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Zirkusluft

Zirkusluft

Titel: Zirkusluft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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damit diesmal alles klappt. Bekommen Sie etwas für den Anruf?«
    »Nein, alles Flat hier«, antwortete sie fröhlich.

28
    Lenz sprang am gleichen Morgen aus dem Bus, stellte den Kragen seiner Jacke hoch und überquerte mit schnellen Schritten den Bahnhofsvorplatz. Es war deutlich kälter geworden; auf den Autos, die über Nacht auf dem großen Parkplatz gestanden hatten, war eine dicke Reifschicht zu sehen.
    »Schöne Scheiße!«, wurde er von Uwe Wagner begrüßt, bei dem er einen Kaffee schnorren wollte.
    »Dir auch einen schönen guten Morgen, mein Freund«, gab er zurück. »Was, außer deinem sinnlosen Leben als Pressefuzzi , ist denn noch scheiße?«
    Wagner nahm eine Fernbedienung in die Hand, richtete sie auf den kleinen Fernseher, der auf dem Regal an der Wand stand, und schaltete das Gerät ein.
    »In Kassel ist die Hölle los«, brummte er.
    »Das weiß ich. Wir müssten langsam Ergebnisse vorweisen, sonst kriegt Ludger noch schlechtere Laune.«
    »Nein, Paul, diesmal geht es ausnahmsweise mal nicht um Mord und Totschlag, diesmal geht es um Brandstiftung.«
    Er füllte einen Becher mit Kaffee und reichte ihn Lenz. Im Fernsehen erklärte der Wettermann des Kanals den Zuschauern, warum es in den nächsten Tagen noch weiter abkühlen würde.
    »Heute Nacht haben zwei Dönerläden gebrannt. Einer am Stern, ein richtig großer, der andere auf der Frankfurter Straße, eine ehemalige Tankstelle. Beide mit Molotowcocktails angesteckt.«
    Lenz kratzte sich am Kopf.
    »Das ist wirklich nicht gut, da gebe ich dir recht. Gibt es schon irgendwelche Erkenntnisse?«
    »Die Spurensicherung ist an beiden Tatorten, aber die wissen auch langsam nicht mehr, wo ihnen der Kopf steht. Ich hab vor 20 Minuten mit Weber telefoniert, der die Ermittlungen leitet. Er sagt, es gäbe Flugblätter, die eine Verbindung zu dem Mord an dem Kollegen nahelegen . Von wegen Bullenmörder und so.«
    Das Telefon auf seinem Schreibtisch klingelte.
    »Alle wollen von mir was wissen, aber ich weiß leider nichts. Was glaubst du, wie viele Interviewanfragen ich gestern ablehnen musste, weil ich sowieso nichts Neues hätte sagen können?«
    Er sah seinen Freund ernst an.
    »Also trink deinen Kaffee aus, geh los und such diese Ärsche, die den Kollegen und die anderen beiden umgebracht haben, wenn ich dich wieder richtig lieb haben soll.«
    »Sonst nicht?«
    »Sonst auch«, knurrte Wagner, »aber halt ein bisschen weniger.«
    Nun wurde auf der Mattscheibe die Gegend um den Stern in Kassel eingeblendet, im Anschluss ein völlig ausgebranntes türkisches Restaurant. Aus den Trümmern stieg noch immer leichter Rauch, die Fassade oberhalb war geschwärzt. Überall standen Feuerwehrautos. Eine übermüdet aussehende Reporterin schilderte den Hergang des Brandes und warf die Frage eines Zusammenhangs mit den Morden der letzten Tage auf. Dann schwenkte die Kamera, und das betroffen aussehende Gesicht Erich Zeislingers wurde sichtbar.
    »Neben mir steht der Oberbürgermeister der Stadt Kassel, Erich Zeislinger «, begann die Frau ihr Interview. »Herr Zeislinger , wie können Sie sich diese Wahnsinnstaten erklären?«
    Zeislinger wippte zweimal mit den Zehenspitzen, bevor er antwortete.
    »Zunächst, Frau Braun, sind wir alle überaus erleichtert, dass es sowohl bei diesem wie auch bei dem anderen Brand keine Personenschäden zu beklagen gab, nicht? Wenn es eine positive Meldung an diesem traurigen Morgen gibt, dann diese. Aber nun zu Ihrer Frage: Natürlich sind solche Taten nicht zu erklären. Hier handeln Menschen irrational und dumm.«
    »Sehen Sie die Möglichkeit eines rechtsradikalen Hintergrundes, Herr Zeislinger ?«
    Wieder ließ sich Zeislinger ein paar Augenblicke Zeit, bevor er antwortete.
    »Nun, Frau Braun, die Ermittlungen stehen erst ganz am Anfang. Es gibt diese Bekennerschreiben, die an beiden Tatorten gefunden wurden, aber dazu kann ich Ihnen leider nichts sagen und muss Sie an die Ermittlungsbehörden verweisen. Was ich Ihnen und den Zuschauern allerdings mitteilen kann, ist, dass wir Seite an Seite mit unseren türkischen Mitbürgern und Freunden stehen.«
    »Sie gelten seit Jahren als Verfechter der flächendeckenden Videoüberwachung nach englischem Vorbild, Herr Oberbürgermeister. Wären diese Vorfälle Ihrer Meinung nach dadurch zu verhindern gewesen?«
    »Davon bin ich ganz felsenfest überzeugt, nicht? Jeder potenzielle Straftäter überlegt es sich doch zweimal, etwas Illegales zu tun, wenn er weiß, dass mindestens ein halbes

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