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Zitadelle des Wächters

Zitadelle des Wächters

Titel: Zitadelle des Wächters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas F. Monteleone
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fragte sich, ob das die Einleitung zu einer neuen Geschichte sein sollte.
    Stoor nickte. „Raim kann das. Man kann gar nicht zwanzig Jahre in Zend Avesta beim erfindungsreichsten Volk der Welt verbringen, ohne nicht zumindest etwas gelernt zu haben.“
    „Wovon sprichst du eigentlich?“ Tessa starrte ihn an, während Raim das Fahrzeug weiter durch die Ruinen steuerte.
    „All die Dinge aus der Ersten Zeit funktionieren auf Grund kleiner Teilchen aus Draht und Plastik. Man nannte sie ‚Grillen’, weil sie diesen Tierchen ähnlich sahen. Diese kleinen Teilchen senden spezifische Signale aus, die der Sucher vermerkt, sobald sie in seine Reichweite kommen. Man muß dem Kasten nur sagen, wonach er suchen soll, klar?“
    „Stimmt“, sagte Varian. „Wir brauchen ihn nicht mehr, um vor uns liegende Objekte auszumachen. Wir können diese ja jetzt mit den eigenen Augen sehen. Aber falls eines dieser Objekte wirklich die Zitadelle des Wächters sein sollte, werden wir das nie herausfinden.“
    „Wir könnten unser ganzes Leben damit verbringen, jedes einzelne Wrack zu durchsuchen“, sagte Tessa.
    „Das Leben von uns allen “, sagte Stoor und blickte durch die Frontscheibe nach draußen. Er rieb sich den Bart, betrachtete einen Moment lang den Himmel und fuhr dann fort. „Hört mal, warum lassen wir es nicht für heute nacht genug sein? Raim kann den Sucher justieren, und wir errichten unser Nachtlager, so mit vorzüglichem Nachtmahl und allem, was dazugehört. Wir werden eine ganze Weile hier drinnen beschäftigt sein.“
    Alle stimmten zu. Langsam kam das Fahrzeug unter dem Schatten einer großen Maschine zum Stehen. Früher einmal war diese auf großen Stachelrädern gelaufen, jetzt aber waren nur noch Nadeln aus Eisenoxid übriggeblieben.
     
    Der Himmel war dunkel und wolkenlos, als Varian mit Tessa im näheren Umfeld des Lagers spazierenging. Die Sterne standen hell und kalt am Himmel, und die lyrischen Töne von Raims flötenreicher Arthis woben sich gewandt in die Nachtstille ein. Tessa hielt fest seine Hand, und er bemerkte, daß sie kurz vor der Schwelle zum Zittern stand.
    „Ist dir kalt?“
    „Nein, das ist es nicht.“
    „Tessa, hast du Angst vor mir?“ Seine Stimme klang ruhig und sachlich. „Ist das der Grund? Oder liegt es an diesem Ort? Oder an dieser Arbeit, die wir hier tun?“
    „Vielleicht ist es all das zusammen … ich weiß es nicht, Varian. Ich habe viel nachgedacht – irgend etwas stimmt hier nicht. Zunächst habe ich geglaubt, ein ganz neues Leben würde mich erwarten, seit ich dich getroffen habe … seit du mich gerettet hast …“
    „Also liegt es nicht …?“ Manchmal beschlich Varian das Gefühl, daß alle Frauen das gleiche besondere Wesen hatten, ein Wesen, das Männern für immer ein Geheimnis bleiben würde.
    „Nein, warte, hör mich erst an. Du weißt, welches Leben ich hinter mir habe. Bislang hatte ich nie irgendeinen Einfluß darauf. Niemals! Zuerst mein Vater, dann die Männer, die mich verkauft haben … Ich hatte ja nie auch nur die Gelegenheit, daran zu denken, mein Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen. Mir blieb nie die Zeit, mir darüber klarzuwerden, was ich eigentlich wollte. Bis auf eines: Ich wußte, daß ich nie mit einem Mann zusammen sein wollte, solange ich lebte.“
    „Das kann ich gut verstehen“, sagte er. „Du hast mir einmal gesagt …“
    „Laß mich erst ausreden.“ Sie gestikulierte mit der Hand über die Ruinen, die die beiden umgaben. „Ich komme mir hier wie eine Gefangene vor. Ich fühle mich total beklemmt, und ich wundere mich, daß du und die beiden anderen Männer dieses Gefühl nicht habt. Diese Beklemmung hängt über uns, als hätte sie eine reale Existenz.
    Ich spüre sie, Varian, und sie läßt mich daran denken, was mir bis jetzt in meinem Leben alles widerfahren ist.“ Sie hielt inne, um sich die Augen zu reiben. Langsam schüttelte sie den Kopf.
    „Erzähl weiter …“ Er berührte ihre Schulter, aber sie wich zurück.
    „Es ist nur, daß … ich eine Menge Zeit hatte, über sehr viele Dinge nachzudenken, seit wir diese Reise begonnen haben. Und …“
    „Und du bist zu dem Schluß gekommen, daß du nicht länger bei mir bleiben willst? Das geht doch in Ordnung, Tessa. Ich kann das gut verstehen. Und ich habe dir keine Bedingungen gestellt, als ich dein Leben rettete …“
    Tessa lächelte. „Nein, nein. Das habe ich nicht gemeint. Ganz und gar nicht, Varian. Und daß du überhaupt davon gesprochen hast,

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