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Zipfelklatscher

Zipfelklatscher

Titel: Zipfelklatscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Hohner
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hinbekommen wollen.
    Nach achtzehn Minuten treffen wir uns oben bei ihm im Hotel. Ich habe mir den Pulli um die Hüften gewickelt, der Umkrempler hat sein Sakko ausgezogen, und macht einen leicht verstrubbelten Eindruck.
    »In zwei Minuten treffen wir uns zur Besprechung. Und ich erwarte bei jedem einzelnen von Ihnen tadellose Optik!«, scheucht er noch im Zacka-zacka-Ton eine Bedienung herum, die sofort abzischt und sich wahrscheinlich noch mal ihre Schürze aufbügelt. Er reicht mir die Hand, ein ziemlich große braungebrannte Hand, sein Hemd hat am Rücken dunkle Schweißflecken, und ich muss ehrlich sagen, dass er mir so schon besser gefällt. Vor allem, weil er sich so artig bei mir bedankt.
    »Danke! Ich muss mich nur schnell umziehen, denn für mich sollte natürlich das Gleiche gelten wie für das Team.«
    Irgendwo im Lendenwirbelbereich bekomme ich eine ziemliche Gänsehaut, die ich aber darauf schiebe, dass mir nach der Hektik gerade ein wenig kalt wird, und nicht darauf, dass der Händedruck von diesem Herrn Krug so fest ist.
    »Passt schon. Bergab rollen lassen dürfte später ja kein Problem sein, oder?«
    Die Maschinen stehen in fünf Paaren aufgereiht zwischen Kirche und Hotelterrasse, neben jeder steht ein Leder-Typ, der allein schon reichen würde, damit die Emerenz sich aus dem Otto-Katalog ein weiteres Sicherheitsschloss für ihre Hintertür bestellt. Perfekt.
    »Darf ich Ihnen etwas anbieten?«
    »Danke, ich muss wieder runter. Sie können mir ja mal einen Winnetou Spritz ausgeben.«
    »Einen Winnetou Spritz? Das isch eine suprrr Idäh!«
    Zum ersten Mal habe ich jetzt den kehligen Schweizer Tonfall so richtig rausgehört, und während um uns herum das Hotelpersonal Aufstellung nimmt, steht dieser David da, guckt mich komisch an und sagt nichts mehr. War das jetzt vermessen von mir, mit dem Drink? Typisch, das Angebot war sicher nur so eine Floskel. Da soll sich einer auskennen mit dieser professionellen Geschäftsführersprache. Wahrscheinlich ist »Darf ich Ihnen etwas ausgeben?« der Manager-Code für »Verpiss dich, und danke, dass du dir umsonst den Arsch aufgerissen hast«.
    Ich bin ziemlich stolz auf meinen selbstbewussten Abgang, weil ich hoch erhobenen Hauptes zwischen den ganzen Harleys durchstapfe, ohne mich weiter zu verabschieden. Die Sache mit den Motorrädern war garantiert das letzte Mal, dass ich für den einen Finger krumm gemacht habe. Mich tröstet außerdem, dass er sich mit seiner gehobenen Gastronomie heute garantiert in der Zielgruppe verhoben hat.
    »Ursula, stellst uns noch einen Kasten Helles mehr in die Kühlung?«
    Ich fresse einen Besen, wenn sich später nicht ein paar abtrünnige Rocker bei mir Fisch und Bier holen, hoffentlich nachdem sie dem da oben sein Etepetete-Süppchen an die Wand geklatscht haben. Denn die Jungs, die da oben neben ihren Maschinen auf das Brautpaar warten, die saufen und stinken. Und lassen sich von frisch gebügelten Schürzen sicher nicht beeindrucken.

Mein Vater sitzt vor dem Haus. Mit einem Buch. Er sieht so tiefenentspannt aus, dass ich mich frage, ob er von dem Sturmschaden überhaupt etwas mitbekommen hat.
    »Was liest du denn?«
    Statt einer Antwort hält mein Vater das Buch hoch.
    »›Killer in Konstanz?‹ Ich denke, du magst keine Krimis? Und jetzt gleich einen Bodenseekrimi?«
    Mein Vater zuckt mit dem Schultern und blättert das Buch wieder auf. Es fällt ihm offensichtlich überhaupt nicht auf, dass der halbe Zaun und ein Baum weg sind und einer dringend mal die Tische abräumen und die Aschenbecher ausleeren sollte.
    »Schön, dass du auch mal wieder da bist! Mit wem warst du denn unterwegs?«
    »Wie, unterwegs?«
    »Du warst doch heute schon in Gollenshausen, in einem roten Audi!«
    »Ich, in einem roten Audi? Ah wo!«
    »Aber die Emerenz hat gesagt, dass du in einem roten Audi gesehen worden bist. Und eine Frau ist gefahren.«
    »Ah so, ja, aber dass das ein Audi war, das hab ich nicht gesehen.«
    »Warst du denn wieder im Krankenhaus?«
    Scheint ja mördermäßig spannend zu sein, dieser Krimi, jedenfalls nimmt mein Vater nicht ein bisschen die Nase aus dem Buch, während er mit mir spricht. Schau mich an, wenn ich mit dir rede!, schießt es mir durch den Kopf, als Kind hat er mich schließlich wegen genau so etwas geschimpft.
    »Ja, also ja, der Zeh halt, zur Kontrolle, und dann hat mich jemand mitgenommen.«
    »Nach Gollenshausen? Da musst du doch nie hin!«
    »Mei, also, ich hab mich verlaufen.«
    »Du hast dich

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