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Zitadelle des Wächters

Zitadelle des Wächters

Titel: Zitadelle des Wächters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas F. Monteleone
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sich als ernüchternd realistisch. Die Belästigungen und Grausamkeiten des Riesen nahmen kein Ende, bis Varian sich entschloß, etwas gegen das Ungeheuer zu unternehmen. Tessa hatte es zuerst für das beste gehalten, sich einfach nicht um diese Illusion zu kümmern. Aber unerfreuliche Dinge zu ignorieren läßt sie nicht verschwinden, im Gegenteil, sie werden nur noch schlimmer.
    Das einäugige Wesen wurde mit der Zeit immer lästiger, bis Varian beschloß, ihm im Schlaf das Auge auszustechen. Danach verschwand die ganze Szene, und die beiden fanden sich in ihrem Zimmer wieder: erschöpft, aber unverletzt.
    Stoor wurde in eine fremdartige Landschaft verschlagen, wo er mit einer merkwürdigen Ansammlung von Menschen und Tieren konfrontiert wurde: zunächst mit einem Etwas, das sich (nicht unfreundlich) als Löwe aus Thespiäe vorstellte und das der alte Mann mit seinem Kurzschwert durchbohrte. Danach erschien ein weiterer Löwe, der nemetsche Löwe, und dieses Mal erwürgte Stoor die Bestie. Dann wurde er aufgefordert, ein heimtückisches, pflanzenartiges Ungeheuer namens Hydra zu töten – was ihm auch unter Zuhilfenahme von Feuer gelang. Und endlich erwartete ihn eine ganze Heerschar weiterer, wenig origineller und in ihrem Ablauf ermüdender Konfrontationen. Jedesmal ging es darum, irgendein Untier zu bezwingen: eine Hirschkuh, einen Stier, einen Haufen zur Plage gewordener Vögel, einen dreiköpfigen Hund, der jenem ganz ähnlich war, von dem Raim erzählt hatte, einige äußerst maliziöse Rosse und schließlich auch noch einen gewaltigen, nicht allzu hellen Riesen, der behauptete, die Welt auf seinen Schultern zu tragen (in Stoors Augen sah diese jedoch mehr wie ein etwas zu groß geratener Felsblock aus).
    Raim wiederum schien einem äußerst seltsamen Verwandlungssyndrom zum Opfer zu fallen. Besser gesagt, jedes seiner halluzinatorischen Abenteuer endete, nachdem er mehr oder minder auf Menschen, die in Tuniken oder Roben steckten, reagieren mußte, damit, daß er in irgendein Ding oder Tier verzaubert wurde. Die Liste war schier endlos: in eine Blume, mehrere Arten von Sträuchern und Bäumen, einen Bullen, einen Hirsch, einen Hund und selbst in einen Adler. Jedesmal endete für Raim die Begegnung mit dem aus der Furcht geborenen Gedanken, daß es dieses Mal real sein könnte (obwohl die Intensität dieser Vorstellung auf Grund der ständigen Wiederholung stetig schwächer wurde) …
    Doch am Schluß einer jeden Begegnung stand stets ein Blackout. Der stumme Maaradin erwachte immer wieder erschöpft.
    Er teilte diese Behandlung mit Tessa, der ähnliche Illusionen widerfahren waren – und es waren wirklich Illusionen, obwohl sie so erschreckend real wirkten. Und man konnte sich nur schwer mit der Vorstellung abfinden, daß eine Maschine, und sei sie auch eine, die über die Möglichkeiten des Wächters verfügte, ein derart überzeugendes Spektakel inszenieren und durchführen konnte.
    Ganz besonders dann, wenn diese Illusionen ihren Körper und ihre Geschlechtsteile betrafen.
    Es wimmelte von Vergewaltigungen, die von bizarren Begegnungen mit merkwürdigen Männern begleitet waren – und mit Tieren, etwa einem Schwan, einem Bullen, einem Hirschen und selbst einem Falken.
    Einstimmig wurde beschlossen, in Zukunft immer zusammenzubleiben, damit alle zusammen an zusätzlichen „Inszenierungen“, die der Wächter für sie bereithielt, teilnehmen konnten. Als sie sich spät genug zu dieser Taktik entschlossen hatten, hörten die Illusionen auf.
    Zumindest solange sie wach waren.
    Aber sobald sie abends eingeschlafen waren, erschienen ihnen Alpträume. Auf irgendeine mysteriöse Weise war es der Maschinenintelligenz gelungen, einen Weg zu finden, ihr Unterbewußtsein zu manipulieren.
    Ganz klar, jetzt mußte eine neue Strategie her.
    Varian schlug vor, sie sollten ihre Wachstunden dazu nutzen, ihre Gefängniswelt genauestens zu erforschen. Unter Nutzung von Stoors Erfahrungsschatz bei der erfolgreichen Entdeckung von Monumenten aus der Ersten Zeit und von Varians Ausbildung und Fähigkeiten als Navigator und Kartenleser mußte es ihnen doch möglich sein, sich ein etwas genaueres Bild ihres Gegners zu machen.
    Die folgenden Tage wurden damit verbracht, die verschiedenen Ebenen und Räume der Zitadelle zu erforschen, auszumessen, zu bestimmen und schließlich die physikalischen Ausmaße des Ortes in einer Karte einzutragen. Dieses Projekt verlangte viel Zeit und füllte die Tage ganz aus. Sie widmeten sich

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