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Zitronen im Mondschein

Zitronen im Mondschein

Titel: Zitronen im Mondschein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mayer Gina
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im Becken wie eine weiche und warme Decke. Sie drehte sich auf den Rücken und machte sich ganz lang. Wenn man vollkommen gerade lag, den Rücken leicht im Hohlkreuz und alle Glieder gestreckt hielt, schwebte man auf der Wasseroberfläche – wie ein Stück Holz, wie eine Tote.
    Sie blickte nach oben durch die klare Helle des gewölbten Glasdachs. Halbrunde Stahlstreben durchbrachen hier und da das Blickfeld, aber dazwischen breitete sich der freie Himmel aus. Kein blauer Sommerhimmel wie im August, als sie dasletzte Mal hier gewesen war, über dem Dach hingen schwere, graue Novemberwolken. Aber dennoch: Es war ein Gefühl der frischen, kühlen, grenzenlosen Freiheit.
    An den Längsseiten des Schwimmbads zogen sich zwei Emporen entlang, wie die Ränge in einem Theater. Unten waren die Umkleiden der Männer, oben die der Frauen, und ganz oben konnte man sich massieren lassen oder eine Tasse Kaffee trinken, während man auf die Schwimmer herunterblickte. Um diese Zeit waren die Stühle an der Brüstung aber allesamt leer.
    Mira blickte wieder zurück in den Himmel. Sie schwebte und verlor sich in Gedanken, die alle mit Anselm Guben zu tun hatten, obwohl sie so vage und formlos waren wie die grauen Regenwolken über dem Dach. Dann spürte sie seine Hände in ihrem Rücken, sie hoben ihren Körper sehr sanft an, aber es waren natürlich nicht seine Hände, sondern die Wellen, die langsam einsetzten.
    Sie drehte sich auf den Bauch und merkte, wie die immer heftiger werdenden Wellen an ihrem Badeanzug zerrten, sie trieb oben auf den Wellen wie ein Korken und sah dabei zu, wie sich die Frauen und Männer am Beckenrand festklammerten, so dass sie die Wellen nicht tragen konnten, sondern ihnen stattdessen ins Gesicht schlugen. Während sie auf den Wellen auf und ab hüpfte, dachte sie darüber nach, wer ihr das Schwimmen beigebracht hatte und wo. Sie erinnerte sich nur an den Bach, in dem sie es gelernt hatte. Sie hatten dort Krebse gesucht … Sie erinnerte sich an die Hitze der Sonne in ihrem Nacken und an das Gefühl der Schwerelosigkeit, als sie zum ersten Mal über den Bach geschwommen war. Wie glücklich sie damals gewesen war! Wer bei ihr gewesen war, hatte sie vergessen. Den Namen des Baches auch. Vielleicht hatte sie ihn auch nie gewusst.
    Um Viertel vor zehn war ihre Badezeit vorbei.
    Sie stieg aus dem Wasser und begann sofort zu frieren. Ihre Haut zog sich zusammen. Dann sah sie den Mann. Er stand oben auf der Empore und starrte zu ihr herunter. Er war recht jung, nicht viel älter als sie selbst, kurzgeschnittenes hellblondes Haar, ein gelblicher Schnurrbart. Auch seine Kleidung warhell, so dass man ihn fast für einen Aufseher oder Bademeister halten konnte. Aber die trugen weiß, und sein Hemd hatte rötliche Streifen. Warum starrte er sie so an, was wollte er von ihr? Und warum starrte sie zurück?
    Sie senkte hastig die Augen, zupfte ihren Badeanzug zurecht und hastete in die Dusche. Nach dem Duschen fror sie noch mehr. Sie konnte auch ihr Handtuch in der Ablage neben den Duschen nicht finden, sie suchte es eine ganze Weile lang, bis ihr einfiel, dass sie es in der Umkleidekabine vergessen hatte. Also nach oben, so schnell es ging. Ihre Füße hinterließen nasse Spuren auf dem Holzrost im Gang. Gudrun hatte immer Badesandalen dabei, wenn sie Schwimmen ging. »Man holt sich sonst so leicht etwas«, sagte sie. Mira ging auf Zehenspitzen und schlang die Arme um ihren Oberkörper, dennoch schlugen ihre Zähne aufeinander.
     
    Die Treppenstufen waren aus Holz und in der Mitte feucht, von anderen Badegästen, die ebenfalls keine Badeschuhe getragen hatten. Mira rannte nun fast, es war so kalt hier draußen.
    Klatsch, klatsch machten ihre Füße auf den Holzplanken. Da vorne war die Umkleide. Davor stand der Mann mit dem gelben Schnurrbart. Was wollte er hier? Im ersten Stock war doch nur für Frauen. Hatte er sich in der Etage geirrt? Er starrte sie an, sie wich seinem Blick aus. Er war nicht aus Versehen hier, dachte sie, und wollte weg, aber da war er auch schon auf der anderen Seite und versperrte ihr den Weg.
    »Hallo«, sagte er. »Ich hab dich schon von oben gesehen.« Er lächelte, und seine Zähne wirkten genauso gelb wie sein Schnurrbart.
    Ihr Badeanzug klebte an ihrem Körper, sehr eng und gleichzeitig viel zu weit. Sie zog den Brustausschnitt nach oben, aber dadurch spannte sich der nasse Stoff, und darunter zeichneten sich ihre Brüste ab, so deutlich, als wäre sie nackt. Sie sah es, und er sah es

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