Zirkus zur dreizehnten Stunde
gibt es Bedingungen“, meinte er und ging auf sie zu.
„Und … was?“ Lillian legte den Kopf schräg.
„Nichts, was dir schwerfallen sollte.“ Ein Lächeln schlich sich auf Damians Lippen. Er strich sanft über ihr Kinn. „Ein wenig Blut“, sagte er und näherte seine Lippen ihrem Ohr, bevor er weitersprach. „Ein Kuss … und eine Nacht.“
„Was?“ Sie wich zurück. „Weshalb sollte das nötig sein?“
„Nichts ist umsonst, kleine Füchsin“, erklärte er kalt. Das Spiel hatte ihm lange genug gedauert. „Das Blut brauche ich als Wegweiser, immerhin willst du ihm doch nahe sein.“ Er ging um sie herum. „Der Kuss, ist meine Bezahlung. Und die Nacht, nun“, er hielt an, „ist Bezahlung und Absicherung.“
„Wie?“, sie wirkte verwirrt.
„Du betrittst die Schattenwelt“, meinte er. „Eine Füchsin, die nur die Welt der Träume kennt, wäre hier sofort verloren.“ Er drängte sie zurück, bis sie an einen Baum stieß. „Doch ich gebe dir die Möglichkeit, ein wenig von meiner Macht in dir aufzunehmen. Sie wird dich schützen.“
„Das ist –“, sie brach ab. In ihr stritten unverkennbar die Gefühle.
„Ein unschlagbares Angebot“, seine Lippen näherten sich den ihren.
Sie versuchte auszuweichen.
„Das ist ein widerwärtiges Angebot.“
Der Magier fuhr herum. Wer wagte es, sich hier einzumischen? Seine Zähne pressten sich wütend zusammen. Am anderen Ende des Hains trat Felicitas zwischen den Bäumen hervor.
„Keine Frau, der du dich genähert hast, hatte jemals einen Schutz, wenn du mit ihr fertig warst.“ Die junge Wölfin zeigte keine Angst, nur die Augen wirkten etwas unsicher.
„Was weißt du schon?“, erwiderte er abfällig.
„Ich habe oft gehört, wie Antigone über deine Eroberungen sprach.“ Ihre Augen verengten sich. „Und Lillian wird keine von ihnen werden!“
Etwas geschah mit ihr. Sie hatte sich verändert. Vor Damian stand nicht mehr das schüchterne Mädchen, das nicht wusste, wie es mit seinen Kräften umgehen sollte. Felicitas Zähne verlängerten sich, ihre Augen nahmen ein leuchtendes Gelb an. Dieses Mädchen war tatsächlich erwachsen geworden.
„Misch dich nicht in Dinge ein, die du nicht verstehst“, schnaubte er abfällig und wandte sich wieder an die Füchsin. „Es liegt an dir, ob du Vergebung für deine Taten bekommst, meine Liebe.“
„Lillian!“ Die Werwölfin ließ nicht locker. Sie blickte mit weit aufgerissenen Augen zu ihm und der Füchsin.
Lillians Blick wanderte zwischen Damian und Felicitas hin und her.
Damian schnaubte und griff nach ihrem Handgelenk. Ein Tropfen Blut fiel in seine Hand und der Magier drehte sich um und öffnete einen Spalt breit die Realität. Lillian starrte auf den Riss.
Da waren sie! Augen so leer, leidend. Der Blick ins Nichts gerichtet. Schmerzen verzerrten das Antlitz.
„Es gibt Dinge, die nur wir verstehen.“ Er suchte Lillians Blick. „Was unterscheidet mich denn von dir?“ die Frage musste die Füchsin getroffen haben. Sie zuckte zusammen, die Augen weiterhin auf ihren einstigen Geliebten gerichtet.
„Es … tut mir leid“, flüsterte sie. Der Mann sah sie an, sah sie die ganze Zeit einfach nur an. Er ging nicht, blieb einsam auf diesem Feld stehen und starrte zu ihr.
„Komm mit mir“, flüsterte er. Damian griff langsam nach ihren Haaren. Sie bemerkte es scheinbar nicht einmal. Den Blick weiter auf ihre Liebe gerichtet, versank sie offenbar in dessen Augen.
Damian kannte diesen Blick. Diese Verzweiflung, diese graue Einsamkeit darin. Wahrscheinlich wünschte sie sich, dass sie an seiner Stelle wäre.
Plötzlich reagierte sie. Anstelle nach Damians Hand zu greifen und einfach mit ihm zu gehen, hetzte sie los. Ohne zu zögern, griff sie in den Riss, in den Spalt, der in die andere Welt führte. Der Nebel legte sich um sie, ließ ihre Konturen verschwimmen.
Damian fluchte. Niemand griff so einfach in die Unterwelt ein, niemand wiedersetzte sich der Hierarchie des Jenseits. Er sah wie lange Fangarme nach ihr griffen, ihre Arme umwickelten und blutige Spuren zurückließen.
„Komm mit“, rief sie ihrem Geliebten zu.
Seine Augen flackerten auf. Leben kehrte darin zurück. Er reagierte! Lillians Augen leuchteten auf. Hinter ihm tauchte ein schwarzer Schemen auf. Ein grauenvolles Zischen und Rumoren erklang.
Etwas schoss vor, krallte sich in ihre Haut, riss eine klaffende Wunde in ihren Körper. Sie wurde immer tiefer in den Riss gezogen.
Da stürmte Felicitas los. „Nein!“
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