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Zimmer Nr. 10

Titel: Zimmer Nr. 10 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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hängt wohl davon ab, was man meint«, sagte Ringmar. »In diesem Fall kann es alles Mögliche bedeuten.«
    Winter nickte wieder.
    »Weiß kann auch für den Tod stehen«, sagte Ringmar.
    »Weiß ist die Farbe des Todes. Auf manchen Beerdigungen wird ausdrücklich Weiß gewünscht.«
    Winter wischte einen Speichelfaden von Lillys Mund. Das Kind drehte sich im Schlaf um. Er beugte sich vor und küsste es auf die Wange. Die Haut war weich wie eine Sommerwolke.
    Elsa schnarchte leicht. Er drehte sie vorsichtig um, und das Schnarchen hörte auf. Aber er wusste, es würde wieder losgehen. Die Polypen. Vielleicht musste sie operiert werden. Wahrscheinlich.
    Angela lag auf dem Sofa, die Beine auf der Armlehne.
    »Möchtest du einen Whisky?«, fragte er.
    »Fragst du mich, weil du selbst einen möchtest?«
    »Ich? Warum sollte ich einen Whisky wollen?«
    Sie nahm die Füße herunter und richtete sich auf. »Du kannst mir ein Glas von dem Roten von gestern Abend bringen. Es ist noch etwas übrig.«
    Er ging in die Küche und goss den Rest Wein in ein großes Glas und sich selber zwei Zentimeter Glenfarclas ein. Später würden es vielleicht noch einmal zwei Zentimeter werden, nicht mehr.
    Er kehrte ins Wohnzimmer zurück.
    »Morgen bist du hoffentlich zu Hause, bevor die Mädchen einschlafen.« Angela nahm das Weinglas entgegen.
    »Es war Bertil. Wir sind mit Fragen und Antworten sitzen geblieben.«
    »Schieb nicht ihm die Schuld in die Schuhe.«
    »Du weißt, wie es manchmal geht.«
    »Siv hat angerufen.«
    »Ja?«
    »Sie war heute in der Wohnung. Sie haben den Herd ausgetauscht.«
    »Alles in Ordnung damit?«
    »Das werden wir spätestens merken, wenn wir ihn benutzen.« Sie hob das Glas. »Aber er scheint in Ordnung zu sein.«
    Er nickte. Der Herd in Marbella, die Küche in Marbella. Noch einen Monat, dann … Er hob sein Glas und atmete tief das Whiskyaroma ein: Eiche, Rauch, Sherry. Er nahm einen Schluck und dachte daran, dass er in der Wohnung sein würde, wenn Angela ihren Job antrat. Er wollte schon jetzt dort sein. Nein. Doch. Nein.
    »Ich hab mit Siv gesprochen«, sagte Angela.
    »Das sagtest du schon.«
    »Über Dezember. Sie ist bereit.«
    »Bereit?«
    »Bereit, mir mit den Kindern zu helfen. Wenn ich arbeiten muss. Und wenn du hier immer noch Arbeit hast.«
    »Ich werde dort sein«, sagte er, »bei euch. Die Dienstbefreiung ist bewilligt worden, wie du weißt.«
    »Vielleicht dauert es noch etwas.«
    »Nein.«
    »Ich kenne dich, Erik.«
    Er antwortete nicht.
    »Besser, als du dich selber kennst«, fuhr sie fort.
    »Könntest du allein mit den Kindern reisen?«, fragte er nach einer Weile. »Falls es sich hier … verzögert?«
    »Das hab ich doch schon mal gemacht, oder?«
    Möllerström kündigte das Gespräch an. »Sie wirkt etwas zittrig«, sagte er.
    Winter wartete, während Möllerström ihn verband.
    »Hallo? Hallo?«
    Es klang wie ein Ruf.
    »Ja, hier ist Winter.«
    »Ja … hallo, Nina Lorrinder.«
    »Was kann ich für Sie tun?«
    »Ich … ich glaub, ich hab ihn gesehen.«
    »Wen?«
    »Den Mann … mit dem Paula im Fitnessstudio gesprochen hat. Ich meine ihn wieder erkannt zu haben.«
    »Wo?«
    »In der Kirche.«
    »Der Domkirche?«
    »Ja. Ich bin gestern zur Abendandacht gegangen. Ich wollte nur … eine Weile dort sitzen. Ich wollte nachdenken …« Sie verstummte.
    Winter hörte ihre Atemzüge. Es klang, als wäre sie zum Telefon gerannt. »Ja?«
    »Ich glaube, er war es. Er saß schräg … über den Gang auf der anderen Seite.«
    »Gestern Abend? War das gestern?«
    »Ja.«
    »Warum haben Sie nicht sofort angerufen?«
    Sie antwortete nicht.
    Winter wiederholte die Frage.
    »Ich weiß es nicht. Ich war mir wohl nicht sicher genug. Das bin ich auch jetzt nicht.«
    »Was ist dann passiert?«, fragte Winter. »Nach der Abendandacht?«
    »Ich … bin sitzen geblieben. Er ist aufgestanden und gegangen, an mir vorbei. Dann … bin ich auch raus.«
    »Haben Sie ihn vorher schon mal in der Kirche gesehen?«
    »Nein. Nicht, soweit ich mich erinnern kann.«
    »Wie oft gehen Sie in die Domkirche?«
    »Es war schon eine Weile her. Ich bin nicht … Ich weiß nicht. Nach Paulas Tod … sie und ich … das war etwas, das wir gemeinsam unternommen haben …«
    »Wollen Sie, dass wir zusammen hingehen?«, fragte Winter.
    Es war still, es war schön. Winter war kein Fremder in der Kirche. Das war ein guter Raum. Das Licht war gut. Die Welt draußen verschwand. Die Kirchenfenster ließen ihre eigene Version von der

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