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ZITRONENLIMONADE (German Edition)

ZITRONENLIMONADE (German Edition)

Titel: ZITRONENLIMONADE (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marleen Reichenberg
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dem damit verbundenem Liebeskummer wusste ich, dass mir Weinen
noch nie etwas gebracht hatte. Nachher litt   ich immer unter Kopfschmerzen (danke, mein
Bedarf daran war momentan mehr als gedeckt),   fühlte ich mich meist krank und noch elender
als vor dem Heulkrampf. Ich war eine überzeugte Anhängerin des positiven
Denkens und beschloss, dies jetzt im Ernstfall praktisch anzuwenden.
Gedankenkontrolle war angesagt. Es war schwierig - testen Sie mal selbst, wie
viele unangenehme Dinge einem so pro Stunde durch den Kopf gehen.  
     
    Aber es gelang mir immer besser,
Grübeleien über meinen derzeitigen nicht gerade aufmunternden Zustand gnadenlos
beiseite zu schieben und mir stattdessen stundenlang auszumalen, wozu ich
baldmöglichst wieder in der Lage sein wollte. Zu meinen Lieblingstagträumen
gehörte der, in welchem ich mit Mark völlig mühelos unseren Hochzeitswalzer
tanzte.
    Dank meiner lebhaften Fantasie, die mir
hier endlich einmal gute Dienste leistete, hörte ich förmlich meinen
Lieblingswalzer von Strauß, „Wiener Blut", und spürte, wie ich in den
Armen meines zukünftigen Ehemannes auf der Tanzfläche dahinschwebte.
    Dann malte ich mir noch die Szene, wie
wir beide in unseren Flitterwochen, die wir auf den Malediven verbringen wollten,
nebeneinander an einem wunderschönen Sandstrand lagen, die Sonne und den
leichten Wind auf unseren gebräunten Körpern fühlten, uns innig küssten und
dann beide aufsprangen, um uns einen Wettlauf ins kühlende Wasser zu liefern,
bildlich aus. Ich spürte förmlich das raue Badehandtuch unter meinem Rücken,
die Sonne, das zarte Streicheln des Windes, Marks Berührungen auf meiner Haut
und hörte das gleichförmige Rauschen der Brandung. Weder Abitur noch Studium
hatten meinen Hang zu Kitschromanzen abtöten können. Tja, vielleicht könnte ich
mein Gehalt zusätzlich als Autorin von schmalzigen Heftromanen - Sie wissen
schon, Diana, Aurora, Dingsda oder wie die an den Kiosken heißen - aufbessern.
Auch für das Erfinden diverser Arztromane hätte ich mittlerweile genügend
Vorlagen in petto gehabt…
     
    Jedenfalls schaffte ich es, mithilfe
dieser beiden kitschigen Bilder nie in eine Depression abzugleiten, sondern die
jetzige Situation einigermaßen stoisch zu ertragen. Wenn ich nicht tagräumte,
übte ich stundenlang, die Finger meiner rechten Hand zu bewegen oder den Arm
anzuheben.
    Gegenüber Tag eins nach der Operation
war ich schon in der Lage, ihn für eine Sekunde etwa zwei Zentimeter „hoch“ zu halten
und auch einige Finger – aber nur mit schrecklich viel Konzentration – minimal
zu bewegen.
     
    Lesen konnte ich in den ersten Tagen   nichts, ich hatte es mit einer Zeitung, die
mir eine Schwester brachte, probiert. Es strengte mich ungeheuer an, auch nur
einige Zeilen zu entziffern; meine latent vorhandenen Kopfschmerzen verstärkten
sich und die Buchstaben verschwammen mir vor den Augen. Und das mir, einer
absoluten Leseratte, die es mühelos schaffte, im Urlaub innerhalb eines Tages
ein Taschenbuch auszulesen oder im Job seitenlange Schriftsätze im
Schnellverfahren durchzugehen!!

Kapitel Vier
     
    Endlich kam der Tag, an dem mich Mark
besuchte und ich ihn bewusst wahrnahm.
    Draußen war es bereits dunkel; das
Stück Himmel, welches ich von meinem Bett aus tagsüber durch die große
Glasscheibe links von mir sehen konnte, war einer undurchdringlichen Schwärze
gewichen.
    Ich lag da, meine Augen offen, fand
meine Kopfschmerzen momentan einigermaßen erträglich und war am Wegdämmern.
     
    Plötzlich ging die Schiebetür vom Gang
zu meinem Zimmer, die meist halb geöffnet war, ganz auf und die dunkelhaarige
Schwester Ilse   - einen von den Netten –
kam herein. Schläfrig öffnete ich meine Augenlider.
    " Sie sind ja wach, Frau Salten!
Sie haben Besuch!" verkündete sie und trat an mein Bett, um den Tropf zu
überprüfen. Gleich hinter ihr kam Mark ins Zimmer. Meine Augen wurden wider
Willen feucht. Was musste mein gepflegter, immer frisch geduschter und perfekt
rasierter Freund denken, wenn er mich so hilflos und vor allem in diesem Zustand
- seit Tagen   nur immer im Bett
gewaschen, gänzlich ungeschminkt, die Haare vom Desinfektionsmittel total
verklebt und bekleidet mit einem dieser albernen OP- Hemdchen, die hinten nur
mit einem Bändel am Hals geschlossen werden - sah? Ich konnte ihn nicht richtig
anlächeln und auch nicht sprechen, lediglich einzelne Worte krächzen oder flüstern.
Mark schien   das alles nicht zu
beeindrucken.
     

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