Zirkus zur dreizehnten Stunde

Titel: Zirkus zur dreizehnten Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassy Fox

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zum Ufer und aufs Trockene.
    Faith brach in die Knie. Der Umhang klebte noch an ihr, durch die Nässe umschloss er sie und hielt sie am Boden. Ihre Finger krallten sich in den Stoff und wollten sich einfach nicht lösen. Obwohl dieses Kleidungsstück sie doch erst in Lebensgefahr gebracht hatte.
    Ihr Körper musste erst einmal begreifen, dass er nicht mehr dem Tode ausgeliefert war.
    „Alles in Ordnung?“ Diese Stimme! Ihr Kopf ruckte herum. Das Gesicht eines jungen Mannes erschien vor ihr. Seine kurzen, dunkelbraunen Haare klebten in seinem Gesicht. Er sah sie besorgt an, sein Atem ging ein wenig keuchend. Die nassen Klamotten hafteten an seinem Körper.
    Faith hatte ihn noch nie gesehen. Es war keiner aus dem Zirkus, der sie gerettet hatte. Neben ihm lag ein langer Ast, mit dem er sie im Wasser erreicht hatte.
    Er lächelte, doch in seinen Augen stand noch immer Sorge. Vorsichtig berührte er ihr Kinn.
    Faith zuckte zurück. Fremde, die nicht zum Zirkus gehörten, betrachteten die Schausteller sehr skeptisch. Immer wieder hatte Antigone allen eingetrichtert, dass sie sich nur unter Ihresgleichen aufhalten sollten, sich nicht mit Fremden einlassen durften. Sie waren anders, sie alle!
    Er ließ die Hand sofort wieder sinken und räusperte sich. „Entschuldige, ich wollte nur die Wunde in deinem Gesicht untersuchen.“ Er zog eine Tasche, die in der Nähe lag heran.
    Verwirrt fuhr sich Faith übers Kinn. Es tat wirklich weh. Wahrscheinlich war sie gegen einen der Steine gestoßen. Zumindest schien es nicht stark zu bluten, aber wahrscheinlich würde sie einen gewaltigen blauen Fleck davontragen.
    „Danke, das ist nicht nötig“, sagte sie schließlich und sah wieder zu dem Mann. Sein sympathisches Lächeln war nicht verschwunden. Faith versank regelrecht in seinen grünen Augen, die sie weiterhin betrachteten. Etwas lag darin, was sie nicht ganz verstand.
    „Dann lass mich dich wenigstens nach Hause bringen.“ Er stand auf und hielt ihr die Hand hin.
    „Nein“, Faith sprang auf, als wäre sie von etwas gestochen worden oder hätte eine erschreckende Entdeckung gemacht, und schüttelte den Kopf. Sie umklammerte den Umhang, brauchte etwas, das sie vor dem Fremden schützte, eine klare Grenze zog.
    Faith schluckte. Sie wusste, dass es nur Ärger gab, wenn sich jemand aus dem Zirkus einem normalen Bürger zu sehr näherte. Sie trafen die Menschen bei ihrer Vorstellung, unterhielten sie durch ihre Vorführungen und mit ihren bunten Ständen. Die Zirkusleute kamen auf dem Markt mit ihnen ins Gespräch. Solange sie ihre Kostüme trugen, solange die Show stattfand, waren sie mit ihnen zusammen. Außerhalb des Zirkus hielt sie sich von den Menschen fern.
    Warum? Das kleine Wort blitzte in ihren Gedanken auf. Das hatte sie sich noch nie gefragt. Antigone hatte es so angeordnet.
    Weil sie anders waren!
    Zögernd sah Faith zu ihm auf. Er wirkte etwas verwirrt, aber nicht ärgerlich. Wie konnte jemand mit solch einem ehrlichen Lächeln, solcher Fürsorge in den Augen denn eine Gefahr für den Zirkus darstellen? Doch die Regel brannte wie ein gewaltiges Leuchtfeuer in ihren Gedanken.
    „Es … es tut mir leid“, stotterte sie schließlich. „Ich danke dir für die Rettung, aber ich muss alleine nach Hause.“
    „Ich wollte mich nicht aufdrängen.“ Er sah sie mit sanftem Blick an und erneut durchströmte Faith ein seltsames Gefühl. Kein Ärger, der aus seiner Stimme sprach, keine Enttäuschung oder sonst ein negatives Gefühl. Eher … Verständnis schwang in seinem Tonfall mit.
    War er denn wirklich … anders?
    „Es wäre nur sicherer für dich, wenn ich dich begleite.“
    „Danke“, Faith fühlte sich unwohl. Er hatte sie gerettet und sie stieß ihn vor den Kopf. „Der Weg ist nicht weit, ich komme sicher alleine zurecht.“ Sie raffte den Umhang auf die Arme und krallte die Hände in den Stoff.
    „Du gehörst wohl zu den fahrenden Leuten?“, fragte er als sie sich schon abwenden wollte.
    „Ahm … ja“, sie stockte mitten in der Bewegung und sah zu ihm zurück. „Woher weißt du das?“
    Er lachte. „Die Kleidung von euch Schaustellern ist immer sehr anders als das, was die Menschen in den Dörfern oder Städten tragen. Es ist einfach, euch zu erkennen. Zudem macht es immer schnell die Runde, wenn jemand einen Zirkus auf dem Weg zu einem der Festplätze sieht.“
    Faith sah kurz an sich hinunter. Es entsprach wirklich nicht der gängigen Mode, was sie trug. Ihre Kleidung unterschied sich drastisch von