es mit der Familie zusammen?«
    »Ja. Nein. Ja. Nein. Ja.«
    »Zuletzt hast du ja gesagt.«
    »Es hängt mit der Familie zusammen.«
    »Nur mit der Familie? Oder mit jemandem außerhalb der Familie?«
    »Es könnte sein.«
    »Hängt es mit Marios Kindheit zusammen?«
    »Nein. Ich sehe Elisabeth. Es geht um sie. Mario hat es uns gezeigt, ohne etwas zu sagen.«
    »Ihre Kindheit haben wir noch nicht überprüft. Was könnte es in Elisabeths Kindheit geben, das Schatten bis in die Gegenwart wirft?«
    »Wollen wir die Wohnung durchsuchen?«
    »Ich fürchte, da finden wir nichts.«
    »Wo sollen wir dann suchen?«
    »Es gibt nur noch einen Ort.«
    »Paulas Wohnung?«
    »Ja.«
    »Die haben wir schon zweimal auf den Kopf gestellt.«
    »Dann tun wir’s eben noch ein drittes Mal. Das dritte Mal gilt, wie er sagte.«
    »Wer hat das gesagt?«
    »Ich.«
    »Ich glaub, jetzt müssen wir mal eine Pause machen.«
    Im Aufenthaltsraum war es blendend hell wie in einem Operationssaal, jedenfalls verglichen mit der Dämmerung in Winters Büro. Sie tranken Automatenkaffee, der viel zu heiß war. Winter ließ den Plastikbecher stehen. Das war auch eine Routine. Alles war Routine, auch die Phantasie, die Intuition. Denken war Routine. Manche hatten es nur nie gelernt. Denken musste man lernen. Es mochte anstrengend sein, negativ zu denken, aber es war unendlich schwieriger, positiv oder sogar konstruktiv zu denken.
    Ringmar nahm einen Schluck von dem kalt gewordenen Gift und verzog das Gesicht.
    »Lass es stehen«, sagte Winter.
    »Davon sterbe ich schon nicht«, meinte Ringmar.
    »Nächste Woche kommt meine Espressomaschine«, sagte Winter. »Ich stell sie in mein Büro.«
    »Wirklich?«
    Ringmar lächelte und hob den Becher, stellte ihn jedoch wieder ab. Ein Kollege holte sich einen Kaffee aus dem Automaten, nickte ihnen zu und ging, den heißen Plastikbecher zwischen den Fingern balancierend.
    Sie lauschten dem Wind draußen. Er hatte zugenommen, während sie in Winters Büro gesessen hatten, zerrte in den Bäumen vor dem Eingang des Präsidiums. Die Bäume schwenkten die halb nackten Äste, Zweige wie Hände, die langsam zum Abschied winkten. Winter verfolgte die Bewegungen.
    Ringmar sah ihn an. »Denkst du dasselbe wie ich?«
    »Vermutlich.«
    »Ist es ein Symbol, das wir sehen sollten?«
    Symbol. Die weiße Hand. Worin lag die Symbolik? In der Hand selber? Dass es eine Hand war? In der Farbe, der weißen Farbe? Im Abdruck?
    »Die weiße Hand«, sagte Winter mehr zu sich selber.
    »Ich hab sie mir heute Nachmittag noch einmal angesehen«, sagte Ringmar.
    Winter nickte. »Die weiße Farbe«, sagte er.
    »Ja?«
    »Es könnte die Farbe sein.« Winter sah Ringmar an. »Die Farbe. Weiß. Wofür steht weiß?«
    »Tja … Unschuld. Etwas Unschuldiges.«
    »Mhm.«
    »Reinheit.«
    »Ja.«
    »Was denkst du gerade, Erik?«
    »Ist es die Farbe, Bertil? Müssen wir uns auf sie konzentrieren?«
    »Wie weit kommen wir damit?«
    »Und Liebe?«, fragte Winter. »Bedeutet weiß nicht auch Liebe?«
    »Das

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