Zivilcourage - Keine Frage
und Kindesmisshandlungen häufiger an. « Die Täter erhalten öfter Anzeigen, müssen häufiger mit einer Strafverfolgung rechnen – und schlagen seltener zu.
Im Mai 2010 versetzt der 16 -jährige Elias S. aus Hamburg die Nation in Schrecken. Nach einem kurzen Wortwechsel tötet er einen drei Jahre älteren Jugendlichen mit mehreren Messerstichen in der S-Bahnstation Jungfernstieg.
Aus Sicht der Juristen handelt es sich immer noch um Einzeltäter, die sich mit jugendlichem Zorn Gehör in der Gesellschaft verschaffen. » Nimmt die Jugendarmut weiter zu, so dass sich vermehrt soziale Randgruppen wie in den USA bilden, könnte die Situation kippen « , sagt Pfeiffer. Zwar sind auch in den USA die Verbrechenszahlen wie zum Beispiel bei Tötungsdelikten seit fast zwanzig Jahren rückläufig. Dennoch sind die Probleme hierzulande im Vergleich zu den dort herrschenden Gewaltszenarien harmlos.
Bildung ist die beste Prävention
Damit das auch so bleibt, forschen Experten seit vielen Jahren, wie sich kriminelles Verhalten am besten verhindern lässt. Schwerpunkte der präventiven Arbeit: eine gute und gerechte Bildung sowie begleitende Elternarbeit, attraktive Freizeitangebote für alle Kinder sowie die Eindämmung von Drogen- und Medienkonsum.
Seit 1995 trifft sich die kriminologische Fachwelt auf dem Deutschen Präventionstag (DPT), dem europaweit größten Kongress zum Thema Kriminalprävention. Auch auf dem DPT 2009 waren sich die 300 Wissenschaftler einig: Bildung beugt Gewalt am besten vor. Je besser Kinder zu Hause, in der Freizeit und in der Schule gefördert werden, desto höher sind ihre Chancen auf ein individuell erfülltes Leben und gesellschaftliche Integration.
Schulsystem benachteiligt sozial Schwache
Für mindestens ein Viertel aller Kinder in Deutschland ist das eine schlechte Nachricht. Sie stammen aus sozial schwächeren Familien – und sind in Sachen Bildung erheblich benachteiligt. Nach der ersten PISA-Studie aus dem Jahr 2001 haben weitere Studien nachgewiesen, dass das deutsche Bildungssystem ungerecht arbeitet. In kaum einem anderen Industriestaat entscheidet die sozioökonomische Herkunft der Eltern so sehr über den Schulerfolg und die Bildungschancen der Kinder wie in Deutschland, stellt selbst das Bundesministerium für Bildung und Forschung fest.
So gehen Kinder aus sozial schwächeren Familien – trotz gleichwertiger intellektueller Fähigkeiten – seltener aufs Gymnasium. Im Jahr 2003 kommt nur jeder fünfte Gymnasiast aus einer sozial schwachen Familie. An den Hauptschulen stammt hingegen jeder zweite Schüler aus dem Armenmilieu. Gründe dafür gibt es mehrere: Kinder aus sozial schwachen Familien werden von Lehrern systematisch schlechter eingeschätzt als Schüler aus bessergestellten Verhältnissen. Dadurch bekommen sie seltener eine Empfehlung fürs Gymnasium. Sie stammen aus Zuwandererfamilien und sind schlechter integriert. Sie wachsen oft in ärmeren Verhältnissen auf, so dass ihnen weder ein abwechslungsreiches Freizeitangebot noch Nachhilfeunterricht vergönnt ist. Rund eine Million Schüler – vornehmlich aus der Mittelschicht – nehmen hingegen ausgiebig zusätzliche Förderangebote in Anspruch. Bis zu eineinhalb Milliarden Euro geben ihre Eltern für Nachhilfe aus, hat die Bertelsmann Stiftung ausgerechnet.
Im Gegensatz dazu: Mehr als 2 , 6 Millionen Minderjährige leben von Sozialhilfe. Das sind weniger als 208 Euro im Monat. UNICEF und das Prognos-Institut für Zukunftsforschung in Berlin berichten, dass hierzulande jedes sechste Kind in Armut lebt. Der Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes, Heinz Hilgers, schätzt die Dunkelziffer auf das Doppelte. Werden sie durch das deutsche Bildungssystem weiterhin so eklatant benachteiligt, sind ihre Chancen auch auf dem Arbeitsmarkt gering. » Wir sind dabei, Millionen Kinder zu künftigen Leistungsempfängern zu erziehen « , warnt Hilgers.
Im Oktober 2009 schlagen mehrere Jugendliche einen 36 -jährigen Mann in Bayern zusammen. Er wollte einen Streit zwischen den jungen Leuten schlichten, nachdem sich zwischen zehn Jugendlichen ein Handgemenge entwickelt hatte. Der Helfer bekam einen Faustschlag ins Gesicht verpasst; ein 17 -Jähriger soll zudem mit dem Knie zweimal gegen den Kopf des am Boden liegenden Mannes getreten haben.
Das Elternhaus prägt
Doch nicht nur die Bildung der Kinder selbst, auch die ihrer Eltern spielt eine wichtige Rolle. Wie stark der Werdegang ihres Nachwuchses davon abhängt, ob die Eltern
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