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Zitronen im Mondschein

Zitronen im Mondschein

Titel: Zitronen im Mondschein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mayer Gina
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Schaum war weiß und an manchen Stellen rosa. Dann setzte sie sich wieder hin. Der Seifenschaum löste sich von ihrem Körper und trieb als blasiger grauer Film auf dem Wasser. Zwischen den öligen Flecken schwammen Ausschnitte heller Haut und das schwarze Dreieck ihrer Scham.
    Über ihr schwankte die Deckenlampe in einem kalten Luftzug, als bliese sie jemand an.

III.
    Nach dem Erlebnis mit dem gelben Mann beschloss sie, Anselm zu vergessen. Dabei hatte das eine gar nichts mit dem anderen zu tun. Es war nur, dass sie an Anselm gedacht hatte, bevor sie der gelbe Mann angefasst hatte, und dadurch hatte sie das eine mit dem anderen in Verbindung gebracht, und jetzt ließ es sich nicht mehr trennen.
    Es war also unlogisch und unsinnig, aber es half nichts. Die Sache mit Anselm war beendet, bevor sie überhaupt begonnen hatte. Mira ging am Samstagabend nicht ins Kino, sie stellte sich auch keine Unterhaltungen mit Anselm mehr vor, wenn sie nachts allein im Bett lag. Sie hatte genug damit zu tun, die anderen Bilder wegzudrängen.
    Sie fühlte sich schmutzig – das war das Schlimmste. Wenn sie die Augen schloss, spürte sie die Finger des gelben Mannes auf ihrem Rücken, auf ihren Schultern, ihrer nackten Brust, und in ihrer Erinnerung fühlten sie sich klebrig an. Er hatte seine klebrigen Spuren auf ihr hinterlassen, unsichtbar, unfassbar. Wer sich beschmutzt hatte, der musste sich reinigen, aber Wasser half nichts. Sie hatte es probiert, ihre Haut war dünn und rot und rau vom vielen Schrubben und Waschen, dennoch fühlte sie sich keinen Deut besser.
    Er war in die Umkleide gekommen, weil etwas in ihr ihn angezogen hatte. Etwas Niedriges, etwas Gemeines, das in ihr war von Kindesbeinen an.
Mea culpa, mea maxima culpa.
Einmal stand sie vor der Peterskirche und spähte durch die halb geöffnete Kirchentür hinein in die stille Dunkelheit, wo die Beichtstühle standen, und überlegte … Dann erschrak sie über sich selbst und ging rasch weiter. Das hatte schon früher nichts genützt.
    Sie blieb länger als nötig bei der Arbeit. So lange ihre Hände und ihre Beine beschäftigt waren, ließen sie die Gedanken inRuhe. Nach der Arbeit stapelte sie im Vorraum vor der Küche Speisekarten und faltete Servietten zu perfekten rechtwinkligen Dreiecken. Als sie die Rheinterrasse fast eine Stunde später als gewöhnlich verließ, sah sie Otto Franz am Podest des Obelisken lehnen. Er hatte auf sie gewartet.
    Er war natürlich wieder wegen Gudrun gekommen, aber Mira hatte keine Lust, über Gudrun zu reden. Sie wollte überhaupt nicht reden. Sie wollte nach Hause und allein sein, auch wenn ihre Gedanken dann wieder um den gelben Mann kreisen würden. Und außerdem war es die reine Zeitverschwendung, dachte sie, während Otto in seinem eigenartigen elastischen Gang auf sie zuschlenderte. Gudrun interessierte sich nicht für ihn, konnte er das nicht einsehen?
    »Ich bin spät dran«, sagte sie, nachdem sie sich die Hände geschüttelt hatten.
    »Haben Sie schon etwas vor?«, fragte Otto. »Schade. Ich wollte Sie zum Essen einladen.«
    »Warum?«, fragte sie zurück.
    »Heute ist mein Geburtstag«, sagte er.
     
    Sie gingen in ein Gasthaus in der Altstadt, in dem sie noch nie gewesen war. Die Grüne Glocke. Es war ein ganz kleines, enges Etablissement, vier Tische am Fenster, an der anderen Seite des Raumes eine Theke, hinter der eine dicke Wirtin stand, die alle paar Minuten mit einem feuchten Lappen über das Holz wischte. Es roch nach altem Fett und kaltem Rauch, und sie waren die einzigen Gäste.
    »Aber das Essen ist gut«, sagte Otto, obwohl Mira gar nichts gesagt hatte.
    Die Wirtin brachte ihre Getränke, Kaffee für Mira, Bier für Otto.
    »Alsdann, herzlichen Glückwunsch«, sagte Mira und prostete Otto mit der Kaffeetasse zu.
    »Danke«, meinte er. »Aber es stimmt gar nicht. Ich habe Sie angelogen.«
    »Sie haben gar keinen Geburtstag?«
    »Doch, natürlich.« Er grinste. »Aber erst im Januar.«
    »Was soll das denn? Warum sagen Sie denn so etwas, wenn es nicht stimmt?«
    »Damit Sie Mitleid mit mir bekommen. Wären Sie sonst mitgegangen?«
    »Nein.« Sie musste gegen ihren Willen lachen.
    »Sehen Sie! Ich wollte Sie aber unbedingt treffen. Was blieb mir also anderes übrig.«
    »Kommen Sie, ich bitte Sie. Geht es um Gudrun oder was?«
    »Es geht um Sie, Mira. Ich habe beschlossen, hinter Ihr Geheimnis zu kommen.«
    »Mein … was? Was reden Sie denn da? Das ist ja ganz unerträglich.« Die Wirtin stand plötzlich wieder

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