ZITRONENLIMONADE (German Edition)
schwarzen Seidenstrümpfen und den hohen Pumps, perfekt frisiert
und geschminkt, strahlte ich neben meinem Verlobten wie ein Fotomodell in die
Kamera. Ob ich in meinem zukünftigen Leben wohl jemals wieder so aussehen und
so glücklich sein würde?
Genau diesen Moment suchte sich
Schwester Agnes aus, um ihren ungepflegten Kopf zur Türe herein zu stecken. Natürlich
klopfte sie weder an noch fragte sie, ob sie stören würde.
Im Gegenteil, als sie Mark bei mir
sitzen sah, kam sie neugierig ganz herein unter dem faden Vorwand, sie wolle
nur nachsehen, ob ich etwas brauche. Diese blöde Schnepfe! Meine Belange hatten
sie bis jetzt einen feuchten Kehricht interessiert! Sie trat geschäftig - aha,
ging also doch, wenn sie nur wollte - an meine rechte Seite, machte sich da
pseudomäßig am Tropf und am Monitor zu schaffen, während sie in Wirklichkeit
meinen attraktiven Freund mit Blicken geradezu verschlang.
Mark hatte nur kurz aufgeblickt, als
sie hereinkam, war jetzt aber zu ihrem Leidwesen voll und ganz auf mich
fixiert.
Plötzlich entdeckte sie das Foto auf
dem Nachtkästchen. Ich sprang gedanklich aus dem Bett und ihr ins Gesicht, als
sie zwei Schritte nach vorne trampelte, das Bild einfach ungefragt in die Hand
nahm und anstarrte. Was fiel ihr ein, meine Sachen anzufassen! Dann wanderte
ihr Blick ungläubig über mich hinweg. Mit breitestem schwäbischen Dialekt tat
sie ungefragt ihre Meinung kund: „ Des könnat aber doch unmeeglich Sie sei, da
auf dem Bildle?“ Marks Gesicht verzog sich zu einem ironischen Grinsen. Bevor
ich ihr einem langsamen qualvollen Tod, egal durch was, Hauptsache sie würde
leiden, wünschen konnte, erwiderte er amüsiert:
„Natürlich ist das meine Verlobte.
Denken Sie denn, ich brächte ihr hierher ein Foto von mir mit einer anderen Frau
mit?“ Agnes hatte es immer noch nicht
kapiert. Sie schüttelte ihren Kopf fassungslos, sah zwischen mir und meinem
Liebsten hin und her und stellte fest:
„ Das Sie amol soo guat ausgsea han….?“
Es klang, als wäre ich eine abgrundtief hässliche hundertjährige Greisin. Und
Mark ein Heiliger, weil er sich mit so etwas Hässlichem überhaupt abgab.
Ich bring sie um, ich schieß` ihr eine
Kugel durch ihr blödes Hirn! Noch nie hatte mich einem anderen Menschen
gegenüber derart der heilige Zorn gepackt, vor allem, weil sie mit ihrer
anmaßenden dummdreisten Art meine geheimen Ängste derart ans Licht zerrte. Sie
hatte Riesenglück, dass ich mich weder richtig bewegen noch richtig sprechen
konnte, sonst wäre das Leben dieses dämlichen Geschöpfs in dem Moment keinen
Pfifferling wert gewesen. Um meinen innerlichen Hass spüren zu können, hätte
sie Feinfühligkeit besitzen müssen. Aber als Trampel hatte sie für so etwas
keinerlei Antenne. Mark nahm ihr ganz ruhig das Foto aus der Hand und stellte
es wieder an seinen Platz.
„Christina wird für mich immer die
schönste Frau sein. Ist noch was Wichtiges, Schwester?“ Er sah sie herausfordernd
an und tatsächlich kapierte sie, verneinte und verließ widerwillig den Raum. Nach einem Blick auf seine Uhr
erhob er sich.
" Es tut mir leid, Liebling, aber
ich muss noch ein wenig Schlaf bekommen. Morgen früh ist eine Besprechung mit
einem wichtigen Klienten angesetzt. Ich komme morgen Abend wieder vorbei."
Er tätschelte meine linke Hand.
" Lass dir von dieser albernen
Schwester nicht die Laune verhageln. Die ist nur neidisch, weil sie in ihrem
ganzen Leben nicht mal annähernd so gut aussehen wird wie du jetzt gerade. Ach
ja, ich habe übrigens noch etwas für dich, von dem ich hoffe, es muntert dich
etwas auf." Er förderte aus den Tiefen seiner Aktentasche meinen tragbaren CD-Player samt
meinen Lieblings-CDs zutage und legte ihn mir auf mein Nachtkäschen, wo ich ihn
gleich in der obersten Schublade verstaute. Dann beugte er sich zu mir hinab
und küsste mich, diesmal auf die Lippen, aber das bekam ich schon fast nicht mehr
mit, da ich unendlich müde war.
Nach diesem Besuch ging es mir täglich
ein winziges Stückchen besser, die Kopfschmerzen wurden erträglicher und meine
Wachphasen immer länger. Ich hörte viel Musik über meine Kopfhörer, meist
Walzer von Johann Strauß
(dabei konnte ich meine Lieblingsvorstellung
vom Hochzeitswalzer so gut ausleben), Liebeslieder von Elvis (ja, ich oute mich
als Elvis-Fan, wenn das auch nicht unbedingt zeitgemäß ist, aber ich liebe
seine warme, samtige volltönende Stimme) und meinen derzeitigen Favoriten:
Weitere Kostenlose Bücher