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Zitronen im Mondschein

Zitronen im Mondschein

Titel: Zitronen im Mondschein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mayer Gina
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geschieht, müsst ihr euch klarer ausdrücken, dachte sie.
    »Vielleicht erwarten sie ja gar nicht, dass du irgendetwas unternimmst«, hatte Mirko einmal gesagt.
    »Warum erscheinen sie mir dann?«
    »Vielleicht wollen sie sich einfach nur mitteilen. Weil sie sich einsam fühlen … im Jenseits und in ihrem Allwissen um die Welt.«
    »Die Muttergottes fühlt sich einsam? Das ist doch widersinnig.«
    »Ja«, hatte Mirko gesagt. »Aber die ganze Angelegenheit ist widersinnig, also passt eins zum anderen.«
    Ein Krieg, ein schlimmer Krieg stand ihnen bevor. Die jungen Männer würden eingezogen werden, wenn sie sich nicht freiwillig meldeten, und reihenweise sterben. Vanja, Silvan, Sascha, Pito, Enrique. Ludwig, dachte Maria. Sie hatte ihn damals aufgegeben, um ihm das Leben zu retten. Es ist etwas in dir, das ihm den Tod bringt, hatte ihr Madame Argent prophezeit. Die Vorstellung war unerträglich, dass dieses Opfer vielleicht umsonst gewesen sein könnte. Dass sie ihn verlassen und gerettet hatte, nur damit er nun dem Krieg zum Opfer fiele.
    Sie schloss die Augen, faltete die Hände und versuchte sich sein Gesicht vorzustellen, aber das gelang ihr schon lange nicht mehr. Manchmal, wenn sie Mirabella ansah, erkannte sie ihn darin wieder, obwohl alle sagten, dass Mirabella mehr nach ihr kam. »Wo bist du, was tust du?«, murmelte sie. »Bring dich in Sicherheit.«
    »Mit wem redest du denn da?«, fragte Domenica, die plötzlich neben ihr saß.
    Maria fuhr zusammen. Wie sie es hasste, dass Domenica immer so unvermittelt auftauchte!
    »Ich habe gebetet«, gab sie unwirsch zurück. »Schließlich konnte ich heute Morgen nicht mit zur Messe.«
    »Aha.« Domenica runzelte die Stirn und schien darüber nachzudenken, ob Maria sich über sie lustig machte.
    »Hast du gesehen, was dein Töchterchen da drüben anstellt?«, fragte sie dann.
    »Mirabella? Was macht sie denn?« Als sie das Zelt vorhin betreten hatte, hatte Mirabella mit Enrique Karten gespielt. Maria reckte den Kopf. Mirabella spielte immer noch, jetzt saß ihr der alte Josef gegenüber.
    »Sie spielt um Geld«, sagte Domenica. »Meinem Pito hat sie vorhin drei Mark fünfzig abgenommen, bis ich recht bemerkt habe, was da geschieht. Sie gewinnt die ganze Zeit. Es macht die Männer verrückt, sie treten jetzt nacheinander gegen sie an, um ihr auf die Schliche zu kommen, und dein Schätzchen nimmt sie aus wie Weihnachtsgänse.«
    »Das ist doch …« Maria stand auf und ging mit großen Schritten zu ihrer Tochter, die gerade mit zufriedener Miene eine Handvoll Groschen in Empfang nahm. »Was tust du, Mirabella?«
    »Ein neues Kartenspiel«, sagte ihre Tochter unschuldig. »Nikolas hat es mir gezeigt.«
    »Nikolas? Dann ist es ein Trickspiel! Wie viel Geld hast du gewonnen?«
    Mirabella schüttelte den Kopf und legte ihre Hand über ihre Schürzentasche. »Nur ein paar Groschen.«
    »Augenblicklich gibst du den Männern zurück, was du ihnen abgenommen hast. Das ist kein ehrliches Spiel, das ist Betrug.«
    »Maria.« Josef legte seine Karten auf den Boden, die Vorderseiten nach unten. »Jeder weiß, dass es ein Trick ist. Aber es ist ein verteufelt schlauer Trick. Ich will wissen, wie er geht. Ich habe es auch gleich raus.«
    »Das habe ich auch gedacht«, mischte sich nun Silvan ein. »Hab’s aber nicht geschafft. War mir eine teure Lehre.«
    »Gib das Geld zurück, Mirabella!«, sagte Maria, ohne die beiden Männer zu beachten.
    »Es ist meins. Ich habe es mir verdient«, sagte Mirabella, aber sie sah ihre Mutter dabei nicht an.
    »Gib das Geld zurück!«
    Mirabellas Hand krampfte sich über der Schürzentasche zusammen, sie schob die Unterlippe nach vorn, während sie stumm den Kopf schüttelte.
    »Gib mir das Geld!«
    »Es ist ihr Geld«, hörte Maria neben sich eine ruhige Männerstimme. »Sie hat niemanden etwas vorgemacht.«
    Marias Kopf fuhr herum. Mirko. »Was mischst du dich nun wieder ein?«, herrschte sie den Zwerg an.
    »Wenn es doch stimmt«, sagte Mirko leise.
    »Wenn es doch stimmt«, wiederholte Mirabella anklagend.
    Maria seufzte.
     
    »Die Männer hätten das Geld ohnehin nicht mehr zurückgenommen«, sagte Mirko später, als er neben Maria herging, die das schlafende Mädchen in ihr Zelt trug. »Spielschulden sind Ehrenschulden.«
    »Es ging mir nicht um die Männer«, schnaubte Maria. »Es geht um Mirabella. Sie ist sieben Jahre alt und verdient Geld mit Glücksspielen. Das darf einfach nicht sein.«
    »Sie lebt in einem Zirkus und nicht in einer

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