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Zirkus zur dreizehnten Stunde

Zirkus zur dreizehnten Stunde

Titel: Zirkus zur dreizehnten Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassy Fox
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in diese seltsame Vision völlig übersehen. Doch hier gab es keine Schatten, keine schlechten Gefühle. Hier waren einfach nur Frieden und Ruhe gegenwärtig.
    Aaron erzählte über sein Studium in London. Faith lauschte seinen Worten, saugte jedes einzelne davon auf.
    Sie war zum ersten Mal, seit sie sich erinnern konnte, in einer Stadt. Sie saß mit einem jungen Mann hier, an dessen Lippen sie hing wie die Biene am Honig. Es gab so vieles, wofür man seine Zeit verwenden konnte, so viel, worum man sich keine Gedanken machen musste, wenn man einfach nur ein Leben in einem festen Umfeld führte. Faiths Träume nahmen immer mehr Gestalt an.
    Der Nachmittag brach schon an, als Aaron sie zur Kutsche führte, die in der Nähe gewartet hatte. Es folgte eine kurze Fahrt. Faith versuchte alles in sich aufzunehmen, doch es war als würde sie überschäumen. Es war so vieles, so schön.
    Dann erfasste sie Erstaunen und sie konnte nicht anders als ihre Augen aufzureißen.
    Die Kutsche blieb stehen, die beiden stiegen aus. Vor ihnen erhob sich ein wunderschönes Gebäude. Eine Kirche. Faith blieb davor stehen und blickte ehrfurchtsvoll die Fassade hinauf. Die Spitze des Turmes schien direkt in den Himmel zu fahren und ihn aufzureißen.
    Bisher war sie noch nie in einer Kirche gewesen. Sie konnte ihren Blick nicht abwenden, bis Aaron nach ihrer Hand griff und sie durch die große Eingangstüre führte.
    Ein gewaltiger Raum erstreckte sich vor Faith. Links und rechts standen etliche Bänke, die zum Altar führten, von wo ihr das Kreuz mit Jesus entgegenstarrte. Ein seltsames Gefühl durchströmte sie. Der Zirkus hatte seine eigenen Regeln und Moralvorstellungen und war in keiner Weise an einen normalen Glauben gebunden. Sicher kannten sie die gängigen Religionen, die vertreten waren, aber keiner im Zirkus bekannte sich zu einer davon.
    „Ich … bin ein sehr gläubiger Mensch“, begann Aaron schließlich leise und erlangte ihre Aufmerksamkeit wieder. „Ich hoffe, das enttäuscht oder stört dich jetzt nicht.“
    „Nein.“ Faith lächelte und sah sich wieder um. „Es ist … sehr schön hier.“
    Aarons Augen leuchteten und er folgte langsam dem mittleren Gang entlang nach vorne. Ihre Schritte hallten in dem hohen Raum und Faith hatte den Eindruck, als würde ständig jemand neben ihnen hergehen. Sie ließ den Blick umherwandern, sah die Bänke, einige Bücher, die noch auf den Ablageflächen lagen, seitlich gab es Nischen, in denen unterschiedliche Statuen standen. Weiter vorne kamen sie an die Kanzel, daneben der Altar. Er war mit Blumen und Kerzen geschmückt und das gewaltige Kreuz mit Jesus daran blickte auf die Besucher herab. Ein Schauer jagte Faith über den Rücken. Hinter dem gewaltigen Monument sah sie ein Bild an der Wand, das unterschiedliche Szenen zeigte.
    Die Jungfrau Maria hielt das Kind in ihren Armen, diverse Heilige umgaben das Zentrum und ganz oben sah Faith einen Engel mit ausgebreiteten Flügeln, der in seinen Händen ein Licht zu halten schien. Der Blick des Engels schien voller Güte zu sein und sie konnte die Augen nicht mehr von dem Wesen abwenden.
    Neben ihr kniete Aaron und faltete die Hände.
    Ihr Blick war unabwendbar auf den Engel gerichtet. Himmlisches Wesen, Überbringer von Gottes Wort, Überbringer von Gottes Rache. Sie kannte einige Geschichten über Engel, hatte jedoch nie so wirklich darüber nachgedacht. Jetzt sah sie dieses Bild und irgendetwas daran kam ihr seltsam vor. Es wirkte … falsch?
    Es ließ sich nicht in Worte fassen. Die Augen des Wesens waren nach unten gerichtet, voll von Güte und Sanftmut. Die Flügel spannten sich von seinem Rücken weit auf und Licht umhüllte seine ganze Gestalt. Das Wesen strahlte so viel Glück und Frieden aus, wie Faith es noch nie gesehen hatte. Trotzdem störte sie etwas daran, auch wenn es ihr nicht gelang, es zu benennen. Langsam stieg etwas aus ihrem Gedächtnis empor. Ein Bild bohrte sich immer weiter an die Oberfläche. Sie sah lange, helle Haare im Wind wehen. Flügel? Das Wesen stand mit dem Rücken zu ihr. Es hatte keine Flügel. Oder doch? Etwas in Faith sagte, ihr, dass da Flügel sind. Ein großes Paar, weiß und voller strahlender Federn. Doch es war nur wie ein Schatten. Was lag hinter der Figur? Etwas schimmerte am Boden. Zu Füßen des Wesens sah sie es sanft im letzten Mondlicht glitzern. Eine Hand, die sich ihr entgegenstreckte. Faith starrte weiter auf das Bild vor ihr und auf das in ihren Gedanken. Sie trat zurück, sah das

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