ZITRONENLIMONADE (German Edition)
das
Gleichgewicht verlieren und den gesamten Treppenabsatz runter purzeln! Ich spürte
ja jetzt schon förmlich den Sog nach unten…Lisa stellte sich entschlossen vor
mich, so dass mir die Sicht abwärts versperrt war. " Sehen Sie nur auf die
nächste Stufe", befahl sie eindringlich. "Und stellen Sie sich vor,
wie Sie auf diese hinuntersteigen. Und dann tun Sie es!" Ich spürte ihren
festen Griff um meine rechte Seite. Todesmutig - mir konnte ja eh alles egal
sein, wenn ich hinunterfallen würde, wäre ich entweder gleich tot oder schwer
verletzt und bliebe noch ein bisschen länger hier - krallte ich mich am
Geländer fest, belastete mein linkes Bein und wollte den rechten Fuß eine Stufe
tiefer setzen. Weil sich in mir aber alles dagegen sträubte, beugte ich dabei
meinen Oberkörper unbewusst weit nach hinten. Lisa korrigierte sofort: "Oberkörper
nach vorn beugen, über die Stufe, das Gewicht muss runter verlagert
werden."
Folgsam
führte ich ihre Anweisungen aus. Und schaffte es tatsächlich, den gesamten
Treppenabsatz, der aus zehn Stufen bestand, mit langen Pausen dazwischen runter
und wieder hoch zu absolvieren. Am ganzen Körper schweißgebadet saß ich danach
in meinem Rollstuhl, das rechte Bein hüpfte unkontrolliert wie ein aufgezogenes
Duracellhäschen auf der Fußstütze auf und ab. Ich war fix und fertig. Und das
nach lächerlichen zehn Stufen, die ich früher ohne Nachzudenken im Laufschritt
runter gesprungen wäre…Jetzt war mir eigentlich nur noch nach einem ausgiebigen
Heulkrampf zumute. Schnell steuerte ich mein Zimmer an, stand schon direkt vor
der Tür und fummelte in meiner Trainingshosentasche verzweifelt nach dem
Schlüssel, während ich spürte, wie mir die Tränen über die Wangen liefen.
Und
genau in diesem Moment sah ich Robert den Gang entlang auf mich zukommen. Der
Mann hatte einfach ein Super - Timing! Was wollte er denn jetzt noch von mir? Ich
blickte ihn nur verzweifelt an. Sanft nahm er mir wortlos den mittlerweile
gefundenen Schlüssel aus meiner zitternden Hand, schloss die Türe auf und ließ
mich hineinfahren.
Er
folgte mir unaufgefordert und schloss die Tür hinter sich ab. Und dann kam er
auf mich zu, nahm mich fest um die Taille, zog mich zu sich hoch und drückte
mich an sich. Ich hörte seine tiefe angenehme Stimme dicht an meinem Ohr:
"Ist schon gut, Chris. Lass´ einfach alles raus, was dich bedrückt."
Verzweifelt
legte ich meinen Kopf an seine Schulter, atmete den würzigen Geruch seines
Rasierwassers und den Duft seiner Lederjacke ein und schon liefen meine Augen
vollends über. Ich schluchzte eine gefühlte Ewigkeit krampfhaft, während er
sanft meinen Rücken streichelte. Alles, was ich in den letzten Tagen an
Enttäuschung, Zurückweisung, Trauer und Anstrengung, dies alles zu verbergen,
in mich hineingefressen hatte, floss in einem wahren Sturzbach aus mir heraus
und auf Roberts Hemdkragen. Irgendwann spürte ich, wie ich ruhiger wurde und
die Tränen allmählich versiegten. Ich hob meinen Kopf und quetschte
halberstickt hervor:
"Jetzt habe ich dich förmlich überflutet,
dein Kragen ist ganz nass, tut mir leid. Guck´ mich ja nicht an, ich sehe
vermutlich aus wie eine aus dem Wasser gezogene Krähe."
Mit
einer Hand strich er mir sanft übers nasse Gesicht. "Ich habe dir schon
mal gesagt, du sollst dich nicht dauernd entschuldigen. Schau auf deine
Fähigkeiten und Erfolge, anstatt dich immer selber klein zu machen. Und jetzt
erzähl´ mir, was das mit der gelösten Verlobung zu bedeuten hat. So begeistert wie
du immer von ihm gesprochen hast, hat er sie gelöst, oder?" Erneut schniefte
ich. "Gelöst habe ich sie, nachdem er - auch schau doch selbst, oben
rechts." Ich deutete mit der Linken auf mein Nachttischchen, wo das
verräterische Käseblatt, dessen Foto ich mir auch heute Morgen wieder in
Selbstzerfleischungsabsicht zu Gemüte geführt hatte , aufgeschlagen
lag. Sanft setzte er mich in den Stuhl zurück und überflog rasch die Meldung,
die mein Leben erneut in Stücke zerschlagen hatte.
Wieder
zog er in dieser für ihn typischen Manier die Augenbrauen hoch, als er das
Blatt sinken ließ.
"Mark
steht auf Chemie: Silikon und Wasserstoff, scheint mir?" Mit dieser völlig unerwarteten Bemerkung
brachte er mich tatsächlich zum Lachen. Klar, warum war mir das nicht früher
aufgefallen? Marla war keine Naturschönheit, sie hatte bereits jetzt - mit
knapp zwanzig - erheblich nachgeholfen. Bilder von einer älteren
rundumerneuerten Marla mit
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