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Zitronen im Mondschein

Zitronen im Mondschein

Titel: Zitronen im Mondschein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mayer Gina
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sich an wie aufgequollener Hefeteig. »Fräulein«, hörte sie jemanden rufen. »Wir möchten bestellen!«
    »Geben Sie mir den Kuchen, wenn Sie nicht wissen, wohin damit.« Es war Otto Franz – sie erkannte seine Stimme sofort, aber sie brauchte einen Moment, bis sie ihn an seinem Tisch neben der Tür entdeckt hatte.
    »Herr Franz! Sie sollten doch nicht mehr hierherkommen.«
    »Ich dachte, die Abmachung galt nur für das Restaurant. Ich wusste ja gar nicht, dass sie auch hier im Café servieren.«
    »Was kann ich Ihnen bringen?« Eigentlich war er mit der Bestellung noch gar nicht an der Reihe, aber da sie nun schon einmal an seinem Tisch stand …
    »Einen Kaffee. Und … was ist jetzt mit dem Bienenstich? Überlassen Sie ihn mir?«
    »Tisch zwölf«, sagte sie. »Jetzt ist es mir wieder eingefallen. Ich komme gleich zurück.«
    »Da wir uns jetzt sehen, kann ich Ihnen ja auch Gudruns Antwort ausrichten«, meinte sie, nachdem sie den Kuchen serviert hatte. »Sie lässt Ihnen ausrichten, dass sie sich über Ihr Interesse freut. Gleichwohl kann sie Sie nicht treffen. Sie ist äußerst beschäftigt.«
    Ach, der dumme Junge
, hatte Gudrun gesagt.
    »Das ist bedauerlich«, sagte Otto. Sie sah, wie sein Spott und seine oberflächliche Heiterkeit plötzlich von ihm abfielen. Er wirkte so verletzt, dass ihr der kühle Ton leid tat.
    »Es ist auch keine Ausrede«, erklärte sie. »Gudrun eröffnet gerade einen eigenen Schneidersalon. Es geht im Grunde also gar nicht um Sie …«
    Er lächelte ein wenig traurig und nickte. »Es ist schon recht, Mira.«
    Im Grunde war er ganz sympathisch, dachte Mira. Viel sympathischer jedenfalls als dieser Schnösel von Pressmann mit seinem vielen Geld, der doch nur auf eine Liebesaffäre mit Gudrun spekulierte, auch wenn Gudrun das nicht einsehen wollte. Ja, wenn sie es sich recht überlegte, dann war Otto mit Sicherheit das kleinere Übel. Wenn Gudrun sich in ihn verliebte, dann würde sie die Finger von Pressmann lassen. Oder Pressmann die Finger von ihr, was auf das Gleiche hinauskäme. Kein Geld, kein Salon, keine Abhängigkeit, kein Schiffbruch. Die ganze Sache würde scheitern, bevor sie richtig angefangen hatte. Und hübsch wie sie war, fände Gudrun doch im Handumdrehen eine neue Anstellung als Ladenmädchen oder als Bedienung.
    »Hören Sie, Otto«, sagte Mira. »Unter Umständen ändert Gudrun ihre Meinung noch. Ich werde noch einmal mit ihr reden.«
     
    In einer Viertelstunde begann ihr Feierabend. Zwei Bestellungen wollte sie noch aufnehmen, danach würde sie die Tische, an denen sie bedient hatte, abkassieren und die offenen Bestellungen an Erna übergeben.
    Dann sah sie die drei Frauen. Hintereinander bahnten sie sich einen Weg durch das Gewirr der Tische. Drei schmale schwarze Gestalten mit hoch erhobenen Köpfen. Drei Schatten aus ihrer Vergangenheit. Mira kniff die Augen zusammen, atmete ruhig durch, öffnete sie wieder. Die drei Frauen nahmen an einem der Tische an der Brüstung Platz, die Rücken so kerzengerade, dass sie die Stuhllehnen nicht berührten. Was wollt ihr von mir? dachte Mira. Geht weg!
    Irgendjemand goss Wasser in ein Glas, oder war es die Quelle, die aus dem Rohr in das Becken floss? In der Luft lag der Geruchvon Weihrauch, süß, alles durchdringend und ekelerregend. Miras Beine zitterten, und ihre Knie waren rot und wund von der harten Kirchenbank.
Sieben mal sieben ist dreiundsechzig. Aber das ist doch verkehrt, du dummes, unnützes Ding. Versuch es noch einmal, oder stell dich gleich in die Ecke. Sancta Maria, mater dei, ora pro nobis peccatoribus.
    Mira atmete tief ein, um die Bilder zu vertreiben, die jetzt aus ihrer Erinnerung in ihren Kopf drangen, so viele Bilder, Gerüche, Empfindungen. Ein Geschmack in ihrem Gaumen, der sie zum Würgen brachte.
    Die drei Frauen beachteten sie nicht, sie sahen zum Rhein hinunter, wo jetzt Kinder spielten, die Vorführung der Turner war längst beendet. Miras Kopf dröhnte, sie atmete gegen die Erinnerungen an, immer schneller und schneller, aber es nützte nichts. Die Bilder in ihrem Kopf verschwanden nicht, nur die Tische und Stühle und all die Menschen, die aßen und tranken und redeten, begannen vor ihren Augen zu verschwimmen, und dann kippte die Terrasse nach oben zum Himmel. Und Mira fiel.
    Zum Glück war ihr Vater rechtzeitig zur Stelle. Er fing sie auf, bevor ihr Hinterkopf auf dem harten Steinboden aufschlug, im letzten Moment bekam er sie an den Schultern zu fassen. Dann nahm er sie hoch und trug

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