Zirkus zur dreizehnten Stunde
erwiderte sie nur und sah weiter nach vorne.
Ein Knurren erklang. Die Finger von Jack klammerten sich plötzlich um die ihren.
„Das!“, seine Stimme schnitt wie Stahl durch die Luft. Etwas hatte sich an ihm verändert. Nicht zum Positiven.
„Was meinst …“ Schließlich drehte sie sich langsam um.
„Falsch!“, schrie er und in seinem Gesicht verwandelte sich alles in Wut.
Faith wich zurück.
Seine Augen waren auf den Altar gerichtet, auf das Kreuz …
Nein. Jetzt wurde es Faith klar. Er meinte nicht das Kreuz, er meinte das Bild dahinter. Er deutete darauf. Genauer auf den Engel, der am oberen Ende des Fensters über der Jungfrau wachte.
„Das ist ein Engel, Jack“, sagte sie schließlich. Doch schien sie nicht mehr zu ihm durchzudringen.
„Falsch!“, krächzte er erneut. Sein Körper zitterte, seine Stimme schien gar nicht mehr die seine zu sein.
„Jack.“ Sie ging langsam auf ihn zu und wollte die Hand ausstrecken. „Das ist doch nur ein Bild. Das ist nur ein Engel. Beruhige dich bitte.“
„Falsch!“
Der Schrei ließ sie zusammenzucken.
Jack stürmte plötzlich vor und fegte Faith von den Füßen. „Engel kämpfen! Engel bluten!“
Der Ausraster überraschte sie vollkommen. Jack nahm seine Umgebung scheinbar gar nicht mehr wahr. Er stürmte vor, riss Kerzen, Kelche und andere Dekoration vom Altar und schleuderte alles gegen das Fenster.
Ein Klirren erklang und Splitter regneten zu Boden. Jack war völlig außer sich.
„Jack nicht!“ Faith rappelte sich wieder auf und versuchte zu ihm zu kommen.
Mit einer schnellen Bewegung fuhr er jedoch herum und seine Arme schleuderten schließlich alles vom Altar, was sich noch darauf befand.
Faith erstarrte. Der Ausdruck in seinen Augen ließ sie zu Stein erstarren. Sie hatte ihn noch nie dermaßen wütend gesehen. Diese funkelnden Augen, diese unbändige Wut, diese …
Blut, Unmengen von Blut. Schreie von allen Seiten. Kerzen, die zu Boden fielen. Vorhänge gingen in Flammen auf. Überall waren schnelle Schritte zu hören. Ein Reißen ertönte. Ein gurgelnder Laut. Eine Hand mit langen Krallen, die plötzlich an der Tür auftauchte …
Etwas fiel zu Boden. Zersprang klirrend. Kurz darauf wurde weiteres Poltern laut und gewaltige Hitze raubte ihr fast den Atem.
„Was …?“, sie hustete, krümmte sich. Mit einem Schlag fand sie sich wieder in der Realität. Etwas zog sich aus ihren Gedanken zurück, schickte sie mit grausamer Wucht in die Gegenwart zurück.
Die Kirche brannte!
Das Fenster war fast vollkommen zerstört. Jack stand immer noch vor dem Altar und keuchte schwer.
Sie rannte zu ihm.
„Jack komm mit!“ Sie konnte ihn nicht hier lassen. Erst schrie sie ihn an, wollte ihn packen, doch mitten in der Bewegung verharrte sie.
Der Ausdruck in seinem Gesicht war seltsam. Als wäre er gar nicht mehr er selbst. Der Blick spiegelte die Flammen wider. Der Schein verwandelte seine weiße Haut in etwas Diabolisches. Faith starrte ihn nur an. Das Feuer loderte immer weiter auf, die Hitze nahm mit jeder Sekunde zu und ließ das Atmen schwer werden. Jack brüllte erneut, schleuderte die Stühle in der Nähe des Altars beiseite. Seine Augen irrten wild umher.
Gier. Hass. Der Blick eines unbändigen Tieres.
Faith zuckte zurück, riss die Hände hoch und versuchte sich zu schützen, als die Flammen nach ihr schlugen. Sie sprang seitlich über eine Stufe, kippte weg und ein höllischer Schmerz durchfuhr sie. Verdammt! Sie hatte sich den Knöchel verstaucht. Ein Schmerzenslaut entrang sich ihren Lippen. Das Prasseln des Feuers übertönte alles. Die Flammen raubten ihr die Luft.
Dann spürte sie eine Hand, die sie am Oberarm gepackt hatte. Jack, sein Blick starr auf sie gerichtet. Glühende Augen. Sein Gesicht von Flammen erleuchtet.
„Faith“, seine Stimme klang seltsam. Verzerrt! Ruckartig zog er sie an sich, presste sie gegen seinen Oberkörper und begann zwischen den Flammen umherzuspringen.
Alles drehte sich, schien sich zu verschieben, ineinanderzulaufen.
Das musste die Hölle sein, zuckte es durch ihre Gedanken. Das Feuer, der Schmerz, die Unfähigkeit sich selbst retten zu können.
Ein Jaulen. Sie spürte, wie klebriger Saft an Jacks Brust herablief und ihr Gesicht benetzte. Der Qualm schnürte ihr die Luft ab. Sie versuchte, sich weiterhin wachzuhalten. Doch alles verschwamm.
Das Letzte, was sie mitbekam war ein lauter Knall. Etwas ging zu Bruch. Einen Moment wurde ihr Körper durch die Luft geschleudert. Als er aufkam,
Weitere Kostenlose Bücher