Zirkus zur dreizehnten Stunde
badet ihr schön selbst aus.“
Das Seufzen brachte nichts. Faith griff schicksalsergeben nach den schmutzigen Sachen und sackte im nächsten Moment fast in die Knie. Das Gewicht schien mit jedem Korb mehr zu werden. Allerdings wagte sie nicht, sich zu beschweren und zerrte das Zeug zum Fluss hinab. Mischka hatte mit den restlichen Aufräumarbeiten noch genug um die Ohren. Weiteres Klagen von Faith würde nur zu weiterem Tadel führen. Und das half niemandem.
Gestern hatte sie schon einiges zu säubern versucht. Es würde noch ewig dauern, doch es musste einfach getan werden. Es war eine Tortur die Stoffberge zum Fluss zu bekommen, auch wenn dieser nicht wirklich weit vom Lager entfernt war, und der Weg eher bergab führte. Trotzdem hatte Faith immer wieder eine Verschnaufpause einlegen müssen. Als sie endlich ihr Ziel erreicht hatte, taten ihr sämtliche Armmuskeln weh und ihr Rücken schmerzte. Mit einem Keuchen ließ sie den Korb zu Boden fallen und sank kurz daneben nieder.
Einen Augenblick sah sie sich um. Der Fluss war kristallklar und plätscherte fröhlich vor sich hin. Die Ufer waren mit bunten Blumen bewachsen und weiter oben ragten einige Wurzeln von Bäumen ins kühle Nass. Nicht weit entfernt, den Fluss hinunter, gab es einen kleinen Wasserfall. Flussaufwärts gab es noch einen größeren. Da es dort sehr laut war, bevorzugte Faith diesen Ort, der nur von sanftem Rauschen untermalt wurde. Sie sah bis auf den Grund des Wassers. Die Kieselsteine lagen im Flussbett und kleine Fische sausten durch die Stromschnellen.
Weiter oben, am Ende des Weges, schimmerten die bunten Wagen durch die Bäume. Musik wehte zu ihr. Der Zirkus war ein Ort des Lachens und der Freude. Ein Zuhause eben. Jeder wurde gebraucht, jeder wurde akzeptiert und jeder wusste immer, was zu tun war. Die Aufgaben waren fest verteilt und normalerweise lief alles ohne größere Probleme ab. Zumindest, wenn nicht irgendwelche Hitzköpfe durch das Lager fegten und alles ins Chaos stürzten.
Faith drehte sich wieder um und starrte auf ihren Berg an Arbeit. Er wurde einfach nicht kleiner, egal wie lange sie danebensitzen und sich das wünschen würde. Sie seufzte und zog die ersten Stücke aus dem Haufen hervor.
Die Flecken erwiesen sich als äußerst hartnäckig, und Faith schrubbte sich regelrecht die Hände wund.
Die Sonne wanderte weiter. Ihr Magen begann schon ein wenig zu rumoren, doch die Arbeit musste getan werden, und je mehr sie sich ranhielt, umso schneller würde das passieren. Als sie wieder aufsah, begann die die Sonne allmählich wieder den Abstieg im Westen. Es würde zwar noch einige Stunden hell sein, aber der Großteil des Tages war vorbei. Faith war recht weit gekommen, doch es lag immer noch eine Menge Arbeit neben ihr. Inzwischen war sie bei den Kostümen angekommen, die für die Show gebraucht wurden. Sie griff nach einem langen, schwarzen Umhang. Er sah recht schwer aus und offenbarte einen wunderschönen Fall. Die Innenseite war von einem kräftigen Rot, und hier befanden sich natürlich auch die meisten Flecken. Sie seufzte. Das war Damians Umhang. Der Magier würde jeden noch so kleinen Fleck, der bleiben würde, bemerken und sich darüber aufregen. Diejenige, die dann unter seinen Launen leiden würde, wäre Mischka, die ihm in kürzester Zeit einen neuen Mantel fertigen müsste. Es war immer so. Damian dachte in erster Linie an sich und seinen Auftritt. Als ob er bei seinem Können noch großartigen Schnickschnack brauchen würde. Trotzdem legte er Wert darauf. Faith schlug die Augen nieder. Sie würde alles tun, damit er sauber wurde, sonst musste Mischka wegen ihr ein zweites Mal leiden. Das erste Chaos, das sie angerichtet hatten, war schon schlimm genug. Selbst wenn Damian ruhig einen Dämpfer hätte gebrauchen können, musste sie Mischka die Mühen ersparen.
Mit einer ausholenden Bewegung hob sie den Mantel hoch und ließ ihn in den Fluss gleiten. Er wirkte wie eine Wolke aus düsterem Stoff, ehe sie sich in das Wasser senkte und damit verschmolz. Ihre Hände hielten den Umhang noch sanft fest, ihre Augen folgten jeder Bewegung des Kleidungsstückes. Es war faszinierend. Einen Augenblick versank sie regelrecht in Trance, als die Strömung plötzlich Besitz davon ergriff und an dem guten Stück zerrte. An den Seiten drehte sich der Stoff und gab den Blick auf die rote Farbe in seinem Inneren frei. Ein schwarzer Schatten, durchzogen von roten Striemen. Fast wie Blut. Blut, das sich langsam aus dem Stoff
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